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RE: European Stories

Season 3 2018 - 2019

  • 2018-08-13T17:45:00Z on Arte
  • 32m
  • 3d 13h 52m (161 episodes)
  • Germany
  • German, English, French
  • Documentary
Reportage magazine that reports mono-thematically on a European topic - regardless of whether it is election reporting, country portraits or the presentation of a single person who implements a European project on a small scale. (Text: JN)

161 episodes

Season Premiere

3x01 Der Jude und sein Dorf – Besuch in Deutschland

  • 2018-08-13T17:45:00Z32m

Hans Bär besucht nach 80 Jahren Exil in Argentinien zum ersten Mal sein Heimatdorf. Mit 14 floh er mit der Mutter vor den Nazis. Nun reist er mit seinen Enkelinnen nach Wohnbach. Was ist aus dem Dorf geworden? Gibt es Menschen, die er noch kennt? Das Dorf bereitet ein großes Empfangsfest vor. Doch was passiert in einem kleinen Ort, wenn jemand zurückkehrt, der an jene Zeit erinnert, in der Juden vertrieben und ermordet wurden? Hans Bär will mit aller Kraft noch einmal einen Blick in die Vergangenheit wagen, aber dann verlässt ihn der Mut: Als er ankommt, kann er aus dem Auto nicht aussteigen. (Text: arte)

Keine Finanzkrise hat die EU-Bürger so sehr an den Rand der Belastbarkeit getrieben wie der Absturz Griechenlands. Mit Unmut verfolgten viele Steuerzahler, wie immer neue Milliardenkredite für das Land bewilligt wurden, trotz kaum erkennbaren Fortschritts. Die Griechen haben in den vergangenen acht Jahren viele Reformen und Entbehrungen durchlebt, ächzen heute unter der Steuerlast. Am 20. August läuft das dritte Hilfsprogramm aus, danach muss das Land wieder eigenständig an den Kapitalmärkten überleben. Viele junge Griechen haben ihre Heimat während der Krise verlassen. Sie flüchteten vor Massenarbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Depression. Kristina Tremonti will ein Zeichen für den Neuanfang Griechenlands setzen. Sie gab ihren gutdotierten Job in New York auf und kehrte nach Athen zurück. Hier führt sie einen Kampf gegen Korruption und Steuerflucht. In Zusammenarbeit mit der OECD und mit eigenen Projekten will Tremonti einen Mentalitätswandel anstoßen: „Damit unser Land eine Zukunft haben kann, müssen wir Griechen eine ernsthafte Diskussion miteinander führen. Wir müssen die Dinge ansprechen und durchgreifen, wenn wir wirklich etwas verbessern wollen.“ Die 28-jährige appelliert an die Eigeninitiative der Griechen und sieht hier vor allem ihre eigene Generation in der Pflicht. Korruption und Steuerhinterziehung sollen nicht länger hingenommen werden. Doch sie weiß auch: Ohne den Staat geht es nicht. Ein härteres Durchgreifen beweist dieser seit einigen Jahren vor allem in Sachen Steuern. Zivile Fahnder wie Tina Papoti schwärmen täglich überall im Land aus. Doch die hohen Abgaben machen vor allem den kleinen Leuten in Griechenland zu schaffen: „Es ist für alle sehr schwer, zu überleben und gleichzeitig korrekt gegenüber dem Staat zu sein“, sagt sie. „Das verstehen wir. Deswegen versuchen wir, möglichst nett zu bleiben. Doch die Steuern müssen bezahlt werden.“ (Text: arte)

Deutsche Schule, Traditionsschule, Eliteschule – „Re: Abitur unter dem Halbmond“ begleitet den Abiturienten Berkin Ersoy und die deutsche Lehrerin Annika Grühn durch das 150. Jubiläumsjahr der Deutschen Schule Istanbul. Nach Terroranschlägen in der Metropole am Bosporus und extremen diplomatischen Verwerfungen zwischen Berlin und Ankara aufgrund willkürlicher Festnahmen deutscher Staatsbürger in der Türkei steht das Jubiläumsjahr unter keinem guten Stern. Viele Lehrer sind gegangen, keine neuen Lehrer nachgekommen. Auch Annika Grühn macht sich im ersten Halbjahr Gedanken, wie es weiter geht mit ihr und der Schule. Der Abiturient Berkin kommt aus einer türkischen Mittelschichtfamilie. Seine Eltern investieren einen Großteil ihrer Gehälter in die Ausbildung ihrer Kinder. Das türkische Bildungsministerium nimmt noch keinen Einfluss auf den Lehrplan. Dennoch überlegt sich die Lehrerin Grühn ganz genau, was sie im Unterricht sagen darf und was nicht. Gleichzeitig hat die Schule den Anspruch, kritische Geister auszubilden. Berkin weiß selbst, wie wichtig das heutzutage ist und ergänzt schmunzelnd, dass er auch die in der Schule vermittelten „deutschen“ Tugenden wie Pünktlichkeit und Disziplin angenommen hat. (Text: arte)

Bratara Buzea in Bukarest ist die Königin der Hexen in Rumänien. Sie und ihre Tochter beherrschen die Schwarze und die Weiße Magie. „Re:“ begleitet sie bei ihren magischen Zeremonien, der Beratung von Kunden, der Verschreibung von Liebeszauber und bei einer Hochzeit. Ihr Metier hat sie zu einer wohlhabenden Frau gemacht, mit einem schönen Haus in Bukarest – für eine Frau vom Volk der Roma eine bemerkenswerte Karriere. Denn bis zum Sturz des rumänischen Diktators Ceausescu war die Hexerei streng verboten – wer dabei erwischt wurde, konnte im Gefängnis landen. Heute ist die Hexerei ein anerkannter Beruf in Rumänien – magische Lebensberatung für wohl 40 Prozent der Rumänen. Die orthodoxe Kirche duldet den Hexenglauben ihrer Gläubigen – sogar Pfarrer sollen den Rat der weisen Frauen gelegentlich und natürlich in aller Heimlichkeit suchen. Rumänische Soziologen untersuchen das Phänomen mit wissenschaftlicher Akribie und deuten es als ein Zeichen für die Naturverbundenheit der Rumänen im 21. Jahrhundert. Es ist wohl Sehnsucht nach dem vermeintlichen Heil aus Natur und Vergangenheit, einer Zeit vor dem globalen und digitalen Rationalismus. In Deutschland und Frankreich hingegen wenden sich viele Menschen fernöstlichen Religionen zu, manche suchen Rat auf Facebook – in Rumänien gehen sie im uralten Volksglauben zu ihren weisen Frauen, den Hexen. (Text: arte)

Wenn die Trauminsel der Deutschen zum Alptraum wird: Auf Mallorca besetzen organisierte Banden und verarmte Mallorquiner leerstehende Ferienvillen, und die Eigentümer sind machtlos. Möglich wurde dies durch eine Besonderheit im spanischen Rechtssystem: Wenn Hausbesetzer in ein leeres oder im Moment unbewohntes Haus eindringen, muss der Besitzer innerhalb von 72 Stunden Anzeige erstatten. Tut er dies nicht, kann eine Zwangsräumung nur noch mit einem richterlichen Beschluss erfolgen – bis dahin leben die Besetzer weiter in dem fremden Eigentum, manchmal über Jahre. Mit der Wirtschaftskrise ab 2008 nahmen die Hausbesetzungen deutlich zu. Besetzt wurden weitgehend leerstehende Immobilien in Bankbesitz. Doch seit Banden der organisierten Kriminalität die bislang für Hausbesetzungen günstigen gesetzlichen Regelungen für ihre Zwecke nutzen, hat sich die Situation deutlich verschärft. Der deutsche Hausbesitzer Frank Zingelmann wurde zum Präzedenzfall, als seine Villa von einer Roma-Familie besetzt, ausgeraubt und verdreckt wurde. Die Parlamentarier reagierten nun mit einer Gesetzesänderung, die eine kurzfristige Zwangsräumung ermöglicht. Doch Polizisten wie Carlos Orozco bezweifeln, dass sich die Missstände ändern werden. In seinem Viertel Marratxi, einem Vorort der Hauptstadt Palma, sind mehr als 30 Häuser besetzt. Carlos sieht darin ein soziales Problem. Zu viele Menschen können sich auf der teuren Ferieninsel Mallorca das Leben nicht mehr leisten. Die deutsche Immobilienmaklerin Karin Mönke rät ihren Kunden zum Einbau moderner Alarmanlagen und Videokameras. Auch ihre Ferienwohnung ist illegal besetzt. (Text: arte)

Länger als vier Jahre hat Nidal Bulbul, ein in Gaza geborener Palästinenser mit deutschem Pass, seine Eltern und die zehn Geschwister nicht gesehen. In Berlin hat der ehemalige Reporter ein gutgehendes Café aufgebaut. Er hat Freunde, ein neues Leben. Das aber wird immer begleitet von der Sorge um die Familie in der alten Heimat. Ein Gefühl, mit dem sehr viele Menschen leben müssen, die in Europa Schutz vor Krieg oder Verfolgung gefunden haben. Als im Sommer alles auf eine neue Eskalation zwischen Israel und Gaza hindeutet, wirft Nidal von einem Tag auf den anderen alles hin. Er verkauft sein Café, gibt seinen Hund zu Freunden und bricht nach Gaza auf. Dorthin kommt man aber nur auf zwei Wegen: Entweder durch Ägypten oder durch Israel. Nidal will es über Israel versuchen. Aber werden die israelischen Behörden seinen deutschen Pass akzeptieren und ihn durchs Land nach Gaza reisen lassen? Gewährt die radikal islamische Hamas-Regierung im Gazastreifen ihm die Einreise? „Re:“ berichtet über einen emotionalen Trip mit vielen Unbekannten! (Text: arte)

Cristiano Davoli ist mächtig genervt – vom Zustand der römischen Straßen und von der tatenlosen Politik. Mit über 100.000 Schlaglöchern gleichen Roms Straßen inzwischen einem Schweizer Käse. Deshalb ist der 45-Jährige täglich im Einsatz. Mit gespendetem Asphalt aus Baumärkten fährt Cristiano durch Rom und flickt die Straßen auf eigene Faust. Freiwillig und ohne Bezahlung. Dafür hat er die Bürgerinitiative „Tappa.mi“ (zu Deutsch „Stopf mich“) mit gegründet. In den letzten drei Jahren konnten Cristiano und sein Team immerhin über 5.000 Schlaglöcher füllen. Auch Alessia Mollichella ist regelmäßig für ihre Stadt auf den Beinen. Eigentlich arbeitet sie in einer Bank. Aber Mollichella gehört auch zum Verein „Retake Roma“, („Holt Euch Rom zurück“), einer Bewegung von mittlerweile über 5.000 Bürgern, die an jedem Wochenende gezielt römische Viertel säubert. Die Helfer entfernen Graffiti von den Hausfassaden, halten Parks und Gärten sauber und pflanzen sogar Blumen. Damit will Alessia Mollichella auch der Gleichgültigkeit vieler Mitbürger etwas entgegensetzen. Für Cristiano Davoli und Alessia Mollichella liegen die Hauptgründe für Roms Verfall in chronischer Misswirtschaft, Korruption und Bürokratie. Valter Mastrangeli ist einer der wenigen Politiker, die sich aktiv dagegen zur Wehr setzen. Der Stadtrat des römischen Problemviertels Tor Bella Monaca ist im Büro fast nie erreichbar, weil er den Ehrenamtlichen dabei hilft, die vielen Probleme auf Straßen und Plätzen ganz unbürokratisch zu lösen. Die römische Stadtverwaltung allerdings sieht die Ausbesserungsarbeiten der Bürger nicht gerne. (Text: arte)

Huhnstein ist keine Ausnahme. Immer mehr deutsche Senioren verarmen. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung könnte bald jeder fünfte deutsche Rentner von Altersarmut bedroht sein. Hauptsächlich betroffen: Menschen, die zeitweise wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder der Erziehung ihrer Kinder nicht in die Rentenversicherung einzahlen konnten – aber auch Niedrigverdiener, die viele Jahrzehnte gearbeitet haben.Nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, in dem Dörfchen Alphen aan de Maas, lebt die Rentnerin Mariet van der Broeck. Insgesamt hat sie heute mehr Geld zur Verfügung als früher. Während sie als Krankenpflegerin zuletzt gerade einmal auf 950 Euro Monatsverdienst kam, erhält sie heute insgesamt fast 1.500 Euro monatlich. Der Grund: Das niederländische Rentensystem, Cappuccinomodell genannt. Als Basis erhält jeder, der mindestens fünfzig Jahre in Holland gelebt hat, eine Grundrente von 1.098 Euro, dazu kommen Betriebsrenten und eine private Altersvorsorge.Auch in Österreich kennen die Senioren die Probleme ihrer deutschen Nachbarn nicht. So kann die ehemalige Hilfsarbeiterin Renate Kauscheder von ihrer Rente gut leben und sogar zweimal im Jahr in Urlaub fahren. 1.009 Euro bekommt sie – und das vierzehn Mal im Jahr. Wie kann das gehen? Österreicher zahlen mehr in die Versicherung ein, der Arbeitnehmeranteil ist größer. Und: In Österreich muss sich jeder an der Finanzierung der Renten beteiligen, in Deutschland gibt es viele Ausnahmen.Holland und Österreich zeigen: Es gibt einen Weg aus der Armutsfalle für Rentner. (Text: arte)

In den Ländern der EU ist die Verfolgung aus religiösen Gründen ein gewichtiger Grund, jemandem Asyl zu gewähren. Hintergrund ist unter anderem die Entscheidung des französischen Cour Nationale du Droit d’Asile vom Oktober 2017. Eine aus dem Iran nach Frankreich geflohene Muslimin konvertierte in Frankreich zur Christin, der Gerichtshof erkannte dies als wichtiges Indiz an, ihr Asyl zu gewähren, weil ihr bei einer Rückkehr in den Iran wegen Apostasie Gefängnis oder sogar die Todesstrafe drohte. Pfarrer Martens von der Evangelisch-Lutherischen Dreifaltigkeitsgemeinde in Berlin Steglitz hat in den letzten Jahren 1.000 Flüchtlinge aus dem Iran und auch aus Afghanistan zum Christentum bekehrt. 2008 war seine Kirche wegen zu weniger Gläubiger von der Schließung bedroht, heute ist sie wieder voll, vor allem mit Gläubigen, die Farsi sprechen. In Yalova im Norden der Türkei predigt der Evangelist Vahid Hakani vor einer kleinen Gemeinde vor allem konvertierter Christen aus dem Iran. Sie ist eine Anlaufstelle für Menschen aus dem Iran, die ohne Visum in die Türkei fliegen können, um von dort aus eventuell nach Europa zu reisen. Vahid Hakani hilft ihnen, zum Christentum zu konvertieren. Die Frage nach dem wahren Glauben an welchen Gott – für diese Menschen bedeutet die Hinwendung zum Christentum auch die Möglichkeit, ein neues Leben in Freiheit zu beginnen. (Text: arte)

Gebannt schaut Bastian Werner in seiner Darmstädter Wohnung immer wieder auf sein Wetter-Radar. Der Student sucht nach Anzeichen für das nächste große Unwetter. Werner ist Sturmjäger und im Sommer 2018 ständig auf der Jagd nach den besten Fotos von Unwettern. Mit seinem Auto fährt er quer durch Deutschland und dokumentiert Blitze, Hagel, Starkgewitter und Überflutungen. Oft wartet er stundenlang, bis er die größte Gewitterzelle entdeckt hat. Dann muss es schnell gehen, denn lokale Extremwetter lösen sich genauso schnell wieder auf wie sie sich bilden. Werner sieht sich nicht als Katastrophen-Tourist, sondern vielmehr als Aufklärer von Wetterphänomenen, die er auch dem Klimawandel zuschreibt. Den kleinen Ort Furth im Wald nahe der tschechischen Grenze trifft im Frühsommer 2018 einer der schlimmsten Wolkenbrüche. „Re:“ ist gleich darauf vor Ort und trifft auf Eva und Erich Hoffman. Die beiden leiten eine kleine Gärtnerei mit vielen Gewächshäusern. Im Hagelschauer werden der Familienbetrieb und die Blumenernte komplett zerstört. Die Familie steht vor dem nichts, aber die Solidarität der nicht so sehr betroffenen Nachbarorte ist groß, und alle packen mit an. Beim starken Hagel in Furth wurden auch das Dach und die Fenster der imposanten Barockkirche Mariä Himmelfahrt zerstört. Das gab es noch nie in den vergangenen Jahrhunderten. Die Restaurierung eines einzelnen Fensters kann bereits 30.000 Euro kosten. Aber spielt die Versicherung mit? Diese Frage beschäftigt auch die Landwirte aus dem Umland. Sie haben große Teile ihrer Ernte verloren. Kaum einer von ihnen ist gegen Hagelschäden versichert, da es sie in der Region so noch nicht gab. Geht es nach den Meteorologen, werden Extremwetter wie diese künftig häufiger auftreten. Aber wie können sich die Menschen darauf vorbereiten? (Text: arte)

Hammerfest in Nordnorwegen und die ganze Region Finnmark gehören zu einer Sonderförderungszone. Wer hierher umsiedelt, bekommt einen Teil seines Studienkredites erstattet. Man bezahlt weniger Einkommenssteuern, bekommt mehr Kindergeld, Strom ist von der Mehrwertsteuer befreit. Die Stadt braucht jeden Einwohner und die wiederum brauchen Ärzte. Doch neben finanziellen Anreizen steht auch die praktische Ausbildung im Fokus. Ingrid Petrikke Olsen steckt hinter der Idee, Studenten aufs Landarztleben vorzubereiten. Die Ärztin ist Dozentin an der Arktischen Universität Tromsø, die hier in Hammerfest eine kleine Außenstelle hat. Seit August 2017 bekommt eine Gruppe von gerade mal vier Studenten ein Jahr lang einen Intensivkurs, abgestimmt auf die Bedürfnisse der Region, mit Hausbesuchen bei Patienten, Notfallübungen und regulärem Sprechstundendienst in einer Hausarztpraxis. Und in Deutschland? Im Moment fehlen 2.700 Hausärzte – so auch in Thüringen. Auch hier gibt es neue Überlegungen. Sabine Kuhnen ist Mitte dreißig, Mutter von drei Kindern und Ärztin. Eine Praxis zu übernehmen, sich in Schulden zu stürzen, den Schritt hätte sie nicht gewagt – bis die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen ihr unter die Arme griff. Die hat eine verwaiste Praxis im 2.800 Einwohner-Ort Gräfenthal aufgekauft und Sabine Kuhnen dort für zwei Jahre in Teilzeit festangestellt. So hat Sabine Kuhnen Zeit, sich in Ruhe zu überlegen, ob sie sich selbstständig machen und die Praxis übernehmen will. (Text: arte)

Armut, Arbeitslosigkeit und Ausgrenzung: Die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen ist trist. Der Weg in die organisierte Kriminalität scheint unausweichlich. Der Anti-Mafia-Verein „Libera“ versucht, den jungen Straftätern Auswege aus der Abwärtsspirale zu zeigen. Auf Sizilien organisiert er ein Sommercamp für Jugendliche, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten und jetzt auf Bewährung sind. Hier begleitet Fatima aus Genua die Kids bei sportlichen Aktivitäten wie Kanufahren, Surfen oder Segeln. Vor zwei Jahren war sie selbst Teilnehmerin, heute betreut sie als Freiwillige von Libera Jugendliche, die mit Drogen gedealt und Raubüberfälle begangen haben. Höhepunkt des Sommercamps ist der Besuch einer ehemaligen Mafia-Familie in Trapani, die inzwischen mit den Behörden zusammenarbeitet. Ihr Mut, trotz Drohungen und Anfeindungen der Gewaltspirale ein Ende zu setzten, beeindruckt die Jugendlichen. Können die ehemaligen Mitglieder der Jugendgangs ihre eigene kriminelle Vergangenheit hinter sich lassen? (Text: arte)

Knapp 16 Millionen Menschen in Deutschland leben allein. In Frankreich sind es etwa 18 Millionen, viele von ihnen ungewollt. Jeder zweite Single sucht mittlerweile im Internet nach einem neuen Partner, der Anteil der über 60-Jährigen nimmt stetig zu. Wie schwer fällt der Schritt, sich als Senior in Dating-Portale zu begeben? Wie aussichtsreich ist die Suche?Die 66-jährige Ingrid aus Süddeutschland ist verwitwet und sucht seit mehr als vier Jahren einen neuen Mann fürs Leben. Bei verschiedenen Dates hat sie Langweiler, Angeber und Unverschämte kennengelernt. Ein Interessent wollte gleich bei der ersten Verabredung wissen, welche Körbchengröße sie hat und ob sie Strapse trägt. Trotz solcher Demütigungen und auch Beleidigungen („Du frustrierte Kuh“) gibt sie nicht auf. Auf ihre letzte Annonce hat sich ein charmanter Mann gemeldet, bei dem sie erstmals wieder „Schmetterlinge im Bauch“ hat. Doch je älter man wird, desto schwieriger scheint es, sich noch einmal fest zu binden.Nach Briefen, Fotos und Telefonaten ist auch im Alter der persönliche Eindruck entscheidend. Um sich diverse Einzelverabredungen zu ersparen, bietet eine Agentur in Nordrhein-Westfalen regelmäßig „Speed-Dating“ für „Silver Singles“ an. Hier haben Senioren jeweils zehn Minuten Zeit, ihr Gegenüber kennenzulernen und zu befragen. Gefallen oder Nichtgefallen wird auf einem Zettel angekreuzt. Bei Sympathie wird diskret ein Kontakt hergestellt. Das Problem: Interessierte Seniorinnen gibt es reichlich. Nur die Männer trauen sich nicht. Und die, die mitmachen, suchen oft etwas Jüngeres. (Text: arte)

Was können Städte tun, damit Integration und Sicherheit gleichermaßen funktionieren?90.000 Menschen aus 130 Nationen leben in Mechelen. Mit radikalen Islamisten hat man hier, anderes als in der umliegenden Region, keine größeren Probleme. Das liegt auch an Bart Somers, der seit 17 Jahren Bürgermeister der Stadt ist. Die Belgier nennen ihn „Mr. Zero Tolerance“. Null Toleranz, weil er eine flächendeckende Videoüberwachung installieren ließ und gegen Regelverstöße konsequent vorgeht. Aber auch Null Toleranz, weil er bei Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen genauso konsequent ist. Sein Rezept geht auf. In den Schulen lernen die Kinder von Einwanderern und Flüchtlingen wieder gemeinsam mit belgischen Kindern. Stadtteile, in denen früher nur Migranten lebten, werden nun wieder attraktiv für alle, Streetworker kümmern sich um Jugendliche, damit sie den Anwerbeversuchen islamistischer Gruppen widerstehen. Einfach war diese Aufgabe jedoch nie. „An Multi-Kulti muss man arbeiten“, weiß Somers, „das ist nicht irgendwann fertig.“ In Deutschland ist Multi-Kulti vielerorts immer noch schwierig. Stuttgart stellt dabei allerdings eine Ausnahme dar. Schon in den 1970er Jahren, als viele tausende Gastarbeiter kamen, wurde eine Belegungsquote im städtischen Wohnungsbau eingeführt, um Ghetto-Bildung von vornherein zu vermeiden. Der damalige Oberbürgermeister wollte, dass sich alle in der Stadt als Stuttgarter fühlen, auch diejenigen mit ausländischen Wurzeln. Der Geist von damals weht noch heute durch die Stadt. Viele Projekte stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl ihrer Bürger: Vereine, Polizei, soziale Dienste – Integration ist eine Aufgabe, die vielschichtig ist.“Re:“ zeigt die verschiedenen Strategien, die Multi-Kulti in Mechelen und Stuttgart zum Erfolg geführt haben. (Text: arte)

Windkraft steht nicht nur für saubere Energie, sie ist auch ertragreiches Geschäftsmodell. Spätestens seit dem erklärten Atomausstieg setzt Deutschland auf den massiven Ausbau der Windkraftanlagen. Rainer Christiansen freut das. Er betreibt einen Windpark an der dänischen Grenze und hat durch ein Genossenschaftsmodell dafür gesorgt, dass die Anwohner in Ellhöft partizipieren. Bei Gilbert Schulz in Mecklenburg-Vorpommern sieht die Lage anders aus: Immer mehr Windkraftanlagen in Pripsleben sorgen für Lärm und Schlagschatten. Kompensationen für die Anwohner gibt es hier keine. „Re:“ begleitet seinen Kampf für einen bürgerfreundlicheren Ausbau der Windkraft. (Text: arte)

Celil ist 16 Jahre alt und Hauptschüler in Deutschland. Er hat seit ein paar Wochen einen „Mentor“, den Studenten Joshua. Unter normalen Umständen hätten sich die beiden vermutlich nie kennen gelernt. Jetzt hilft Joshua ihm beim Training für die Aufnahmeprüfung bei der Polizei. Zusammengebracht hat die beiden die Organisation „Rock Your Life“. Mit dieser Idee, Studenten als ehrenamtliche Mentoren einzusetzen, haben schon fast 6.000 Hauptschüler bessere Chancen auf dem Weg ins Berufsleben bekommen. Europas Spitzenreiter in der Bildungsgerechtigkeit, Estland, setzt auf ein umfassendes Konzept. Schulessen, Schulbücher und öffentlicher Nahverkehr sind hier für jeden Schüler kostenlos. Und der Zugang zu Zukunftstechnologien bleibt nicht bloß denen überlassen, die es sich leisten können: Smartboards und 3D-Drucker nutzen hier alle. Kaarel Rundu ist Direktor des deutschen Gymnasiums in Tallinn.

Lebensechte Liebespuppen der neuen Generation werden technisch immer ausgereifter und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Unlängst hat in Barcelona Europas erstes Puppenbordell eröffnet, Etablissements in Großbritannien, Deutschland und Frankreich folgten prompt. Enthusiasten und Sammler der Silikon-Damen preisen das als den langsamen Einzug dieser Spielart in Europas kulturellen Mainstream. Aber für einige Männer sind die Puppen mehr als nur Sextoy, sie leben mit ihnen.Das Kamerateam besucht den Frührentner Dean Bevan aus Suffolk in Großbritannien. Der ehemalige Krankenpfleger fühlte sich nach der Trennung von seiner Frau einsam. Die Lösung: Seine Puppe Sarah und sechs ihrer „Schwestern“, mit denen Dean im gleichen Haus wohnt. Er redet mit ihnen, fotografiert sie, schaut mit ihnen Fernsehen. Könnte Sarah sprechen und sich bewegen, würde er die Puppe einer echten Frau vorziehen.Alles nur ein harmloses Hobby oder Ausdruck einer bedenklichen gesellschaftlichen Entwicklung, in der zwischenmenschliche Nähe und Kommunikation Angst statt Wohlbefinden auslösen? (Text: arte)

Wer bei Funda ins Taxi steigt, der ist nicht selten überrascht. Die 43-jährige Istanbulerin ist eine Seltenheit in dieser männerdominierten Branche. Mit Hupkonzerten und waghalsigem Fahrstil quälen sich mehr als 20.000 Fahrer, oft rauchend und fluchend, durch den zähen Verkehr. Funda hingegen, eine von rund zehn Fahrerinnen, ist die Ruhe selbst. Sie störe der Verkehr kein bisschen, sagt sie. Im Auto fühle sie sich frei. Seit acht Jahren fährt sie, manchmal 24-Stunden am Stück. Pause macht sie nur, um zu beten oder um kurz die Augen zu schließen, ehe es weitergeht. Unter ihren männlichen Kollegen gilt sie nicht nur als besonders fleißig, sondern noch dazu als Schnellste, was ihre 13-jährige Tochter Melek nicht gerne hört. Sie sorgt sich um ihre Mutter, die sich seit dem Tod des Vaters um den Lebensunterhalt der Familie kümmert. Funda sagt, bislang habe sie noch keine allzu schlimmen Erfahrungen machen müssen, sie hoffe Überfälle oder ähnliches bleiben ihr erspart. All das hat Taxi-Fahrerin Figen schon erlebt. Einmal stach ihr ein Fahrgast ein Messer zwischen die Rippen, ein anderes Mal versuchte ein zugedröhnter Jugendlicher sie ausrauben. Dennoch fährt sie weiter, sie ist auf das Geld angewiesen. Denn auch Figen finanziert ihr Leben und das ihrer zwei Kinder selbst, allerdings leben die nicht bei ihr. Zu unstet sei ihr Leben, zu oft müsse sie nachts raus, sagt sie. Figen möchte deshalb mit dem Taxifahren aufhören, mittlerweile unterrichtet sie tagsüber als Fahrlehrerin. „Re:“ begleitet die beiden Frauen auf ihrer täglichen Fahrt durch die 18-Millionen-Metropole am Bosporus. (Text: arte)

Ohne Bargeld in die Zukunft – die Schweden schreiten mutig voran. Björn Eriksson war einmal Leiter von Interpol, heute sammelt er die wackere Schar der Bargeld-Enthusiasten um sich, deren Kampf zurzeit verloren scheint. Denn die Regierung betreibt die Abschaffung des Bargelds konsequent: Wurden in Schweden 2010 noch 40 Prozent aller Einkäufe bar bezahlt, waren es 2016 nur noch 15 Prozent. Mit der App „Swish“ zahlen sie dort bereits per Handy: Die Spende in der Kirche, die Tageszeitung am Kiosk, das Almosen für den Obdachlosen. Schwedens Regierung glaubt an den Fortschritt durch den bargeldlosen Zahlungsverkehr: Sicherheit für Kunden, Bekämpfung der Geldwäsche und natürlich will sie mit Hilfe der E-Krone auch Steuersündern leichter auf die Spur kommen. Die Verteidiger des Bargelds aber pochen auf Schein und Münze – Bargeld verheißt ihnen Freiheit, auch heute noch. Die Pläne, es abzuschaffen, wecken bei vielen Menschen Angst und Misstrauen. (Text: arte)

Zehntausende Menschen aus der ganzen Ukraine sind in den Kiewer Sportpalast gekommen, um ihn zu erleben: Wladimir Muntjan. Er verspricht, mit der Kraft des Heiligen Geistes Krankheiten aller Art heilen zu können: „Beim Gebet sehe ich in gewissen Momenten ganz deutlich, ob ein Körperteil betroffen ist und welche Erkrankung vorliegt“, beschreibt der Prediger seine Gabe. „Genau das spreche ich im Gebet an. Und genau das wird in dem Moment auch geheilt.“ In seinen Gottesdiensten berichten Anhänger immer wieder von wundersamen Genesungen. Auch Tatjana Swynar war überzeugt von den heilenden Kräften des Predigers. Zehn Jahre lang war sie Mitglied seiner Gemeinde, die sich „Wosroschdenie“ nennt, übersetzt „Wiedergeburt“. Inzwischen ist die junge Frau jedoch eine der schärfsten Kritiker des selbst ernannten Heilers. Denn es sei ein Geschäft mit Hoffnungen. Sie selbst sei das beste Beispiel dafür: Ihre Familie habe die eigenen vier Wände verkauft, als Tatjanas Schwester schwer erkrankte, in dem Glauben, dass sie damit die Chancen auf Heilung erhöhe. Der Erlös ging an Mutjans Gemeinde. Tatjana ist ausgestiegen, will nun andere aufrütteln, denn sie sei kein Einzelfall: „Die Menschen sind müde von der Politik und dem schlechten Lebensniveau, von den ganzen schwierigen Umständen hier. Und Muntjan verspricht ihnen finanziellen Wohlstand, Wunderheilungen.“ Muntjan indes expandiert: Er ist längst dabei, mit seinen Wundern andere Länder Europas zu erobern. Bei ersten Auftritten in Deutschland hat er bereits eine beträchtliche Schar an neuen Anhängern um sich versammelt. Der Anfang ist gemacht. (Text: arte)

Für ältere Menschen ist es meist sehr schwer, ihre gewohnte Umgebung zu verlassen. Außerdem sind die Mieten inzwischen rasant gestiegen, so dass Senioren für eine kleinere Wohnung oft sogar mehr bezahlen müssten als für ihre jetzige große. An diesem Problem scheitern Johanna und Barkin aus Berlin. Sie suchen dringend einen Tauschpartner, weil ihre kleine Familie bald Zuwachs bekommt. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, welche Unterstützung ist notwendig, damit ältere Menschen tatsächlich umziehen und so Wohnraum freimachen? Ein Rentnerehepaar aus Nürnberg macht diesen Schritt. „Re:“ beobachtet, wie es Abschied nimmt von seiner 4-Zimmer-Wohnung, in der es seine Kinder aufgezogen und den Großteil seines Lebens verbracht hat. In Deutschland gibt es viele Hürden, in Österreich dagegen ist das Recht auf Wohnungstausch im Mietgesetz verankert. Insbesondere für die Bewohner der berühmten Wiener Gemeindebauten ist der Tausch von einer größeren in eine kleinere Wohnung oder umgekehrt überhaupt kein Problem. Ein Programm, das sich an Senioren über 65 richtet, gleicht eventuelle Mietunterschiede aus. Erste Initiativen gibt es nun auch in Deutschland. In Berlin wird für die Bewohner der landeseigenen Wohnungsgesellschaften gerade eine Onlinetauschbörse eingerichtet. Rein rechnerisch könnte die deutsche Hauptstadt ihre Wohnungsprobleme nämlich auch ohne den Bau neuer Wohnungen lösen. (Text: arte)

Jökull Skúli Friðriksson gehört zu den freiwilligen Rettern Islands und leitet zum ersten Mal die einwöchige „Highland Patrol“ in Landmannalaugar, dem Isländischen Hochland. In der Gegend wird gerne unerlaubt Offroad gefahren. Dabei kommt es auf den unbefestigten Straßen vor spektakulärer Kulisse immer wieder zu Unfällen. Viele Touristen unterschätzen die raue Natur, sind schlecht vorbereitet oder einfach nur leichtsinnig und bringen sich und andere dadurch in Gefahr. Der 21-Jährige opfert seit rund fünf Jahren seine Freizeit für die „Icelandic Search and Rescue Association“ (ICE-SAR). Für Friðrik Gunnlaugsson ist es die dritte „Highland Patrol“. Wie viele der Retter unterbricht auch der 44-jährige Bankangestellte aus Reykjavik regelmäßig seine Arbeit für die Rettungseinsätze und das unbezahlt. Mit rund 4.000 aktiven Mitgliedern in 100 Teams sind die Retter im ganzen Land verteilt und können schnell reagieren. Allein letztes Jahr haben die engagierten Bürger über 1.000 Einsätze bewältigt, Tendenz steigend.Island boomt, aber das bleibt nicht ohne Folgen. Der Tourismus ist inzwischen zwar die stärkste Wirtschaftskraft und hat dem Land aus der Finanzkrise geholfen, aber es fehlt an einer richtigen Infrastruktur und Personal. Das bekommen auch Ranger wie Nina Aradóttir in der Isländischen Wildnis zu spüren. (Text: arte)

Seit 1991 ist Armenien unabhängig. Aber auch nach dem Ende der UdSSR blieben die Probleme des kleinen Landes, eingekesselt zwischen Türkei, Aserbaidschan, Georgien und Iran, die alten: Korruption, Oligarchien und die Abhängigkeit von Russland. Dennoch gelang Armenien im Frühjahr 2018 nach Massenprotesten ein friedlicher Machtwechsel. Die Hoffnung auf Demokratie führt viele Armenier aus der Diaspora zurück in die alte Heimat. Die 31-jährige Tsovinar Chugaszyan ist eine von ihnen: Bis vor kurzem wohnte sie noch bei Frankfurt und erlebt nun die Zeitenwende in der Hauptstadt Jerewan hautnah mit. Für sie ist Armenien wie ein großes, dynamisches Start-Up: Alles ist möglich, und jeder kann mitmachen. Für Tsovinars Familie bedeutet der Machtwechsel aber noch mehr: Ihr Vater lebte bis zum Umsturz im Untergrund und erzwang durch einen Hungerstreik die Freilassung von politischen Gefangenen. Für ihn ist die „Revolution“ noch am Anfang. Viele demokratische Strukturen müssten erst noch aufgebaut werden. Armenien wieder aufbauen – das möchten auch die 25-jährige Aimee und ihr Vater Vahe Keushguerian, die aus den USA und aus Italien nach Armenien zurückgezogen sind. Zusammen wollen sie die jahrtausendealte Weinkultur Armeniens wiederbeleben. Denn fast 30 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion ist das Land immer noch von der Planwirtschaft gezeichnet. Ein neues, demokratisches Armenien ist der Wunsch vieler Armenier. Aber kann dies einem Land gelingen, das immer noch im Schatten Russlands steht, umgeben von autokratischen Regimes im Südkaukasus? Armenien ist im Aufbruch. Ausgang ungewiss. (Text: arte)

Das baden-württembergische Ostfildern zum Beispiel: Hier ist das Thema Demenz schon lange kein Tabu mehr. So kann die 81-jährige Felicitas Warth weiter auf dem Markt einkaufen gehen, trotz ihrer Krankheit. Die Händler wissen, wie sie mit demenzkranken Menschen umgehen können. Ostfildern bezieht demenziell erkrankte Menschen bewusst in das Stadtleben ein. Elf bürgerschaftliche Projekte bietet die Kommune an: von der Stadt und den Pflegekassen finanziert, von engagierten Bürgern umgesetzt wie das Mal-Atelier, Sportstunden, Besuchsdienste, Handwerkshilfen oder Tages-Betreuungsdienste. Teilhabe und Normalität, das wünschen sich die meisten Betroffenen. Im bayerischen Maria-Martha-Stift leben die Bewohner den Alltag, den sie ein Leben lang gewohnt sind, ob mit Haushalt, Fahrradfahren oder spontanen Ausflügen an den nahe gelegenen Bodensee. So kommen auch die Pflegekräfte ab und an in den Genuss leichterer Momente. Eine Win-Win-Situation: Die Mitarbeiter melden sich hier seltener krank als in anderen Pflegeheimen, und die Senioren bleiben länger fit. „Natürlich ist es nicht schön, eine Demenz zu haben“, sagt Sonja Köpf von der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft, „aber das Leben ist damit nicht zu Ende. Demenz ist heute noch immer ein Schreckensgespenst für viele. Und wir möchten, dass auch deutlich wird: Auch wenn der Kopf nicht mehr so funktioniert, wie wir das vielleicht gewohnt sind, das Leben dennoch lebenswert ist.“ So kann die letzte Zeit des Lebens bei Demenz aussehen. Eben – eine Frage der Würde. (Text: arte)

Die Lauros lebten in Ischia Ponte seit Generationen vom Fischfang, zunehmend mehr schlecht als recht. Giulio Lauro musste also umdenken. Inspiriert durch einen Fund von Hobbytauchern, die in den 1970er Jahren vor der Insel auf Überreste aus der Römerzeit gestoßen waren, vermutete Giulio, dass auf dem Meeresgrund noch mehr zu finden sein müsste. Zwar hatte er von Archäologie keine Ahnung, geschweige denn die für Unterwassertauchgänge erforderliche Ausrüstung, doch am Ende bewies er den richtigen Riecher. 2011 starteten Giulio und sein Sohn Gaetano den ersten professionellen Tauchgang, das Projekt trug fortan den Namen „Aeanaria“. Was dann passierte, war nicht weniger als eine archäologische Sensation. Erst fanden sie nur kleine Schätze: Keramiksteine, Reste von Amphoren. Kurze Zeit später Überreste von Mauern und Holzgerüsten. Wie sich bald herausstellte, handelte es sich um das Fundament einer römischen Hafenanlage. 14 Meter lang, drei Meter hoch, 2.000 Jahre alt. Dazu Münzen, Geschirr, Flacons, die von dem Leben der damaligen Zeit zeugen.“Wir entdecken fortlaufend neue Fundstücke“, sagt die Archäologin Alessandra Benini, die das Projekt wissenschaftlich begleitet. Sie hält die Küste vor Ischia für einen besonders interessanten Grabungsort, weil die Vulkaninsel ständiger Bewegung ausgesetzt ist und schon viele Bauten untergegangen sind.Giulio Lauro hat nicht nur die Existenz seiner Familie gesichert, sondern sich selbst einen Traum erfüllt: Er kann seinen Kindern und Enkeln eine wirtschaftliche Perspektive aufzeigen, die es ihnen ermöglicht, auf Ischia zu bleiben. (Text: arte)

Agitu Ideo Gudeta musste vor acht Jahren aus politischen Gründen ihre Heimat verlassen, nachdem sie sich gegen Landraub internationaler Konzerne engagiert hatte. In letzter Minute gelang ihr die Flucht nach Italien. Angekommen in Europa, musste die studierte Soziologin wieder bei Null anfangen. Der Neustart gelang. Die Äthiopierin zog in die Trentiner Alpen, begann Ziegen zu züchten und gründete eine eigene kleine Käserei. „La capra felice“, die glückliche Ziege, heißt der Betrieb. Für ihren Käse verwendet sie die Milch von Mochena-Ziegen, einer einst in den Südalpen verbreiteten Ziegenrasse, deren Bestand in den letzten Jahren dramatisch zurückgegangen ist.Mittlerweile ist ihre kleine Herde von 15 auf 180 Tiere angewachsen. Ihr Betrieb hat überregionale Bekanntheit erlangt und die Käsesorten der Äthiopierin werden mit Preisen ausgezeichnet. Aus der ganzen Region kommen junge Menschen, um von ihr wieder zu lernen, wie man Käse herstellt.“Re:“ erzählt die Erfolgsgeschichte einer mutigen Frau, die sich mit viel Können und einem cleveren landwirtschaftlichen Konzept durchgesetzt hat. (Text: ARTE)

Auf Lesbos bleiben die Touristen aus. Berichte über katastrophale Zustände in Flüchtlingslagern und die daraus resultierenden Aufstände lassen die griechische Ferieninsel in einen komplett anderen Fokus rücken. Die Ärztin Fevronia Kantartzis versucht den Menschen zu helfen, die durch die fehlenden Touristen in die Existenzkrise geraten sind. Sie begleicht Stromrechnungen und bringt Hilfe in das vom Erdbeben zerstörte Dorf Vrissa. Die Leiterin der Tourismuskammer plant eine neue Imagekampagne für Lesbos. Sie will den negativen Bekanntheitsgrad der Insel nutzen und ins Positive kehren. Reiseunternehmen sollen Lesbos wieder vermehrt anbieten. Doch solange die EU die auf der Insel gestrandeten Flüchtlinge nicht weiterreisen lässt, sind Eskalationen vorprogrammiert. Fast 10.000 Flüchtlinge leben mittlerweile zusammengepfercht auf nur einem Quadratkilometer. (Text: arte)

Yanis Fatnassi hat einen großen Traum: Er will Profi-Schwimmer werden. Für den 18-Jährigen aus Marseille bedeutet das, gegen viele Widerstände zu kämpfen. Während er täglich für sein Abitur paukt, muss er drei- bis viermal die Woche trainieren. Aber das ist nicht so leicht. Im Mittelmeer kann er nicht unter Wettkampfbedingungen trainieren. Yanis braucht eine Schwimmhalle. Und die sind rar in Marseille. Die meisten Bäder in der Mittelmeermetropole wurden in den 1970ern gebaut. Viele davon wurden nicht instandgehalten und sind jetzt Ruinen. Besonders in den ärmeren Quartiers Nord wurde wenig Wert auf den Erhalt der Infrastruktur gelegt. Die Folge: Immer weniger Kinder aus Yanis Viertel lernen Schwimmen. Seit 2009 steigt die Zahl der Ertrinkenden in ganz Frankreich, auch an der Mittelmeerküste. Mittlerweile sind es in der Hauptsaison bis zu vier Menschen am Tag. Darunter immer mehr Kinder und Jugendliche. In Marseille hat man das Problem lange ignoriert. Es fehlt bis heute an Investitionen. Die Stadt hat nur zwölf kommunale Schwimmbäder für über 400 Schulen! Um dem Mangel etwas entgegen zu setzen, bieten Sportlehrer wie Rémi Lambert Kindern aus sozial schwachen Familien in den Ferien zweiwöchige Schwimmkurse an. Aber das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auch am Stadtstrand La Plage de Corbières behilft man sich, wie es eben geht. Rettungsschwimmer unterrichten in Erster Hilfe und im Umgang mit Schwimmflossen, Taucherbrille und Schnorchel. Für viele der Kinder ist das völlig neu. (Text: arte)

Im Jahr 2019 rechnen die Reiseveranstalter in Tschernobyl mit über 100.000 Besuchern. Aus aller Welt kommen Touristen, um eine spannende Tour durch Geisterstädte zu unternehmen und um mehr über die Folgen eines nuklearen Unfalls zu erfahren. In den letzten Jahrzehnten wurde die Region aufwendig gesäubert. Ein kurzer Aufenthalt soll daher unbedenklich sein beteuern die Organisatoren, doch einige Bereiche sind noch immer schwer kontaminiert.Der Diplom-Chemiker Serhij Myrnyj war nach dem Unfall für die Strahlenmessung verantwortlich, heute ist er der größte Anbieter für Reisen nach Tschernobyl und versucht den schlechten Ruf der Region zu verbessern und die Wirtschaft durch Tourismus anzukurbeln. Sein nächstes Ziel: Tschernobyl soll UNESCO- Weltkulturerbe werden und der Region so neue Perspektiven eröffnen. Für die Touristen ist die Reise ins Sperrgebiet ein einmaliges Erlebnis, doch für andere ist die Zone harter Alltag. Illegale Siedler, die nach der Evakuierung wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sind, leben hier zurückgezogen auf kontaminierten Boden. (Text: ARTE)

Fast 30.000 amerikanische Sumpfkrebse hat Klaus Hidde in nur drei Monaten in Berlin bereits gefangen. Der 63-jährige ist ein erfahrener Traditionsfischer, doch diese Tierchen sind ihm neu. Und: Hidde ist der einzige, der in der deutschen Hauptstadt die Tiere fangen darf – und muss. Als 2016 die ersten amerikanischen Krebse in den Teichen des Berliner Tiergartens auftauchten, waren Naturschützer alarmiert: Der Krebs, auch Roter Amerikanischer Sumpfkrebs genannt, ist eine invasive Art, die eingeschleppt wurde und sich rasend schnell verbreitet. Die Invasoren können gefährliche Krankheiten auf heimische Krebse übertragen. Um die Verbreitung der Tiere zu stoppen, hat der Wildtierbeauftragte Derk Ehlert schon so einiges versucht. Mit Klaus Hiddes Hilfe will er die Krebse nun fangen lassen. Daraus ist bereits ein Geschäft geworden. Die eingewanderten Krebse entpuppen sich mehr und mehr als Delikatesse.Denn für den Menschen sind die eingewanderten Krebse unbedenklich. In China oder in den USA werden sie sogar in großen Zuchtanlagen extra für den Verzehr produziert. In freier Wildbahn in Berlin dagegen gilt es Geschäft und Naturschutz unter einen Hut zu kriegen. Matthias Engels hilft dem Fischer Klaus Hidde dabei. Engels betreibt einen Fischhof in Brandenburg und hat sich die Vermarktung der Krebs-Invasoren auf die Fahnen geschrieben. Als Händler kauft er die Krebse von Fischer Klaus Hidde und bietet sie als „Berlin Lobster“ an. Auch Star-Köche gehören mittlerweile zu seinen Abnehmern. (Text: arte)

Walia und Ali sind junge, verliebte und gläubige Muslime. Die 25-jährigen Briten aus London haben sich erst vor kurzem über die Dating-App „muzmatch“ kennengelernt. Wer so zusammen kommt, tut das offiziell nur aus einem Grund: Heirat. Schon beim zweiten Treffen waren die Eltern dabei, um die Hochzeit zu besprechen. Denn erst nach der Nikah, der muslimischen Eheschließung, dürfen die beiden richtig zusammen sein. Dann ist ihre Liebe halal – aber deshalb nicht unbedingt rechtsgültig.Rund 60% der muslimischen Ehen in England werden nicht registriert, weil es gesetzlich nicht notwendig ist. Damit unterliegen die Ehen nur dem religiösen Gesetz (sharia). Trennt sich ein Paar, stellt es vor allem Frauen vor große Probleme. Frauen wie Sarah Shahzad aus Bradford. Die 28-jährige trennt sich nach zwölf Jahren und sieben Kindern von ihrem Partner, mit dem sie nur durch die Nikah verbunden ist.Als er begann sie zu schlagen, verließ sie ihn und nahm die Kinder mit. Doch nach der Trennung bekommt Sarah nun keinerlei finanzielle Unterstützung durch ihren Ex-Partner. Sie hat keinen rechtlichen Anspruch auf die Aufteilung des gemeinsamen Besitzes. Auch beim Unterhalt für die Kinder gibt es bürokratische Hürden. Jetzt steht Sarah ohne Geld und ohne Ausbildung da.Sarahs Geschichte ist kein Einzelfall. Deswegen setzt sich die Anwältin Aina Khan seit Jahren für die Registrierung muslimischer Ehen ein. Mit ihrer Initiative „Register Our Marriage“ reist sie durchs Land, hält Vorträge, klärt muslimische Frauen auf und versucht eine Gesetzesänderung durchzuboxen. (Text: ARTE)

Europas schöne Alpentäler sind bedroht! Mit 2,5 Millionen LKW im letzten Jahr ist die Brennerroute über die Inntalautobahn der meist befahrene Pass über die Alpen. Der Tiroler Fritz Gurgiser hat vor dreißig Jahren das Transitforum Austria gegründet. Eine Bürgerinitiative, die sich gegen den immer stärker werdenden Transitverkehr wehrt.Es ist ein Kampf David gegen Goliath. Denn entgegen allen Versprechungen gelingt bislang die Verlagerung der Güter auf die Schiene nicht. Doch Fritz Gurgiser gibt nicht auf. Sein Druckmittel: Artikel 36 im Europarecht. Der besagt unter anderem, dass der freie Warenverkehr überall dort begrenzt werden kann, wo es zum Schutze der Gesundheit der Menschen nötig ist. Dies zu beweisen ist Gurgisers Mission: Er macht Lärmpegelmessungen und sammelt die Beschwerden Asthma kranker Anwohner. Gurgiser und seine Initiative haben für Tirol bereits einiges erkämpft: Der gesamte österreichische Teilabschnitt der Inntalautobahn ist mit einem „Flüsterasphalt“ belegt, es gibt ein Tempolimit vom 100 km / h und ein Nachtfahrverbot für LKW. Über weite Strecken wurde ein guter Schallschutz gebaut. Bei Innsbruck wurde die Autobahn sogar überbaut. Vor allem aber wurde der Brenner-Basistunnel in Angriff genommen.Doch alle Maßnahmen nützen nur wenig, wenn das Nachbarland Deutschland nicht mitzieht. Obwohl im Mai 2009 vertraglich zugesichert, stockt die Planung der Zulauftrassen. Und auch weitere zugesicherte Maßnahmen zur Eindämmung des Güterverkehrs lassen auf sich warten. Nun haben bayerische Anwohner den österreichischen Aktivisten zur Hilfe gerufen… (Text: arte)

Mitten in Madrid leitet Padre Ángel García Rodríguez eine der außergewöhnlichsten Kirchengemeinden Spaniens: San Antón. 24 Stunden am Tag ist das Gotteshaus geöffnet, weiche Sessel ersetzen harte Kirchenbänke. Obdachlose nutzen sie gern, um sich auf ihnen auszuruhen oder zu schlafen. Freies WLAN, Frühstück und Mittagessen für Hilfsbedürftige, Public Viewing im Kirchenschiff, wenn die spanische Nationalmannschaft spielt: Padre Angel macht San Antón zu einem Ort der Gemeinschaft für alle. Der 81-jährige will eine Kirche, die wieder näher an die Lebenswelt der Menschen rückt. Dabei rüttelt er an den Grundfesten der katholischen Morallehre, auch was Homosexualität angeht. San Antón liegt mitten in Chueca, dem Homosexuellen-Viertel von Madrid. Oft bitten gleichgeschlechtliche Paare García um seinen Segen. Padre Ángel erfüllt ihnen den Wunsch, auch wenn er damit gegen die kirchliche Lehre verstößt. Neben der Arbeit als Priester hat García die NGO „Botschafter des Friedens“ ins Leben gerufen, die sich um sozial benachteiligte Menschen kümmert. Doch die NGO ist umstritten. Kritiker werfen García vor, mit seinen sozialen Projekten den spanischen Staat aus seiner Pflicht zu nehmen und gewinnorientiert zu arbeiten. „Re:“ besucht den streitbaren Pater und seine Gemeinde in Madrid. (Text: arte)

Zehn bis 20 Kilo Fisch am Tag haben Evgenia Floris und ihr Mann Georgios früher in der Ostägäis rund um Chios gefangen. Ein gutes Einkommen. Heute sind es höchstens fünf Kilo. Die Fische werden immer kleiner, manche Arten finden sie überhaupt nicht mehr in ihren Netzen.Für das Fischerpaar aus Mestá reicht es nicht mehr zum Leben, manchmal nicht einmal für das Benzin für ihr Boot.93 Prozent der Fischbestände im Mittelmeer sind überfischt, so eine EU-Studie. Vor allem die großen Trawler sind daran beteiligt. Aber es wird auch von „Kleinen“ illegal gefischt: mit Dynamit beispielsweise. Oder ohne Lizenz. Staatliche Kontrollen gibt es in Griechenland so gut wie nicht.Wie soll es weitergehen, fragen sich Evgenia und Georgios. Wovon sollen sie leben? Sie sind jetzt 69 und 78 Jahre alt und werden fischen, solange sie können. Denn es ist immer noch ihr Traumberuf. Aber ihnen ist klar: Eine Tradition geht zu Ende. Ihre Kinder werden nicht mehr als Fischer arbeiten. (Text: arte)

Drei Tage und drei Nächte lang herrscht in Guca der absolute Ausnahmezustand.Tonnenweise Fleisch und zigtausend Hektoliter Bier werden angekarrt. Auf den Straßen und in den Gaststätten und Bierzelten wimmelt es vor Musikern. Blasorchester aus ganz Serbien spielen hier um die Wette. Alle mit dem gleichen Ziel: Sie wollen die „goldene Trompete“ gewinnen. Denn der Festivalpreis bringt nicht nur Geld, sondern auch Bekanntheit und Aufmerksamkeit im In- und Ausland.“Re:“ begleitet das Orchestra of Danijel Kostic. Die junge aufstrebende Blaskapelle tritt das erste Mal in Guca auf. Und das mit der einzigen weiblichen Trompeterin im Programm – ein absolutes Novum. Das Festival soll für die junge Band ein Sprungbrett sein. Wird ihr Traum von einer internationalen Karriere in Erfüllung gehen? (Text: ARTE)

Dreihundert Watzmann-Überschreitungen an einem schönen Sommertag! In den letzten Jahren ist die Zahl derer, die ihre Freizeit in den Bergen verbringen, rasant gestiegen – ein Trend, der in allen Alpenländern zu beobachten ist. Ob zu Fuß, mit dem E-Mountainbike auf den Gipfel oder im Klettersteig mit teils sehr hohen Schwierigkeitsstufen – die Bergsportarten werden immer vielfältiger und locken neues Publikum. Auch die digital natives gehören mittlerweile dazu, die gerne mit Selfies und Videos ihre Abenteuer am Berg dokumentieren. Hinzu kommt eine gewisse Servicementalität, ganz nach dem Motto: wenn ich nicht mehr weiterkann, geht’s heim mit dem Hubschrauber…Doch auch die ältere Generation, die eigentlich eher genusswandern will, wählt oftmals anspruchsvolle Routen, wobei es bei der Einschätzung der eigenen Fitness hapert. Zum alten Eisen will man schließlich noch lange nicht gehören.Während in Österreich die professionelle Flugrettung einen Großteil der Rettungs-Einsätze übernimmt, leisten dies in Bayern ausschließlich Ehrenamtliche. Sie sind bereit, ihr Leben zu riskieren – unentgeltlich und in ihrer Freizeit. Doch die Anforderungen werden immer größer – umso schwieriger, geeigneten Nachwuchs zu finden.“Re:“ ist bei Rettungs-Einsätzen am Watzmann und zwischen Großglockner und Großvenediger dabei und spricht mit Ausbildern, Rettern und Bergsportexperten. (Text: ARTE)

Digitale Anwendungen helfen heutzutage vielen Bauern beim Pflanzenschutz, bei der Tierhaltung und der Wettervorhersage. Auch Landmaschinen sind mittlerweile mit intelligenten Technologien bestückt und kommunizieren untereinander. Satelliten und Sensoren liefern relevante Daten aus Stall, Weide und Acker. Ein Filmteam besuchte verschiedene moderne Landwirtschaftsbetriebe in Oberösterreich. (Text: arte)

Nadine und Falk Wegener sind seit 24 Jahren ein Paar – seit zehn Jahren versuchen sie ein Kind zu bekommen. Erfolglos. „Ihr medizinischer Weg in Deutschland ist beendet“, so die Ärztin bei ihrem letzten Besuch einer Kinderwunschpraxis in Berlin. Nach zehn missglückten künstlichen Befruchtungen geben ihre Ärzte in der Heimat auf.Was bleibt ist der Weg über die Grenze. Nur vier Stunden Autofahrt von ihrem Heimatort Erkner in Brandenburg entfernt, werben manche Kliniken mit über 70 Prozent Erfolgsaussichten. Die Gesetzeslage ist anders als in Deutschland, die Ärzte in Tschechien haben mehr Spielräume. So können die befruchteten Embryonen vor dem Transfer in die Gebärmutter genetisch untersucht und „aussortiert“ werden. Laut Embryonenschutzgesetz ist das in der Regel in Deutschland verboten. Ebenso wie die Eizellspende.Ein Strohhalm an den sich viele kinderlose Paare aus dem westeuropäischen Ausland klammern. Schätzungen zufolge lassen sich pro Jahr etwa 3.000 deutsche Paare in Tschechien behandeln. Mehr als 40 Kliniken gibt es bereits. Und so boomt das Geschäft mit der Hoffnung.Nadine und Falk haben sich für eine Klinik in Prag entschieden. Mit gemischten Gefühlen machen sie sich auf. „Alles nochmal auf Null – bei jedem Versuch habe ich 100 Prozent Hoffnung“, sagt die 42-jährige Nadine. Das Paar möchte es noch einmal mit eigenen Eizellen probieren. Die letzte Chance auf ein genetisch „eigenes“ Kind, denn die biologische Uhr tickt. Mit jedem Versuch, mit jedem zunehmenden Lebensjahr, schwindet die Aussicht auf das so ersehnte Babyglück. (Text: arte)

„Was er sich in den Kopf gesetzt, das zieht er auch durch“, sagt seine Frau über ihn: Armin Capaul, Bergbauer, Alt-Achtundsechziger und Hornkuhrebell. Noch vor einem Jahr haben viele ihn für einen Spinner gehalten. Der Bergbauer aus dem Berner Jura hat die „Initiative für die Würde der landwirtschaftlichen Nutztiere“ in Leben gerufen. Fast im Alleingang. Das Ziel: er will erreichen, dass weniger Tiere – und vor allem Kühe – enthornt werden. In der Schweiz sind mittlerweile 9 von 10 Kühen ohne Hörner. Um im modernen Laufstall mehr Tiere halten zu können werden die Hörner weggebrannt. Doch Wissenschaftler sagen, die Hörner seien wichtig für Stoffwechsel und Kommunikation der Tiere.Armin Capaul will kein Verbot aussprechen, sondern er verfolgt das Ziel, dass jene Bauern, die ihren Kühen die Hörner lassen, finanziell unterstützt werden.154.071 Stimmern hat er dafür gesammelt, damit die Volksabstimmung genehmigt wird. Keiner hat ihm das zugetraut. Es ist ein Beispiel dafür, was eine Person alles bewegen kann in einem Land, in dem direkte Demokratie ein wichtiger Teil des politischen Prozesses ist. Nun bereitet er sich auf die Kampagne für eine Volksabstimmung am 25. November vor. Und braucht dafür genügend Geld für Werbeplakate und Flyer. Damit er die Menschen dazu mobilisieren kann, zur Wahlurne zu gehen und mit „Ja“ zu stimmen. (Text: ARTE)

Véronique Richez-Lerouge hat eine Mission: den echten französischen Camembert aus der Normandie zu retten. „Als ich festgestellt habe, dass immer mehr Hersteller von Rohmilch-Camembert einfach vom Markt verschwunden sind, hat mich das traurig gemacht – und wütend.“ Für die Autorin und Gastro- Kritikerin ist der Camembert mehr als nur ein Weichkäse. Er ist ein nationales Kulturgut. Schon seit Jahren wird er durch billigere, industriell hergestellte Camemberts aus pasteurisierter Milch unter Druck gesetzt. 80 Prozent des französischen Marktes haben sie dem meist in kleinen Hof-Käsereien hergestellten Rohmilch-Camembert bereits abgenommen. Und in Zukunft – ab 2021 – sollen sie auch noch durch das Herkunfts- und Güte-Siegel „Appellation d’Origine Protege’“ (AOP) geadelt werden, das bislang nur der Original- Camembert tragen darf. Das hat das in Frankreich für die Vergabe zuständige Institut INAO so festgelegt. Ein Skandal, findet nicht nur Véronique Richez-Lerouge. Viele Freunde und Kenner der französischen Ess-Kultur sind empört. Denn einmal bedeutet das weiteren Druck auf den Rohmilch-Camembert, denn oberflächlich betrachtet ist er für Käufer kaum mehr von der Billig-Konkurrenz zu unterscheiden. Zum anderen sei das eine Art von Etikettenschwindel: „Das sind zwei unterschiedliche Produkte“, sagt der Sternekoch Mathieu Guibert: „Aber wenn man einen Camembert kauft, möchte man einen Camembert. Und nicht etwas, was so ähnlich schmeckt.“ Das ist eben der springende Punkt: Camembert aus pasteurisierter Milch ist eben nicht so schmackhaft wie sein Vorbild aus Rohmilch. Frankreichs Feinschmecker machen mobil. (Text: arte)

Auf seiner Reise spricht er unter anderem mit Demonstranten in der Hauptstadt Tiflis, der Kuratorin des bizarren Stalin-Museums in dessen Heimatstadt Gori und, – auf einer unwirtlichen Industriebrache -, mit einem überzeugten Stalinisten, der die hier endgelagerte Statue des Diktators gerne zurück auf ihrem Sockel sähe. Davit Gabunia besucht auf seiner Reise auch gezielt Orte, die eine persönliche Bedeutung für ihn haben. Sein Cousin Shalva starb im georgisch-russischen Krieg von 2008. Davit besucht erstmals das Grab in seiner Heimatstadt Poti am Schwarzen Meer. Zehn Jahre lang hat er sich nicht hierher getraut. Die Zerrissenheit seines Heimatlandes beobachtet der 36-Jährige direkt an der sog. „Administrativen Begrenzungslinie“ zwischen Georgien und Südossetien. Seit zehn Jahren hält Russland diesen Landesteil Georgiens besetzt. Davit trifft eine alte Bäuerin und erfährt, dass der Konflikt hier jeden Tag ihr Leben beeinflusst. Viel Stoff für Davits schwarzes Notizbuch, in das er alle Erlebnisse der Reise penibel einträgt und so ein Panoptikum des aktuellen Georgiens schafft. (Text: arte)

In Paris zieht sich eine alte Bahnstrecke rund um die Innenstadt. 30 Jahre lang wurden die abgesperrten Gleise der „Petite Ceinture“ nicht mehr genutzt – ein wilder Grüngürtel entstand. Jetzt werden 20 Hektar davon für die Allgemeinheit geöffnet. Stadtplanerin Anne Labroille erarbeitet in Workshops mit den Anwohnern, wie die Freiflächen gestaltet werden sollen. „Das ist der einzige Ort in Paris, an dem man Vögel singen hört“, sagt sie. „Jeder Bürger von Paris soll die Möglichkeit bekommen, ihn zu genießen.“ Die Bürger selbst haben aktiv darüber entschieden im Rahmen des „Budget Participatif“, des Bürgerbudgets von Paris. Jeder Stadtbewohner kann Projekte vorschlagen, jeder darüber abstimmen.In Rotterdam wollte der Stadtplaner Kristian Koreman eine Brücke bauen, um ein heruntergekommenes Viertel neu zu beleben. Das Problem: Drei Stadtteile waren nach dem Zweiten Weltkrieg durch breite Verkehrsadern voneinander getrennt worden. Seine simple Lösung: eine leuchtend gelbe Holzbrücke namens „Luchtsingel“, finanziert durch Crowdfunding.In Hannover dagegen nahmen ein paar Skateboarder das Recht in die eigene Hand. Auf einer brachliegenden Fläche betonierten sie ihren eigenen Skatepark. Nachträglich erkämpften sie einen Pachtvertrag und besetzten gleich noch den Parkplatz daneben. Dort entstand eine Siedlung aus bunten Überseecontainern, in denen immer mehr junge Kreative nachhaltige Unternehmenskonzepte ausprobieren. Das „Platz-Projekt“ gilt mittlerweile deutschlandweit als Brutstätte unkonventioneller Ideen. Hier entstehen neue Impulse für die Entwicklung der Stadtkultur. (Text: arte)

Ohne Torf kein Gemüse, Pflanzenproduktion ist ohne Torf nicht möglich. Weltmarktführer Klasmann-Deilmann, ein Unternehmen mit Sitz im Emsland, holt den Rohstoff inzwischen im großen Stil aus dem Baltikum. Um unseren Bedarf an Torf zu decken, werden sie dort irgendwann auch intakte Moore trocken legen, warnt Moorkundler Hans Joosten. Eine Umweltsauerei erster Güte, denn trockene Moore sind ein Problem für den Klimaschutz, sie dünsten ungeheure Mengen Treibhausgase aus. Hans Joosten fordert deshalb: Was trocken ist, muss wieder nass werden. „Re:“ begleitet Moorschützer und Torfproduzenten zu Torffeldern in Deutschland und im Baltikum. Führt unser immenser Torf-Konsum dazu, dass in Nachbarländern Moore zerstört werden? (Text: arte)

Marko Vesovic ist auf dem Weg zu einem Informanten. Der Journalist recherchiert über Verflechtungen zwischen der regierenden Partei und der organisierten Kriminalität. Und begibt sich in Montenegro damit in Lebensgefahr. 2004 wird der Chefredakteur seines Blattes erschossen. Auch Mihailo Jovovic lebt gefährlich: Er leitet die liberale Zeitung Vijesti. Das auflagenstärkste Blatt des Landes ist unabhängig von der Regierung und berichtet über Korruption und Vetternwirtschaft in dem kleinen Balkanstaat. Vor fünf Monaten wird eine Kollegin durch einen Schuss schwer verletzt. Nach dem Anschlag wird auf Druck der EU eine Kommission gegründet, die sowohl die Attacken auf Journalisten als auch die Ermittlungen der Polizei in Montenegro dokumentieren soll. Denn bis heute ist der Fall nicht aufgeklärt, wie Dutzende andere Anschläge auf Kollegen zuvor. Chefredakteur Jovovic ist Mitglied dieser Kommission. Er sammelt Fakten und Daten über die Anschläge der vergangenen Jahre. Seit 2004 gibt es 80 Attacken auf Journalisten in dem kleinen Land mit nur 600.000 Einwohnern. Auf Mihailo Jovovics Redaktion wird ein Bombenanschlag verübt. 2004 wird der Chefredakteur der konservativen Zeitung Dan ermordet. Und jetzt der Schuss ins Bein auf seine Kollegin. Von der Hauptstadt Podgorica fährt Jovovic in die Stadt Berane. Unweit der Grenze zum Kosovo gibt es Probleme mit einer Gang. Einige Morde werden verübt. Über das Thema berichtet sein Kollege Tufik Softic und wird anschließend zusammengeschlagen. Doch Schweigen kommt für die Journalisten nicht in Frage. Ihre Hoffnung: Montenegro ist EU-Beitrittskandidat. Nur wenn die EU Druck macht, wird sich im Land etwas ändern. (Text: arte)

Die deutschen Kleingärten erleben einen Generationswechsel: Immer mehr junge Menschen suchen das große Glück im Grünen, sehnen sich nach einem Stück Land als Ausgleich zum aufreibenden Alltag in der Stadt. Nicht immer verläuft das Laubenpieper-Leben in der Gemeinschaft konfliktfrei: Etwa dann, wenn der Rasen nicht akkurat gemäht ist.Michael Baumann ist Chef des „Gartenfreunde Südost e.V.“ in Leipzig. In der Saison sorgt er täglich für Recht und Ordnung auf dem Gelände des viertgrößten Kleingartenvereins in Leipzig. Den Zustrom junger Menschen sieht er mit gemischten Gefühlen: „Es war hier immer leise, still und traditionell. Wenn dann Kinder kommen und laut sind, kann man sich ja vorstellen, wie die älteren Mitglieder das finden.“ „Re:“ über Schrebergärtner zwischen blühender Oase und kleinbürgerlicher Spießigkeit. (Text: arte)

Die 65-jährige Rozalia und ihr Mann Gheorghe leben am Rande von Tirgu Mures in Transsilvanien, in einer heruntergekommenen Herrenhausruine. Tagtäglich fahren sie mit ihrem Pferdekarren die wilden Müll-Deponien im Umkreis ab, um dort zu sammeln, was irgendwie verwertbar ist: vor allem Metall. Seit 20 Jahren bestreiten sie mit dem Müll der anderen ihren Lebensunterhalt und riskieren dabei, mit giftigen Dämpfen in Berührung zu kommen oder in den unbefestigten Müllbergen einzustürzen. Das Betreten dieser unkontrollierten Müllkippen ist gefährlich und deshalb verboten. Nach EU-Standards dürfte es die illegalen Deponien gar nicht geben. Große Sorgen, dass sein Einkommen aus dem Müll bald ein Ende haben könnte, macht sich das Ehepaar trotzdem nicht: Zwar wurde vor Jahren schon eine neue, EU-konforme Deponie mit EU-Geldern gebaut. Aber die ist bis heute nicht in Betrieb: Der erbitterte Kampf der lokalen privaten Müllabfuhrfirmen um den lukrativen städtischen Vertrag und die allgegenwärtige Korruption verzögern den Prozess. So versickert Rumäniens Müllproblem buchstäblich im korrupten Sumpf der Bürokratie und alles bleibt bis heute beim Alten.Rozalias und Gheorghes Geschichte gleicht den Schicksalen von mehr als 1.500 Rumänen, die für weniger als umgerechnet zehn Euro am Tag auf Pata Rat, der größten Mülldeponie der Region, nach Wiederverwertbarem im Unrat wühlen – darunter hunderte von Kindern. Sie alle leben von dem, was andere wegwerfen. (Text: arte)

Die 37-jährige Jana ist sterbenskrank, drei Chemo-Therapien haben keinen Erfolg gebracht. Jetzt hat sie sich entschieden, die letzte Lebensphase selbst in die Hand zu nehmen: mit einem neuen Projekt, einem eigenen kleinen Laden. Über ihre Krankheit redet sie ganz offen. Der Tod als Tabu – in England soll damit jetzt Schluss sein. Immer mehr Bürger kümmern sich darum, das Sterben ins Bewusstsein zu holen und in den Alltag zu integrieren. London erlebt gerade einen Boom der sogenannten „Death Cafés“. Dort treffen sich Menschen zum Tee, um mit Fremden über den Tod zu sprechen. Im südenglischen Plymouth werden Sterbende mit einer Vielzahl von Unterstützungsangeboten umsorgt und wieder aus den Krankenhäusern und Hospizen zurück in die Familien gebracht. Die Stadt ist wie 140 Städte weltweit eine „Caring Community“, zu Deutsch „Sorgende Gemeinde“ und verfolgt ein zukunftsweisendes Konzept. Das schwäbische Heidenheim ist die erste „Caring Community“ in Deutschland. Nachbarn schließen so genannte Wahlverwandtschaften und helfen sich gegenseitig. Wer sich gut kennt, sorgt dann auch am Lebensende füreinander. Denn Sterben beginnt dort, wo Menschen leben, lieben und arbeiten, alt werden, trauern und mit ihrer Endlichkeit zurechtkommen müssen: zu Hause. Die Beschäftigung mit dem Tod „zu Lebzeiten“ kann ein Gewinn sein. Deshalb zimmert eine Gruppe Interessierter im niedersächsischen Kirchlinteln gemeinsam einen Sarg. Dabei über Gott, die Welt und den Sensenmann reden, auch das hilft, Tod und Trauer wieder mehr in den Alltag zu integrieren. (Text: arte)

Unbekannte Länder, fremde Sprachen, holprige Schlagloch-Pisten und die Suche nach einem Platz für die Nacht – Auf Robert (36), Tobias (49) und Joris (53) wartet das große Abenteuer. Sie wollen ihren Urlaub nicht auf der Sonnenliege, sondern auf den Sitzen ihres alten Mercedes verbringen. Zum ersten Mal in ihrem Leben nehmen sie an einer Rallye teil. Ihr Teamname: „Die Marschrutka-Freunde“. Der Balkan Express führt sie – und 169 andere Teams – 4.000 Kilometer durch den „wilden Osten“. Ihre Route führt von Dresden über Länder wie Rumänien, Bulgarien, Mazedonien, Albanien und Montenegro bis nach Salzburg. Die Regeln des Veranstalters: Kein Navi, kein GPS und keine Autobahnen. Jedes Team muss mindestens 500 Euro für einen wohltätigen Zweck spenden, und die Autos müssen mindestens 20 Jahre alt sein. Am Ende gewinnt nicht der Schnellste, sondern das Team, das die meisten Aufgaben erfüllt hat.Andere Teams wie die „Kapitalismusflüchtlinge“ hat der Ehrgeiz gepackt. Um einen Platz auf dem Siegertreppchen zu ergattern ringen sie mit Bären, setzen Schafe auf den Beifahrersitz und versuchen bulgarische LKW-Fahrer im Armdrücken zu besiegen.Die „Marschrutka-Freunde“ hingegen lassen es etwas ruhiger angehen. Sie suchen nicht nur das Abenteuer, sondern peilen ein rumänisches Waisenheim an, denn sie haben gehört, dass hier Hilfe benötigt wird. (Text: arte)

Lorenz Eberhardt war erfolgreicher Unternehmer. Als es mit der Firma bergab ging, konnte er die Beiträge für seine private Krankenkasse nicht mehr zahlen und war zu alt, um in die Gesetzliche Krankenversicherung zurückzukehren. So wie Lorenz Eberhardt geht es Hunderttausenden in Deutschland: Sie sind nicht krankenversichert. Zunehmend trifft es Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, Unternehmer oder Freiberufler, aber auch Ärzte, Ingenieure, Kreative. Was geschieht, wenn sie ernsthaft erkranken? Als Lorenz Eberhardt einen Herzstillstand hatte, wurde er notoperiert. Jetzt hat er knapp 27.000 Euro Schulden bei einem Krankenhaus. Wollte er wieder krankenversichert werden, müsste er die Beiträge der vergangenen fünf Jahre zurückzahlen – etwa 50.000,- Euro – zuzüglich fünf Prozent Zinsen. Doch das ist für ihn illusorisch. Sein Unternehmen ist pleite, sein Wohnhaus wurde zwangsversteigert. Der Solinger Internist Christoph Zenses hilft seit zehn Jahren Menschen ohne Versicherungsschutz. Es sind oft schwere Fälle, die er behandelt, weil die Betroffenen den Gang zum Arzt aus Scham hinauszögern. Zu Vorsorgeuntersuchungen sind sie wegen der Kosten ohnehin lange nicht mehr gegangen. Peter Ostendorf, ehemaliger Klinikchef, hat in Hamburg eine so genannte „Praxis ohne Grenzen“ aufgebaut. Hier arbeiten insgesamt 60 Ärzte, Pfleger und Sozialarbeiter, alle ehrenamtlich. Medizinische Geräte und Arzneimittel werden über Spenden finanziert. Die Reportage zeigt, was es bedeutet, in einem reichen Land ohne den Schutz einer Krankenversicherung zu leben. (Text: arte)

Viele habe schon in einer verwegenen Stunde daran gedacht einfach abzuhauen: Hinaus in die Welt und auf die Walz. Was bei Vielen ein Traum bleibt, leben die beiden. Die Motivation für ihren Lifestyle ist die pure Lust an der Welt. Ein stetes Leben hatten beide Protagonisten satt und wollten der Routine und dem Alltag entfliehen. Sie wollen sich maximal selbstverwirklichen ohne große Fangnetze und Vollkasko. Nur wer – wie die Beiden- loslassen kann fühlt sich wohl in dieser nomadischen Welt voller Abenteuer. Für Pete als DJ ist Party und Großstadt von großer Wichtigkeit – Suparni alias Supi ist das Gegenteil sie sucht nach Spiritualität und Bewusstsein. Die beiden Charaktere zeigen die ganze Spannbreite, die die Welt der Digital-Nomaden bereithält. Auch wenn die beiden Gegenpole dieser Welt darstellen, eint sie die Art wie sie ihren Lebensunterhalt durch „remote“-Arbeit verdienen. Ermöglicht wird dies durch das digitale Zeitalter: Ein Lebensgefühl und Lebensentwurf, den es vor der Erfindung des Internets nur begrenzt gab. Aber ihr Lifestyle stößt an Grenzen, das erfährt vor allem Suparni, die sich auch Kinder vorstellen kann. Doch jemanden zu finden, den man liebt und der denselben Lebensstil pflegt ist schwer. Das beständige Reisen ist dabei ein großes Hindernis. Wenn sie keinen Partner findet, kann sie sich auch ein Leben als Alleinerziehende vorstellen. Im Gegensatz dazu ist Pete noch voll auf der Überholspur und denkt noch nicht an die Zukunft. Noch findet er gefallen an schnellen Smalltalk und den kurzen aber intensiven Bekanntschaften. (Text: arte)

Moin Uddin Ahamed kam vor acht Jahren aus Bangladesch nach Lissabon. Er landete in dem von Migranten geprägten Viertel Mouraria. „Hier sah es damals wie in einem Horrorfilm aus“, sagt er heute. Auf der Straße gehörten Drogendealer, Abhängige und Prostituierte zum Alltag. Ahamed lernte die Sprache, suchte Kontakt und hilft heute älteren Nachbarn beim Einkauf. Inzwischen hat sich das Viertel zum Szene-Bezirk für Studenten, Künstler und Touristen gewandelt – auch dank der vielen sozialen und kulturellen Initiativen der Bewohner. Sauberer ist es geworden und sicherer. Aber gleichzeitig wächst die Angst vor Verdrängung, besonders bei den Alten. Denn seitdem überall renoviert und gebaut wird, steigen die Mieten. Wenn es um mehr Sicherheit geht, wird schnell der Ruf nach „mehr Polizei“ laut. Dr. Anke Schröder weiß aber: „Man muss öffentliche Räume so planen, dass Menschen sich dort sicher fühlen und sich auch sicher bewegen können“. Die Architektursoziologin arbeitet für das Landeskriminalamt Niedersachsen. In schwierigen Vierteln analysiert Schröder die Lage vor Ort und versucht, mit Wohnungsbaugesellschaften, Anwohnern und der Polizei Lösungen zu finden. Auch das holländische Rotterdam galt lange als unsicheres Pflaster. Einige Ecken der Stadt waren so gefährlich, dass Rotterdamer sie mieden und in Reiseführern vor ihnen gewarnt wurde. Dann setzte der Bürgermeister „Stadsmariniers“ ein. Diese „Superbeamten“ mit besonderen Befugnissen sind jeweils einem Kiez zugeordnet. Sie können ohne großen bürokratischen Aufwand direkt beim Bürgermeister vorstellig werden, Probleme ansprechen und durch diesen direkten Draht auch sofort anpacken. Ein Modell, das Schule machen könnte. (Text: arte)

Die Leidensgeschichte von Alan beginnt nach Einsätzen im Falklandkrieg und zwei Golfkriegen. Der Navy-Soldat ist zunehmend aggressiv, hat Schlafprobleme und fühlt sich oft antriebslos. Alan wird aus dem Dienst entlassen. Doch erst Jahre später, nach einem Suizidversuch, erhält er endlich eine Diagnose: Er leidet unter einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung. Seine Rettung ist die gemeinnützige Organisation „Surf Action“ in Cornwall, die auf Kriegsveteranen spezialisiert ist. Wenn Alan surft, spürt er keine Wut mehr, keine Angst. Es geht nur noch um eins: die nächste Welle. Auch andere Hilfsorganisationen haben erkannt, dass Surfen die traumatisierten Soldaten zwar nicht heilen, wohl aber die Symptome lindern kann. In einem einwöchigen Surfkurs in Bude (Cornwall) helfen sich Veteranen gegenseitig zurück ins Leben. Die meisten Teilnehmer der Gemeinschaftsinitiative „Operation Surf UK“, darunter auch Ex-Soldatinnen, stehen das erste Mal auf einem Surfboard. Hilft ihnen der Wassersport, zumindest zeitweise dem Krieg im Kopf zu entkommen? Alan arbeitet heute jeden Sonntag als Freiwilliger für die „Family Ocean Therapy“ von Surf Action. Dort hilft Alan auch dem Veteran Simon. Die Familie des vierfachen Vaters wäre fast an seinem Trauma zerbrochen. Simon trank zu viel, war oft laut und aufbrausend oder zog wochenlang aus dem gemeinsamen Haus aus, weil er den Lärm der Kinder nicht ertragen konnte. Schließlich fand er Hilfe bei Surf Action. Bei seinen jüngeren Kindern will er nun nachholen, was er den Älteren verwehren musste: ein guter Vater zu sein. (Text: arte)

Erst mit Mitte 50 hat Manuel Alonso mit dem Leistungssport begonnen. Seitdem die Kinder erwachsen sind, dreht sich in seinem Leben – zum Leidwesen seiner Frau – alles um den Sport. Er trainiert jeden Tag außer freitags, läuft 70 Kilometer jede Woche. Das Wohnzimmer in Madrid ist geschmückt mit Medaillen und Pokalen. Die 1.500 Meter läuft er in 5:47,35 Minuten – Weltrekord in seiner Altersklasse der 80- bis 85-Jährigen. Die 800 Meter in 2:55,48 Minuten. Ebenfalls Rekord. Erfolg sei die beste Motivation, sagt er. „Aber in diesem Alter läuft man immer auch gegen sich selbst, gegen die eigene Bestzeit“, meint er. „Es geht nicht mehr darum besser zu werden, sondern sich nicht zu verschlechtern.“ Bei den World Masters Athletics, der Leichtathletik-WM der Senioren, muss sich Alonso gegen Spitzen-Sportler aus der ganzen Welt durchsetzen. Denn immer mehr Senioren betreiben Leistungssport – eine europaweite Entwicklung: Bei der ersten Senioren-WM 2013 in Rio de Janeiro gingen 4.000 Athleten an den Start. In diesem Jahr in Malaga sind es bereits rund 8.000 Wettkämpfer: Läufer, Hoch- oder Weit-Springer, Werfer. Die älteste Teilnehmerin kommt aus Indien und ist 102 Jahre alt.60 ist das neue 40 – wahrscheinlich ist 80 dann das neue 60. Viele Senioren sind länger gesund und fit als früher. Manuel Alonso Domingo muss sich regelmäßig beim Arzt durchchecken lassen – Belastungsproben, um zu sehen, ob das Herz und die Lungen die Anstrengungen mitmachen. „Wenn ich nicht mehr rennen könnte, wäre das eine Katastrophe. Der Sport hält mich am Leben“. (Text: arte)

Mouhamed Mbaye steht mit vollen Händen vor dem Fisch-Händler der Metro im hessischen Groß-Gerau. Heute Morgen ist die Lieferung aus dem Senegal angekommen -, und der Händler ist begeistert. Mouhamed lebt seit vielen Jahren in Europa. Lange vor der großen Flüchtlingswelle hat ihn seine Familie auf die Reise geschickt, um Geld zu verdienen im reichen Norden. Aus dem einfachen Fischer ist mit den Jahren in Spanien und jetzt in Deutschland ein Fisch-Importeur geworden -, und der hat eine Mission.“Wenn ich mit nachhaltigem Fischfang Arbeitsplätze in meiner Heimat schaffen kann, dann hält das vielleicht einige junge Menschen davon ab, ohne Perspektive nach Europa zu flüchten.“Das Geschäft lief in den ersten Jahren schleppend, jetzt hat Mouhamed einen deutschen Großhändler an der Angel und hofft, noch mehr Arbeitsplätze in seiner Heimat zu schaffen.Während die Politiker ständig von der „Bekämpfung der Fluchtursachen“ spricht, zeigt ein kleiner Unternehmer, wie es gehen kann. Nachhaltig wirtschaften, faire Löhne zahlen, Perspektiven schaffenDeutschland ist noch lange nicht Mouhameds Heimat geworden. Er hat sich in Berlin eingerichtet, aber irgendwann in der Zukunft will er wieder im Senegal leben, dort wo seine lange Reise begonnen hat. „Re:“ begleitet Mouhamed bei seiner Arbeit in Berlin und Frankfurt – und er nimmt den Zuschauer mit auf sein Fischerboot im Senegal -, denn Fischen ist immer noch seine größte Leidenschaft. (Text: arte)

Itha Safitri hat noch nie ihre Heimat Bali verlassen. Doch die 18-Jährige hat keine Zukunft im indonesischen Inselparadies. Trotz der vielen Touristen, die jedes Jahr kommen, ist es schwer, einen gut bezahlten Job zu finden. Als Küchenaushilfe verdient Itha nur wenig. Sie ist die älteste von vier Töchtern. Ihr Vater hat die Familie sitzen gelassen, weil seine Frau keinen Jungen zur Welt gebracht hat. Als älteste Tochter versucht Itha nun, ihre Mutter und die Schwestern, so gut es geht, zu unterstützen. Vor ein paar Monaten hat Itha von einen Bekannten gehört, dass ein Mann aus Deutschland junge Indonesier für eine Ausbildung in Restaurants und Hotels suche. Itha hat nicht lange überlegt. Sie hat sich beworben, angefangen Deutsch zu pauken und eine Prüfung abgelegt. Ihr Traum, eine richtige Köchin zu werden, könnte sich endlich erfüllen. Vor ein paar Wochen kam die Zusage. Ein Gasthof in Bayern suche dringend eine Auszubildende. Itha hat noch nie von Bayern gehört. Und was die Menschen dort essen, weiß sie auch nicht. Sie hat ein wenig Angst vor ihrem neuem Leben in Deutschland. Doch sie will es unbedingt versuchen, damit sie einen Teil ihres Gehaltes nach Hause schicken kann.Der Mann, der Itha nach Deutschland holt, ist selbst Gastronom. Vor ein paar Jahren wollte Wolfgang Nickel seine Ferienanlage in Sachsen-Anhalt schon zumachen, weil er keine Auszubildenden mehr fand. 12.000 Kilometer entfernt von seiner Heimat kam ihm dann die rettende Idee. Bei einer Rundreise in Indonesien fragten Freunde seines Reiseführers, ob es nicht Arbeit bei ihm in Deutschland gebe. Wenige Monate später fingen die ersten Indonesier ihre Ausbildung in seinem Betrieb an. „Die haben mir den Hintern gerettet“, sagt Wolfgang Nickel. Wie der Gastronom den Fachkräftemängel bekämpft, hat sich rumgesprochen. Wolfgang Nickel unterstützt nun auch andere Betriebe bei der Suche nach Lehrlingen. (Text: arte)

Polizeiketten drängen Menschen aus dem Wald, Kräne und Bagger zerlegen Baumhäuser von Aktivisten, ein tödlicher Unfall eines Journalisten sorgt für Ratlosigkeit – beinahe täglich ist Antje Grothus mittendrin in den Ereignissen und bei der Räumung im Hambacher Forst. Längst ist der Wald und die drohende Rodung für Grothus ein Symbol des Versagens deutscher Klimapolitik. Mit Appellen und friedlichen Demonstrationen stellt sich Grothus dem entgegen. Seit Jahren führt sie mit anderen Anwohnern eine lokale Initiative gegen den weiteren Ausbau des Braunkohle-Tagebaus von RWE. Grothus steht in unmittelbarem Kontakt zu den Baumbesetzern und will dafür sorgen, dass der Widerstand friedlich bleibt. Zwischen Baumbesetzern und Polizei vermittelt sie. Inzwischen ist sie sogar Mitglied der nationalen Kohlekommission. Im Auftrag der Bundesregierung verhandelt sie mit über die Zukunft der Kohle und einen möglichen Ausstiegstermin. Für ihre Anliegen streitet sie auch im Fernsehen bei einer Talkshow vor Millionenpublikum. Kann sie Konzernbosse und Politiker noch zum Einlenken bewegen?Auf der anderen Seite: der Polizist Ingo Mitschke, der als „Kontaktpolizist“ helfen soll, den Konflikt zu de-eskalieren. Harte Zeiten für den Polizeihauptkommissar aus Aachen. Der RWE-Konzern wird von der Landesregierung Nordrhein-Westfalens unterstützt, mehrere tausend Polizisten in schwerer Montur sind wochenlang im Einsatz. Und der wird zunehmend härter. Vor einem Jahr wurde auch Mitschke im Wald körperlich hart angegangen, was allerdings auch von vielen Baumbesetzern intern scharf kritisiert worden ist. Polizist Mitschke begibt sich weiterhin oft allein unter die vielen tausend Demonstranten und versucht, zu beruhigen und zu vermitteln: „Das Wichtigste ist doch, nie den Gesprächsfaden abreißen zu lassen.“ (Text: arte)

Über 50 Jahre lang kämpfte die ETA gewaltsam für ein unabhängiges Baskenland. Sie tötete mehr als 800 Menschen. Im Mai 2018 löste sich die Organisation endgültig auf. Was passiert mit ihren ehemaligen Mitgliedern und Unterstützern, jetzt wo die ETA nicht mehr existiert? 221 von ihnen sitzen aktuell noch in spanischen Gefängnissen, verteilt über das ganze Land, weit weg von ihren Familien. Die Angehörigen müssen für einen Besuchstermin hunderte von Kilometern fahren. Seit Jahren fordern sie ein Ende der „Zerstreuungspolitik“ und die Verlegung der Gefangenen ins Baskenland. Jetzt nach dem Ende der ETA, erwarten sie Zugeständnisse von der Regierung. Die Verlegung bleibt dabei nur ein Etappenziel. Wenn es nach den Angehörigen geht, sollen alle Gefangenen in absehbarer Zeit freikommen. Für viele Hinterbliebene von ETA-Opfern ist das allerdings unvorstellbar. Sie plädieren, auch nach der Auflösung der Organisation, für eine Politik der harten Hand.Gleichzeitig kehren aber immer mehr Gefangene nach beendeter Haftstrafe zurück in die Gesellschaft. Im Baskenland, mit seinen knapp 2,2 Millionen Einwohnern, leben sie oft Tür an Tür mit den Hinterbliebenen des Terrors.Ist ein friedliches Zusammenleben – quasi ein Neustart nach dem Ende der ETA – im Baskenland möglich? Und sind die Familien der ETA-Opfer bereit, zu vergeben? (Text: arte)

„Täglich suchen zehntausende Bulgaren illegal nach archäologischen Schätzen“, sagt Angel Papalezov, Chef einer Spezialeinheit gegen Antikenraub. In den antiken Begräbnisstätten lagern kostbare Schätze, manche im Wert von mehreren Millionen Euro. Die Spurensuche ist schwierig, denn die illegale Schatzsuche wird von den meisten Bulgaren nicht als Straftat angesehen. „Re:“ begeleitet den täglichen Kampf gegen Kleinkriminelle, Dealer und Schmugglerbanden. Aber haben die Polizisten eine Chance gegen die finanzstarken Hintermänner? Weil es in Westeuropa und den USA viele private Sammler gibt, blüht der illegale Handel mit bulgarischen Antiken. Bulgarien ist in Europa eines der Länder mit den meisten archäologischen Schätzen. Mit den systematischen wissenschaftlichen Ausgrabungen seit den 90er Jahren kamen auch die Schatzjäger. „Das ist hier ein alter Beruf, das machen hier alle“, sagt ein Dorfbewohner. Rund 25.000 Bulgaren leben aktuell von der illegalen Schatzsuche. Etwa 150.000 ziehen gelegentlich mit Spaten oder Sonde los. Viele sind arm und wollen etwas dazuverdienen. Andere hoffen, schnell reich zu werden. „Für uns wird eine Fundstelle, die von Schatzräubern durchwühlt wurde, wissenschaftlich wertlos“, sagt die bulgarische Archäologin Dr. Angela Pencheva. Die Schätze, die die Archäologen in der Region um Plovdiv zu Tage fördern, sollen später im Regionalmuseum ausgestellt werden. „Re:“ beobachtet die Wissenschaftler während ihrer Arbeit. Was finden sie? Wie gehen sie mit der ständigen Bedrohung um, und wie versuchen sie, die Funde zu schützen? (Text: arte)

John Nti wurde Anfang der 80er Jahre in der Küstenstadt Tema in Ghana geboren. Der tiefgläubige Christ und Vater zweier kleiner Kinder musste nach dem Tod seiner Mutter die Beerdigungskosten bezahlen. Dafür verkaufte er sein kleines Geschäft für Damenmode. Mit seinen letzten Ersparnissen kam er 2015 über die gefährliche Sahara-Route nach Libyen und dann mit dem Boot über das Mittelmeer bis nach Hamburg.Europa, Deutschland, Hamburg: für ihn und Millionen seiner Landsleute sind das Sehnsuchtsorte, die Hoffnung bedeuten. Denn in Ghana, wo 70 Prozent der Bevölkerung unter 30 Jahre alt sind, gab es für ihn keine Perspektive. Doch einmal in Deutschland angekommen, musste er feststellen, dass sich der Traum von einem besseren Leben nicht so einfach erfüllt. Drei Jahre lang lebt er in Hamburg ohne Papiere, Arbeit und eigene Wohnung. Damit ist er einer von ca. 4.000 Ghanaern ohne Bleiberecht in Deutschland. Anstatt auszureisen, verschwinden viele von ihnen in der Illegalität. John weiß, dass irgendwann die Abschiebung droht. Er kommt dem zuvor und organisiert mit Unterstützung des Flüchtlingszentrums Hamburg seine Rückreise nach Ghana. (Text: arte)

Merve A. aus Hamburg-Wilhelmsburg ging 2014 zum Islamischen Staat nach Syrien. Sie folgte ihrem Freund Bilal, den sie aus der Schule kannte und der sich in einer Hamburger Moschee radikalisiert hatte. In Syrien bringt Merve zwei Kinder zur Welt. Bilal stirbt bei einem Bombenangriff. Merve gerät in kurdische Gefangenschaft. Die junge Frau, mit deutscher Staatsbürgerschaft, aus Hamburg, gehört zu jenen Frauen, die an der Seite ihrer mordenden Männer jahrelang in den Hochburgen des IS gelebt haben und nun behaupten, sie hätten vom Terror nichts mitbekommen.Jetzt, nachdem der IS militärisch geschlagen ist, sitzt Merve mit ihren Kindern in einem kurdischen Internierungslager in Nordsyrien. Rund 3.000 Kilometer von Deutschland entfernt. Merves Eltern, vor 30 Jahren aus der Türkei gekommen, hatten jahrelang nicht gewusst, wo Merve sich aufhält. Jetzt wollen sie die junge Frau unbedingt wieder nach Deutschland holen und sind extra nach Syrien gereist. (Text: arte)

Maria Tamiolakis Vater ist ein Pionier der alten kretischen Weinreben. Er wollte nicht mehr nur Kopien von Bordeauxweinen keltern oder Retsina, dessen Harz den wahren Geschmack verschleiern soll. Er pflanzte wieder alte kretische Reben, Vidiano, Mandilari, Kotsifali, die es schon zu Zeiten König Minos gab, vor 3.500 Jahren. Tamiolakis Tochter Maria und ihr Ehemann Dimitri führen das Erbe ihres Vaters auf 50 Hektar Anbaufläche fort. Sie hat Weinbau in Bordeaux studiert und dort ihren Ehemann kennengelernt. Die Trauben reifen in einer atemberaubend schönen Lage: Steile, karge Berge, von der Sonne verwöhnt, kleine Felder, viel Handarbeit – kretischer Wein ist Bio-Anbau. Archäologen haben vor Kurzem eine Amphore kretischen Weines von einem ägyptischen Schiff geborgen, das vor 3.000 Jahren unterging – gekeltert aus den Reben, die heute wieder en vogue werden. Noch ist Kretas neuer Wein ein Geheimtipp: Die Tamiolakis produzieren 50.000 Flaschen pro Jahr, wollen aber bald verdoppeln. (Text: arte)

Der Bausektor gehört weltweit zu den ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren. Der Sand für die Zementherstellung wird knapp und immer teurer. Dazu kommt der hohe CO2-Ausstoß für Transport und Produktion von Beton. Ein Großteil der hochwertigen Baustoffe landet irgendwann auf der Sondermülldeponie – allein in der EU rund drei Milliarden Tonnen pro Jahr. Wiederverwertet oder recycelt wird kaum. Der österreichische Bauunternehmer Martin Rauch will deshalb auf Beton ganz verzichten. Seit 35 Jahren experimentiert er mit Lehm, einem traditionellen Baustoff, mit dem in vielen ärmeren Ländern der Welt noch heute Häuser errichtet werden. Nicht nur sein eigenes Haus baute er nach der sogenannten Stampflehmmethode, gemeinsam mit den Zürcher Boltshauser Architekten, sondern auch schon Wohnhäuser für seine Geschwister und Gewerbegebäude für Unternehmen. Jetzt möchte er mithelfen, wenn in Paris ein neues Wohngebiet aus Lehm entsteht.Die Berliner Architekten Tom Kaden und Markus Lager bauen Häuser aus Holz, einem nachwachsenden Rohstoff, der dazu auch noch CO2 bindet. Baurechtlichen Hindernissen zum Trotz, errichten sie in Heilbronn gerade Deutschlands erstes zehngeschossiges Holzhochhaus, das dazu auch noch fast vollständig zu recyclen wäre.In einem ehemaligen Erlebnisschwimmbad denkt der holländische Architekt Floris Schifferli darüber nach, wie man alte Stahlträger, Fenster oder Holzverschalungen wiederverwenden kann. Seiner Meinung nach dürfen Häuser keine Einwegprodukte bleiben. Beweisen will er seine Vision mitten in Rotterdam: Aus den Materialien eines abgerissenen Hauses entsteht dort gerade ein neues Gebäude. (Text: arte)

Vanessa Bokr ist Hundetrainerin und weiß, wie sich Bisse anfühlen. Neulich erst blutete sie im Gesicht, ein Hund hatte zugepackt, Berufsrisiko, „da habe ich einen Moment nicht aufgepasst“. Vanessa arbeitet mit auffälligen und gefährlichen Tieren. Ihre Auffangstation, die „Hellhounds Foundation“ in der Lüneburger Heide, ist für Problemhunde oft die letzte Chance, der Todesspritze durch einen Tierarzt zu entgehen. Von den 50 Hunden, die Vanessa und ihre Helferinnen betreuen, haben mehr als ein Dutzend schon Menschen angefallen. Sie versuchen, diese Hunde wieder zu resozialisieren, sie in den Griff zu bekommen.

90 Prozent der weltweiten Konsumgüter werden per Containerschiff transportiert. Auf hoher See verfeuern die Ozeanriesen meist billiges Schweröl mit hohen Schwefelgehalt. Schwarzer Ruß, die Umwelt belastende Abgase und klimaschädlicher CO2-Ausstoß. Geht Konsum nicht umweltschonender? – hat sich Andreas Lackner gefragt und eine Firma gegründet, die Fracht so transportiert wie schon vor hunderten von Jahren: mit Segeln statt mit Motor. „Es gibt zwar faire Herstellung von Produkten. Aber der Transport wird von niemandem berücksichtigt.“ Im niederländischen Den Helder bereitet er gerade die nächste Atlantik-Überfahrt des Segelschiffes „Tres Hombres“ vor. Das zweite Schiff, die „Nordlys“, soll Wein und Olivenöl von Portugal nach England und Deutschland bringen. Doch Kapitän Lammert Osinga bereitet der Wetterbericht Sorgen. Man lerne wieder mit dem Rhythmus der Natur zu leben. Aber: Funktioniert die Idee des fairen Transports? Und wer lässt sich auf dieses unberechenbare Geschäft ein? (Text: arte)

In Niedersachsen werden Einbrüche mithilfe einer speziellen Software vorhergesehen. Sie errechnet durch statistische Verfahren, wo und wann die Gefahr eines Einbruchs besonders hoch ist. Die Beamten gehen in den Gebieten verstärkt auf Streife und achten genau auf Ungewöhnliches: ein verdächtiges Auto mit ortsfremdem Kennzeichen in einem Wohngebiet? Die Polizisten kontrollieren den Fahrer und versuchen so, Einbrüche zu verhindern, bevor sie passieren.Die Münchner Polizei setzt auf so genannte „Super-Recogniser“, Menschen mit der Fähigkeit, sich Gesichter besonders gut einprägen zu können.Oft sind sie besser als technische Gesichtserkennungsverfahren. 30 Münchner Beamte arbeiten als „Super-Recogniser“. Sie finden „Gefährder“ in Menschenmengen und Gesuchte auf Kamerabildern oder identifizieren Personen anhand ihres Passbildes.Die Schweizer Ermittlungsbehörden revolutionieren die Leichenschau. In Zürich erfasst ein „Computertomogramm“ jedes noch so kleine Detail von Opfern eines Mordes oder Verkehrsunfalls. Das Ziel: jede Verletzung und jede Auffälligkeit wird für die Ewigkeit festgehalten und kann auch in einem späteren Prozess genau nachvollzogen werden. Passt die Verletzung zur vermuteten Tatwaffe? Stimmen die Aussagen des Autofahrers nach einem tödlichen Unfall? Das Verfahren, „Virtopsy“ genannt, kann dazu beitragen, die Wahrheit ans Licht zu bringen. (Text: arte)

Die Kühe sind die Mütter von Kampfstieren – ebenso wild und unnahbar wie ihre Söhne: Sie werden im Laufschritt auf den Torero zugeführt, und er muss entweder per Salto zwischen den Hörnern über sie springen oder ganz knapp so ausweichen, dass er den Körper der Kuh im Vorbeiwischen gerade noch berührt. Den Tieren wird dabei kein Haar gekrümmt, aber es kommt häufig zu Prellungen oder Knochenbrüchen bei den Toreros. Dieser traditionelle Macho-Sport, eine große Attraktion auch für die Touristen, zieht in letzter Zeit auch Frauen an, die sich in der Arena bewähren wollen. Die Teilnehmer an den Course Landaise treibt ihre Passion an, für die Tradition, für den Sport und für die Tiere. Das Publikum verehrt die Kampfkühe wie Heldinnen und bewundert die Toreros. Nach dem Ende ihrer Karriere in der Arena winkt den Kampfkühen ein schöner Lebensabend bis zum natürlichen Tod. (Text: arte)

Yvan Sagnet nennt sie Sklaven: hunderttausende Erntearbeiter aus Afrika und Osteuropa auf Italiens Feldern. Ohne sie würde in Italien keine Tomate, keine Orange, keine Olive geerntet werden. Doch sie werden ausgenutzt, leben oft unter menschenunwürdigen Bedingungen, hausen in Ruinen und sogenannten Ghettos. Im Jahr 2011 stand Yvan selbst auf den Feldern nahe der süditalienischen Kleinstadt Nardo und pflückte Tomaten. Vier Tage lang füllte er unter Schmerzen die 350 Kilo Kisten. Er verdiente 14 Euro am Tag. 10 musste er an den Caporale zahlen, für Transport, für Wasser. Caporale heißen die kriminellen Arbeitsvermittler, die die Männer kontrollieren und ausbeuten. Nach einem 14 Stunden Tag in der Hitze und unter Schlägen blieben Yvan nur 4 Euro. Er organsierte einen Streik, den ersten der Erntearbeiter. Mit Erfolg. Seitdem kämpft er für ihre Rechte und gegen die Caporale, die ihn deswegen immer wieder mit dem Tod bedrohen. Trotzdem hat er nun „NoCap“ gegründet, eine Organisation mit der er Produkte zertifizieren will, die unter ethisch korrekten Bedingungen hergestellt wurden. „Re:“ begleitet Yvan Sagnet bei seinem Kampf. (Text: arte)

Ajna Jusić ist die Tochter einer Bosniakin, die während des Jugoslawien-Krieges von einem kroatischen Soldaten vergewaltigt wurde. Jahrelang hat die junge Frau nichts von ihrer gewaltsamen Zeugung gewusst.Schätzungen des Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften gehen davon aus, dass während des Krieges 2.000 bis 4.000 bosnische Kinder nach Vergewaltigungen zur Welt gekommen sind. Von der Gesellschaft vielfach ausgegrenzt und stigmatisiert, fristeten viele der „unsichtbaren Kinder“ ein Schattendasein. Doch mit dieser Diskriminierung soll nun Schluss sein. Ajna Jusić will sie über ihre NGO „Forgotten Children of War“ zusammenbringen und ihnen eine Stimme geben. In der Gemeinschaft, so Ajnas Hoffnung, können sie das Geschehene endlich verarbeiten und sich gegenseitig therapieren. Es geht ihnen um Anerkennung und Respekt, sie wollen sich nicht länger für ihre Herkunft schämen müssen. Aber Ajna geht es noch um viel mehr: Sie will Druck auf die bosnische Regierung ausüben. Denn bis heute werden die Kinder von Kriegsvergewaltigungen offiziell nicht als Kriegsopfer anerkannt. (Text: arte)

Die Krankenschwester Alina Axinia ist die einzige medizinische Fachkraft in der abgelegenen Region im Nordosten Rumäniens – die letzte Hoffnung, die das Recht auf Gesundheit gewährleisten kann. Sie betreut vier Dörfer mit rund 1.300 potenziellen Patienten: Schwangere, Alte, Kinder. Die einzigen zwei Ärzte haben in den vergangenen Jahren die abgeschiedene Region verlassen. Alina dagegen ist gegen den Strom in die Region, die von der medizinischen Versorgung abgeschnitten ist, zurückgezogen. So muss Alina derzeit 500 akute Fälle gleichzeitig behandeln. Sie versorgt sie alle: mit Untersuchungen, Diagnosen, Medikamenten. Die Leiden reichen von einer harmlosen Erkältung über Brandwunden und Knochenbrüchen bis hin zu Krebserkrankungen und Geburten. Es gibt keine öffentlichen Verkehrsmittel und ein eigenes Auto kann sie sich nicht leisten: Wenn Krankenschwester Alina Axinia ihre Patienten in Rumänien versorgen will, muss sie laufen, zur Not auch trampen. Sie überwindet bei jeder Witterung ungesicherte, weite Wege, um von Dorf zu Dorf zu kommen. (Text: arte)

Es ist noch dunkel draußen, in dieser finsteren Gegend. Gegen acht Uhr morgens ziehen sie los, die Mitarbeiterinnen der Hilfsorganisation „Entre Amigos“ (auf Deutsch „unter Freunden“), um ihre „Problemfälle“ aufzuwecken. Zu instabil sind die Familienverhältnisse hier im Stadtviertel „Polígono Sur“, die Eltern oft arbeitslos oder drogenabhängig, haben andere Sorgen als sich um den Schulbesuch ihrer Kinder zu kümmern. Mittendrin im Viertel, das die spanische Statistikbehörde regelmäßig unter den ärmsten des ganzen Landes listet, liegt das so genannte „Las Vegas“, wo die Drogenbanden ihren Kampf um die Marktherrschaft führen und wo die Müllabfuhr nur mit Polizeischutz ihre Arbeit verrichtet. Und genau hier hat der Verein „Entre Amigos“ seinen Sitz.Der inzwischen 77-jährige Luis Martin Valverde hat die Organisation zusammen mit seiner Frau vor mehr als 30 Jahren gegründet. Der ehemalige Pfarrer schreibt gerade seine Memoiren über seine Zeit in Polígono Sur – den „3.000 Viviendas“ – so heißt das Viertel im Volksmund. Luis wollte in einem sozialen Brennpunkt die Frauen und damit die Familien stärken, den Kindern helfen, den Schwächsten in der Hierarchie. Und so führt der „Vater“ des Projekts durch diesen Film, zeigt das Elend, aber vor allem auch die vielen positiven Ansätze, um den Kindern in dieser rauen Umgebung Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu machen. Aufstehen, Zähneputzen, Waschen, Lesen, Schreiben – die zahlreichen Sozialarbeiter und Freiwilligen von „Entre Amigos“ fangen meist bei null an. Sie kämpfen gegen Vorurteile und Ausgrenzung, um diesen Kindern von Sevilla eine Chance zu geben. (Text: arte)

Sein Leben ist massiv bedroht: Hamed Abdel-Samad lebt seit fünf Jahren unter Polizeischutz. Das heißt: 24 Stunden Rundumbewachung durch eine Spezialeinheit des Landeskriminalamtes Berlin. Kein fester Wohnsitz, Bewegung in gepanzerten Fahrzeugen, sogar im Flugzeug fliegen bewaffnete Beamte mit. Grund dafür ist ein internationaler Mordaufruf von Dschihadisten und Salafisten. Die Fatwa gegen den deutsch-ägyptischen Schriftsteller ist bis heute in Kraft. Auslöser waren vor allem seine islamkritischen Thesen. „Re:“ zeigt den hohen Einsatz zum Schutz des Menschenrechts auf Meinungsfreiheit. (Text: arte)

Die griechischen Behörden werfen ihr und anderen Aktivisten der griechischen Flüchtlingsorganisation ERCI (Emergency Response Centre International) vor, Migranten bei der illegalen Einreise nach Griechenland geholfen zu haben. Eine schwere Anklage der griechischen Justiz. Sarah Mardini droht eine mehrjährige Haftstrafe. Die junge Syrerin bestreitet alle Anklagepunkte.Der Fall Sarah Mardini schlägt wieder international Wellen, genau wie vor drei Jahren bei ihrer eigenen Flucht: Damals zog sie schwimmend das sinkende Schlauchboot an Lesbos Küste und rettete so anderen Flüchtlingen das Leben.Auch in Sarahs Umfeld sind alle von ihrer Unschuld überzeugt: Mutter Mervat, die Flüchtlingshelferin Claudia Drost und der Berliner Schwimmtrainer Sven Spannekrebs. Sie glauben, dass Seenotretter zunehmend kriminalisiert werden sollen. „Re:“ über die Frage, ob Flüchtlingshelfer im Mittelmeer Retter oder Unterstützer der Schlepper sind. (Text: arte)

Kurz vor Beginn der Flüchtlingskrise 2015 überrollt ein Zug in Mazedonien 14 Flüchtlinge. Bis heute leben mehrere Familien in Deutschland in Ungewissheit, ob unter den Toten auch ihre Verwandten sind. Sie erhalten keinerlei Bestätigung, von keiner Behörde und von keiner Hilfsorganisation. Der 19-jährige Mahdi Mohebi aus Afghanistan lebt in Bremen und hat das Zugunglück überlebt. Statt seine Aussagen zu protokollieren, schob die mazedonische Polizei ihn damals sofort zurück nach Griechenland. Schlimmer ist für Mahdi jedoch: Er erhielt keine Möglichkeit, um herauszufinden, was mit seinem jüngeren Bruder Alireza passiert ist. Hat der Zug ihn verletzt? Ihn getötet? Wenn ja, was ist mit seinen sterblichen Überresten geschehen? Antworten darauf suchen auch weitere Familien wie die Hasanis in Münster und die Mahdavis in der baden-württembergischen Gemeinde Unterstadion. Zu ihren Söhnen Mohamed Hasani und Hamid Mahdavi haben sie keinen Kontakt mehr, seitdem die Freunde 2015 zusammen auf der Balkanroute in Mazedonien unterwegs gewesen sind. Wo sind die beiden Freunde? Grundsätzlich ist jeder Staat verpflichtet, jeden Todesfall auf seinem Territorium aufzuklären. Offensichtlich besteht jedoch kein ernsthaftes Bemühen, den nicht identifizierten toten Flüchtlingen auf dem Balkan ihre Identität zurückzugeben. Die Angehörigen in Deutschland halten das qualvolle Warten nicht mehr aus. Sie wollen jetzt zurück auf die Balkanroute. „Re:“ begleitet sie auf ihrer Spurensuche in Mazedonien. Werden sie Antworten auf ihre drängendste Frage finden: Was geschah mit ihren Familienmitgliedern? (Text: arte)

Der 97-jährige Martin Arnal hat jahrelang dafür gekämpft, die Leiche seines Bruders zu exhumieren. Der wurde im spanischen Bürgerkrieg erschossen und in einem Massengrab in Huesca verscharrt. Vor mehr als 80 Jahren tobte in Spanien ein grausamer Bürgerkrieg, danach regierte General Franco bis zu seinem Tod 1975 mit eiserner Hand. Der Krieg und die anschließende Diktatur prägen das Land bis heute. Um den Übergang zur Demokratie versöhnlich zu gestalten, wurden die Gräuel der Franco-Zeit vielfach verdrängt. Ein Amnestiegesetz verhindert, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, und eine unselige Allianz zwischen Staat und Kirche trägt noch immer dazu bei. Die Absicht der neuen linken Regierung, die Gebeine Francos aus dem „Tal der Gefangenen“ zu exhumieren, erhitzt nun die Gemüter. Zwei politische Blöcke stehen sich unversöhnlich gegenüber. Der Historiker und Publizist Antonio Gomez bemüht sich um die Aufarbeitung der Vergangenheit. Vor einigen Jahren hat er in Madrid den Verein Europa Laica (Laizistisches Europa) gegründet. In der Verbindung von Staat und Kirche sieht Antonio einen der Hauptgründe, warum die Vergangenheits-Bewältigung in Spanien so schwierig ist. Er versucht auf vielfältige Weise, die massiven Verflechtungen der katholischen Kirche mit dem Franquismus offen zu legen. Für Martin Arnal bedeutet es viel, dass sein Kampf Erfolg hatte und er endlich von seinem Bruder würdig Abschied nehmen kann. „Ich habe es nicht nur für meinen Bruder durchgefochten“ sagt er „sondern für alle Opfer des Franquismus.“ (Text: arte)

Geschenkpapier, das Augen strahlen lässt, aber ohne Plastik, Metall und giftige Farben auskommt – und das nach der Bescherung nicht gleich Sondermüll wird, sondern komplett recycelt werden kann.Diese Idee hat der österreichische Druckexperte Gugler zusammen mit der Münchnerin Sarah Kessler entwickelt. Die junge Unternehmerin hat im Keller ihres Elternhauses – neben Beruf und Familie – das Start-Up „PlanetPaket“ gegründet. Die beiden Geschäftspartner verbindet eine gemeinsame Vision: Weihnachten ohne schlechtes Gewissen feiern zu können.Aus demselben Grund reist Michael Kraus jeden Herbst tausende Kilometer nach Georgien. Hier ist die Heimat des beliebtesten Weihnachtsbaumes der Deutschen: der Nordmanntanne. Mehr als 20 Millionen werden jedes Jahr verkauft. Ihre Samen werden tief im Kaukasus unter lebensgefährlichen Bedingungen geerntet. Ungesichert klettern die Männer in die 60 Meter hohen Wipfel, um die Zapfen zu pflücken, und das für einen kümmerlichen Lohn. Die dänische Firma „fair trees“ will die Arbeit der Zapfenpflücker in schwindelerregender Höhe endlich sicher machen: Sie hat Seile, Klettergurte und Helme im Gepäck und zahlt faire Löhne.Aus den georgischen Samen werden in Deutschland kleine Setzlinge gezogen, die auf Plantagen zu Weihnachtsbäumen heranwachsen. Dabei kommen für gewöhnlich gefährliche Pestizide zum Einsatz, die nicht nur der Umwelt schaden, sondern mit den Tannen auch den Weg in unsere Wohnzimmer finden. Günther Marx aus dem Spessart züchtet neuerdings Bio-Tannen. Noch liegt der Marktanteil für Öko-Bäume unter einem Prozent, doch der Pionier glaubt fest daran, dass künftig mehr Menschen fair und nachhaltig Weihnachten feiern wollen. (Text: arte)

Antisemitische Straftaten in Frankreich nehmen zu. Nach Angaben der französischen Regierung ist die Anzahl antisemitischer Übergriffe in den ersten neun Monaten des Jahres um fast 70 Prozent gestiegen. Samy Ghozlan, den in Frankreich alle nur den koscheren Cop nennen, will nicht mehr länger tatenlos zusehen. Der ehemalige Polizist ist selbst Jude und wurde mehrfach attackiert. Aus Angst um seine Familie ist er vor fast vier Jahren nach Israel ausgewandert. Aber der Kampf gegen den Antisemitismus in seiner Heimat lässt ihn nicht los. Immer wieder kommt er zurück nach Paris. Hier hat er eine Organisation gegründet, die Antisemitismus erkennen und verfolgen will. Und er hilft den Opfern, wenn ihnen sonst keiner hilft.Wie zum Beispiel Stella: Sie wurde in ihrer Wohnung überfallen, ihr Auto mit Davidsternen beschmiert. Aus Angst hat sie ihr zu Hause am Rand von Paris Hals über Kopf verlassen und ist in einen anderen Stadtbezirk gezogen. Ghozlan hat ihr dabei geholfen. Für den 76-jährigen ist die Geschichte von Stella kein Einzelfall. Er kennt viele Juden, die die Vorstädte verlassen, weil sie sich dort nicht mehr sicher fühlen. Er spricht von einem „neuen Antisemitismus.“ Früher seien es vor allem rechtsextreme Täter gewesen, heute hätten viele Attacken einen muslimischen Hintergrund.Unterstützung bekommt Ghozlan von seinem Freund Hassen Chalghoumi. Der Pariser Imam spricht offen wie kaum ein anderer islamischer Geistlicher über Antisemitismus unter Frankreichs Muslimen. Gemeinsam kämpfen die beiden gegen antisemitische Vorurteile und für ein friedliches Zusammenleben. (Text: arte)

Ob ein Kind im Mutterleib gesund ist, kann heute sehr genau festgestellt werden. Viele Frauen nehmen die vorgeburtliche Diagnostik wahr, um die weitere Schwangerschaft beruhigt genießen zu können. Doch was, wenn etwas nicht stimmt? Dann stehen sie vor der quälenden Frage: Schaffen wir das Leben mit einem behinderten Kind oder nicht? Monika und Olaf Körs mussten innerhalb weniger Tage diese weitreichende Entscheidung treffen. Sie entschieden sich für ihre Tochter Charlotte – trotz der Diagnose Down-Syndrom. „Re:“ zeigt ihren Alltag – und welchen gesellschaftlichen Druck die Möglichkeiten der Pränatalmedizin erzeugen können. (Text: arte)

Der „Zwarte Piet“ ist für viele Niederländer Teil ihrer Kultur, für Dunkelhäutige jedoch häufig eine Erinnerung an die Sklaverei. Sie nutzen die „Sinterklaas-Paraden“ für lautstarken Protest. Mit zornigen Traditionalisten gab es im letzten Jahr schon bei der Anreise Konfrontationen.In Almelo besteht Martin Kroeskop stoisch auf dem „Zwarten Piet“: „Mit einem gelben oder roten Piet gäbe es hier Bürgerkrieg“, fürchtet der Organisator des Volksfestes. In Amsterdam und Utrecht ist der „Schwarze Peter“ bereits abgeschafft – übrigens auf Empfehlung der Vereinten Nationen. Das war zu viel für Gerard Bloemink: nach 30 Jahren als schwarz angemalter Nikolaus-Helfer geht er kopfschüttelnd in den Ruhestand. (Text: arte)

Antje hat einen Traum: für ihre beiden Töchter „endlich eine ganz normale Mama“ zu sein. Seit Jahren ist die zweifache Mutter abhängig von Crystal. Doch sie kämpft gegen die Sucht an. Denn sie droht, ihre Kinder zu verlieren.Ihre letzte Chance ist ein Projekt des Uniklinikums Dresden. Ärzte und Therapeuten versuchen dort, Schwangeren und Müttern aus der Crystal-Sucht zu helfen, damit sie ihre Kinder behalten können. Vor vier Monaten hatte sich Antje bei „Mama denk an mich“ angemeldet. Für ihre Kinder. Doch dann wurde sie rückfällig.Die Klinik kam dahinter, ein Drogentest überführte sie. Crystal ist in ihrem Umfeld in Sachsen weit verbreitet und leicht verfügbar. Dazu noch günstig. Von Sachsen ist es nur ein Katzensprung ins Nachbarland Tschechien, wo direkt hinter der Grenze Crystal in großen Mengen produziert und nach Deutschland geschmuggelt wird. Zum Beispiel von Susanne. Sie dealt seit Jahren mit Crystal Meth. Einmal in der Woche fährt sie mit dem Zug nach Tschechien. Auf einem Markt gibt es die Droge an fast jedem Stand unter dem Ladentisch zu kaufen. Susanne schmuggelt sie im Körper über die Grenze. Erwischt wurde sie bisher nicht. Doch die Polizei schläft nicht und versucht den immer neuen Tricks der Dealer auf die Spur zu kommen.Antje darf noch einmal einen Therapie-Versuch bei „Mama denk an mich“ starten. Schafft sie es wieder nicht, drohen ihr harte Konsequenzen: Das Jugendamt könnte ihre Töchter in die Obhut einer Pflegefamilie geben. Antje will durchhalten. Gelingt ihr dieses Mal der Absprung von der gefährlichen Droge? (Text: arte)

Nur wenige Schritte vom Bahnhof des 25.000-Einwohner-Städtchens Ventimiglia entfernt, betreibt Delia Buonomo das kleine Bistro „Hobbit“. Bis zum Sommer 2015 war ihr Café sehr beliebt bei den Einwohnern von Ventimiglia. Die älteren Männer aus der Nachbarschaft spielten dort stundenlang Karten, aßen und tranken. Doch dann kamen die Flüchtlinge. Vor drei Jahren fing alles an, als Delia auf dem Bürgersteig vor ihrer Bar Mütter mit ihren Kindern weinen sah – vor Hunger. Delia bat sie herein, gab ihnen zu essen und zu trinken. Ihre Solidarität sprach sich schnell herum, die Flüchtlinge nennen sie heute „Mamma Africa“. Allen voran der Sudanese Jacopo Osman Mohammad, der für Delia mittlerweile eine Art Sohn geworden ist. Doch die Nächstenliebe wird für Delia zum Problem: Weil sie die Geflüchteten oft gratis versorgt, droht ihr selbst inzwischen die Pleite. Denn viele ehemalige Stammkunden meiden heute ihr Bistro. Manche beleidigen und bespucken Delia sogar. „Re:“ berichtet über einen italienischen Grenzort, der mit der aktuellen Flüchtlingssituation völlig überfordert scheint, und über eine Frau, die selbstlos ihr Leben der Hilfe für Andere widmet. (Text: arte)

Die Tierschützerin folgt mit ihren Kollegen heimlich Transportern. Sie berichtet über ungeeignete Tränkesysteme, dokumentiert Missstände, schreibt Beschwerden und Anzeigen. Immer wieder alarmiert sie die Polizei, die Transporter dann stoppt. Die Bilanz solcher Kontrollen: unversorgte, geschwächte oder eingeklemmte Tiere. Bei den Beamten ist Baumgärtner eine respektierte Praktikerin. Im EU-Parlament tritt sie als Expertin bei Anhörungen auf. Die Ungerechtigkeit gegenüber Tieren treibt sie an. „Kälber sind ein Nebenprodukt der Milchindustrie“, sagt Baumgärtner. In der EU gibt es etwa 20 Millionen Milchkühe. Und ohne Kälber keine Milch. Für die Milchbauern sind die Tiere oft eine Belastung. Sie sind fast nichts wert. Es lohnt sich nicht, sie lange auf dem Hof zu füttern. Sobald sie nach dem Gesetz transportfähig sind, werden sie oft in Mastbetriebe gefahren. Die langfristige Lösung ist für Baumgärtner ein Kurswechsel in der Agrarpolitik. Doch bis dahin sei es ein weiter Weg. Vorerst ist ihr Ziel eine Begrenzung des Transports von Jungtieren auf acht Stunden. (Text: arte)

„Du sitzt in deinem Lastwagen und fährst wie jeden Tag deine Ware zu den Kunden. Auf der Morandi-Brücke regnet es so stark, dass man nichts sehen kann. Plötzlich hörst du ein höllisches Krachen und alle Autos vor dir auf der Autobahnbrücke verschwinden im Nichts…““Du bist bei der Arbeit, in deiner Firma unterhalb der Brücke, lädst vom Lastwagen Kabel zum Recyceln ab, plötzlich hörst du quietschende Reifen, du schaust nach oben und als die Staubwolke sich lichtet, ist die Brücke nicht mehr da. Gleich danach eine erschreckende Stille…““Du kommst mit deiner Mutter aus dem Urlaub und kannst nicht mehr in dein Haus unter der Brücke. Sperrzone. Du weißt, wärst du nicht in den Urlaub gefahren, wärst du jetzt vielleicht nicht mehr am Leben. Einerseits bist du dankbar, aber dann das Leben im Hotel, ohne deine vertraute Umgebung, weit weg von deinem Viertel. Täglich Staus, weil deine Stadt in zwei Teile zerrissen wurde. Und das seit bald drei Monaten.“Stillstand. Der einzige Lastwagen, der immer noch auf der Brücke steht, ein Mahnmal. Ein Mahnmal ist aber auch die zerbrochene Brücke selbst – für Schlamperei, für Chaos, für Gewinnsucht. Für die 43 Todesopfer und ihre Hinterbliebenen eine mörderische Brücke seit dem 14. August 2018. (Text: arte)

Zum Beispiel in Südafrika. Es ist das erste Land der Welt, das für seine Volunteer-Projekte ein Qualitätssiegel erstellt hat. Seit Juni 2016 nehmen Freiwillige in zertifizierten Projekten der örtlichen Bevölkerung keine Jobs weg, sondern schaffen im Idealfall neue, da die Volunteers zertifizierte Betreuung bekommen. Zum Beispiel bei der Interaktion mit Kindern und Wildtieren, die nur noch unter Begleitung von Fachkräften erlaubt ist. Mit Babylöwen in einer Aufzuchtstation kuscheln, ist unter dem Zertifikat nicht mehr möglich.Auch in Deutschland denkt man weiter. Der Senior Expert Service paart Anfragen von Organisationen aus Schwellen- und Entwicklungsländern mit Berufstätigen und Rentnern, die vor Ort als „Experten“ ihr im Berufsleben angehäuftes Wissen weitergeben. Der Wiesbadener Agraringenieur und Ökobauer Dr. Ralf Schaab „opfert“ so seit bald 20 Jahren einen Teil seines Jahresurlaubs, um Organisationen auf der ganzen Welt zu helfen. In Marokko hilft er einem Ökobetrieb mit geistig beeinträchtigten Angestellten, endlich schwarze Zahlen zu schreiben.Reisen und dabei Gutes tun geht aber auch in der Heimat: mit „Wwoofing“. Das heißt: vier bis sechs Stunden Arbeit am Tag, in der Regel auf einem Bauernhof. Dafür gibt es Kost und Logis umsonst. Frau Ehnes vom Eulenhof im baden-württembergischen Dogern nimmt seit sechs Jahren Wwoofer auf und ist begeistert. Denn die Wwoofer sind hochmotivierte Leute mit großem Wissenshunger, die schnell lernen und ihr richtig viel Arbeit auf dem Hof abnehmen. (Text: arte)

Als „Angel Radio“ noch ein illegaler Piratensender war, da steckte an der Tür zum Sender der Schlüssel außen. „Wir wollten nicht, dass die Polizisten bei jeder Razzia die Tür eintreten. Das wurde langsam teuer“, erzählt Tony Smith, Gründer und Hauptmoderator des speziellen Senders. „Angel Radio“ ist ein Sender von alten Menschen für alte Menschen. „Aber wenn die Polizisten kamen, waren sie immer sehr freundlich. Wir hören euer Programm doch auch gerne, haben sie gesagt, aber ihr habt keine Lizenz.“ Das ist längst Vergangenheit: seit 18 Jahren sendet „Angel Radio“ aus Havant in Südengland.Mildred French ist 86 und kommt mit ihrem Rollator nur mühsam in das winzige Studio. Aber sobald Mildred sitzt, spielt sie die Musikwünsche ihrer Hörer und erzählt kleine Geschichten aus ihrem Alltag über eine gescheiterte Paketannahme oder den Geschmack ihrer frisch geernteten Bohnen. „Viele unserer Hörer führen höchstens einmal monatlich ein Gespräch mit einem Freund oder Verwandten, sie sind total einsam.“ „Angel Radio“ ist buchstäblich ihre Rettungsleine. „Wir spielen ihre Musik und wir sprechen ihre Sprache. Früher hieß „wicked“ zum Beispiel „schlecht“ oder „mies“. Heute meint das gleiche Wort „gut“. Alles ist irgendwie auf den Kopf gestellt.““Angel Radio“ ist komplett spendenfinanziert. Als kürzlich der Sender auf der nahegelegenen Isle of Wight ausfiel und ein neuer unbezahlbar erschien, erhielt Tony Smith plötzlich einen großzügigen Scheck von einem sehr reichen, auch schon betagten Förderer: Keith Richards von den Rolling Stones. „Angel Radio“ sendet heute ein stärkeres Signal als je zuvor. (Text: arte)

Und wenn der Himmel dann auch noch wolkenbehangen ist, – also alles grau in grau erscheint -, dann erst recht. Chiara Carucci weiß, wovon sie spricht. Seit drei Jahren lebt die aus Italien stammende Lichtdesignerin in Stockholm. Skandinavier, sagt sie, – insbesondere die Schweden -, hätten ein anderes Verhältnis zum Licht und zur Dunkelheit. Sie respektierten die Dunkelheit mehr. Das sehe man auch daran, wie sie mit Licht umgehen. Es sei anders als im restlichen Europa. Das natürliche Licht spiele eine große Rolle. Die preisgekrönte schwedisch-serbische Lichtkünstlerin Aleksandra Stratimirovic pflichtet ihr bei. Die schwedische Natur spielt eine große Rolle in ihrer Kunst. „Re: Winter in Schweden“ entführt die Zuschauer in eine Welt diffusen Lichts und kuscheliger Dunkelheit. So wie es die Natur vorgibt, so wie es die Menschen hier seit Jahrhunderten erleben. (Text: arte)

Palermo gilt als eine der ärmsten Städte Europas, jeder vierte ist arbeitslos, Tausende strömen nach Norden. Aber Vicenzo, gelernter Zahntechniker, wollte bleiben. Jetzt sitzt er in Palermo auf einem kleinen Bänkchen mitten auf der Straße und putzt Passanten, die über ihm thronen, die Schuhe. Auch Enza, einst Fabrikarbeiterin und Sebastiano, Familienvater und Notar, polieren jeden Morgen fremde Schuhe auf Hochglanz. Plauderei mit den Kunden inklusive. Was zunächst als Protestaktion gedacht war, ist für alle zum Arbeitsalltag geworden. Wie fühlen sie sich dabei? „Re:“ über den Stolz der Sciuscià. (Text: arte)

Auf der Insel Uummannaq, in der Abgeschiedenheit West-Grönlands, finden verwaiste und misshandelte Inuit-Kinder zurück zu ihren Wurzeln. Im nördlichsten Kinderheim der Welt sollen ihnen grönländische Traditionen und Werte dazu verhelfen, sich von der Vergangenheit zu lösen, eine neue Identität und neues Selbstvertrauen zu entwickeln. Viele von ihnen haben Schreckliches erlebt: Der Vater des 15-jährigen Timmi hat sich umgebracht, seine Mutter wurde von ihrem Freund getötet. Oft sind die Eltern der Kinder Alkoholiker, überfordert mit der Erziehung, depressiv oder verstorben. Grönland hat eine der höchsten Selbstmordraten der Welt. Laut dem Kinderhilfswerk UNICEF hat jeder fünfte Grönländer mindestens einmal versucht, sich das Leben zu nehmen. Auch junge Menschen zwischen 15 und 29 sind besonders gefährdet. Im Kinderheim auf Uummannaq sollen Timmi und 34 andere Kinder sich von ihrer traumatischen Vergangenheit befreien und ihren Platz im Leben finden. Kann das gelingen? (Text: arte)

Der Kampf für oder gegen die Bären in den Pyrenäen – dafür stehen zwei Männer mit an vorderster Front: Der Schafzüchter François Thibaut lebt in der Region Ariège, dort rissen die Bären seit April 2018 allein 74 Schafe. Er ist gegen die Aussetzung neuer Bären. Für den Touristenführer Adrien Rousseau ist der Bär eine Legende, er ist sehr dafür, die Bärenpopulation zu verstärken. Bären gab es hier schon vor 250 000 Jahren – in den 1990er Jahren aber waren es nur noch sechs auf der französischen Seite. Damals begann man, neue Bären auszusetzen, zumeist importiert aus Slowenien, gemäß der Fauna, Flora, Habitat EU-Richtlinie von 1992. Heute sollen es wieder 43 Bären sein. Die Schafzüchter sind voller Wut über die Öko-Politik ihrer Regierung. Die Bären-Freunde werfen ihnen vor, maßlos zu übertreiben. Die staatlichen Behörden wollen die Natur schützen und die natürliche Fauna restaurieren. Ein großes Thema: Wie schaffen wir es, die Natur zu schützen und sie mit den Menschen zu versöhnen? (Text: arte)

Es ist eine einzigartige Reise, zu der die Regensburger Domspatzen im September 2018 aufbrechen: Denn erstmals in der mehr als 1.000-jährigen Geschichte reist der berühmte Knabenchor ins Heilige Land. Und das ist gerade für ein Ensemble, das regelmäßig die Gottesdienste im Regensburger Dom begleitet, ein besonderer Ort. Seit 25 Jahren leitet Domkapellmeister Roland Büchner die Domspatzen und seitdem träumt er von dieser Reise. Kurz vor seinem Ruhestand geht dieser Traum nun in Erfüllung. Doch die 85 Jungs wandeln nicht nur auf den Spuren Jesu, sondern begegnen auch der eigenen Geschichte. Denn in der NS-Zeit war der Knabenchor gern gesehener Gast bei Adolf Hitler. Das alles spielt in Israel eine Rolle, besonders beim Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Aber auch ein anderes Thema, das man längst aufgearbeitet glaubte, überlagert plötzlich die Reise.

Teuta Krasniqi gibt heute bei der Probe wieder alles. Der Solistin des kosovarischen Nationalballetts liegt das anstehende Stück besonders am Herzen, denn ihr Kollege Sinan Kajtazi, ebenso Tänzer der Truppe, hat es selbst komponiert und choreografiert. Teuta und die anderen Künstler proben im Keller des Theaters in der Hauptstadt Pristina. In einem Raum, der viel zu klein ist für die 20 Tänzerinnen und Tänzer – und für ihre großen Träume. Die 28-jährige Teuta gilt als die beste Ballerina Kosovos, doch sie weiß selbst nicht, wie lange sie dort noch leben wird. Obwohl sie Primaballerina am Nationalballett ist, kann sie sich keine eigene Wohnung leisten und lebt immer noch bei ihren Eltern. Luljeta Ademir, die seit 17 Jahren im Ensemble ist, gibt Kindern Ballettunterricht, um über die Runden zu kommen. Sinan Kajtazi will mit seinem jüngsten Werk auch auf die Situation der Tänzerinnen und Tänzer des Nationalballetts aufmerksam machen.

Nur wenige Schritte von der Fußgängerzone Perpignans mit ihren hübschen Boutiquen und schicken Restaurants entfernt, beginnt eine andere Welt. Im Stadtteil Saint-Jacques leben die Sinti nach ihren eigenen Regeln und Traditionen. Die Stadtverwaltung will dem nun ein Ende setzen.Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung haben die Behörden damit begonnen, ein massives Sanierungsprogramm durchzuführen. Der Bürgermeister spricht von einer einmaligen Chance für das Viertel und seine Einwohner. Doch die Sinti befürchten, dass sie vertrieben werden sollen. Über 50 alte Häuser wurden bereits abgerissen. Ihre Einwohner mussten Saint-Jacques größtenteils verlassen. Alain „Nounours“ Gimenez ist in dem Stadtteil aufgewachsen. Zusammen mit einer Gruppe Gleichgesinnter hat er die Abrissbagger im Sommer vorerst aus dem Viertel vertrieben. Seitdem liegen die Arbeiten brach, die Sanierung wurde zu einem nationalem Politikum.

Einar Guðmundsson hält jede Menge Rekorde: die schnellste Überquerung des riesigen Eisfeldes Vatnajökull, die einzige Besteigung mehrerer gefrorener Wasserfälle und der kombinierte Anstieg mit Skiabfahrt in vier Stunden auf den Öraefajökull. Doch jetzt ist die Bevölkerung um den derzeit gefährlichsten Vulkan der Insel mehr als angespannt. Er pumpt sich auf, durch zusätzliches Magma in seinen Tiefen. Fast täglich kommt es zu kleineren Erdbeben. Ein Besuch bei Einar, der „seinen“ Vulkan schon mehr als 300 Mal bestiegen hat, bei Menschen, die sich fürchten und bei Forschern in der Hauptstadt, die das für angemessen halten. (Text: arte)

Im Sommer hat Orbáns Fidesz-Partei mit ihrer Zweidrittelmehrheit eine Verfassungsänderung verabschiedet, die den „gewöhnlichen“ Aufenthalt im öffentlichen Raum verbietet. Seit Mitte Oktober ist das Gesetz in Kraft. Auf der Straße zu leben, steht nun unter Strafe. Dabei haben Tausende keine andere Wahl. Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen gibt es nur 11.000 Plätze in Notunterkünften für 30.000 Obdachlose. Auch für Zoltán Hóbor ist eine Obdachlosenunterkunft keine Option. „Dort gibt es viel Streit, du wirst bestohlen und verprügelt“, erklärt der 52-Jährige. Seit sieben Jahren lebt er auf dem Moricz-Zsigmond-Platz in Budapest. Er ist krank und kann kaum laufen. Einige Anwohner geben ihm Essen und etwas Geld. Doch die ersten kalten Nächte, seine Verhaftung und der Gerichtsprozess haben Zoltán zugesetzt. Ágnes Kalota ist besorgt um ihn. Die Anwältin vertritt unentgeltlich Obdachlose vor Gericht und hat auch Zoltán verteidigt. Seine zweite Prozessrunde steht noch bevor. Kalota engagiert sich gemeinsam mit anderen Anwälten dafür, dass das Gesetz revidiert wird. Sie haben bereits eine Beschwerde beim ungarischen Verfassungsgericht eingereicht. Doch bis es zu einer Entscheidung kommt, wird noch viel Zeit vergehen – für Zoltán vielleicht zu viel. Er will und kann seinen Platz nicht mehr verlassen. Auch Szandra und Péter wurden schon von der Polizei verwarnt. Seitdem haben sie sich aus der Budapester Innenstadt zurückgezogen und versuchen Verstecke in den Wäldern der Randbezirke zu finden. Doch sichere Plätze sind inzwischen härter umkämpft denn je. (Text: arte)

In Russland mit seinen 145 Millionen Einwohnern gibt es nur knapp zwei Dutzend Frauen, die als Truckerinnen ihren Lebensunterhalt verdienen. Nicht, weil es zu wenige Bewerberinnen gibt, sondern weil der Job per Gesetz als zu gefährlich gilt, um ihn von Frauen ausüben zu lassen. Dennoch setzen sich einige Russinnen über das Verbot hinweg und sitzen hinter dem Steuer eines großen Lasters. So wie Nastja: Sie ist 34 Jahre alt und wohnt mit Ehemann Andrej und Tochter Viktoria in St. Petersburg. Seit zehn Jahren fährt sie LKW. Die Strecken sind lang, denn die Bezahlung hängt von den gefahrenen Kilometern ab. Im Schnitt verdient Nastja umgerechnet 1.000 Euro pro Monat, worauf sie stolz ist, denn das ist deutlich mehr als der Durchschnittsverdienst in Russland. Zugleich liebt Nastja die Abwechslung, die ihr der Beruf verschafft: „Wenn ich zwei Wochen zu Hause bin, wird es mir langweilig, und ich will wieder fahren.“ Wenn Nastja unterwegs ist, übernimmt ihr Mann die häusliche Rolle, versorgt das Kind und kümmert sich um den Haushalt. Auch Julia fährt beruflich einen 15-Tonner. Dass LKW-Fahrerinnen in Russland Exotinnen-Status haben, zieht für die 30-Jährige ganz praktische Konsequenzen nach sich. So muss sie, wenn sie auf einem Rasthof duschen möchte, alle Kabinen mieten, weil es keinen abgetrennten Sanitärbereich für Frauen gibt. „Re:“ zeigt zwei ungewöhnliche Fernfahrerinnen, die viele Tonnen Güter sicher durch die Weiten Russlands transportieren. (Text: arte)

Der Staat Norwegen unternimmt viel dafür, dass die Straftäter auf das Leben nach der Strafe vorbereitet werden. Auf der Insel Bastøy sind kaum Wachen, und die sind sogar unbewaffnet. Das Konzept heißt Vertrauen, und tatsächlich ist noch nie etwas passiert. Aber ist das noch Strafe? Oder Urlaub auf Kosten der Allgemeinheit? Keine Gitter oder Mauern: Die Häftlinge wohnen in WGs, haben Zugang zu scharfen Messern und Motorsägen.Im Blues House probt Jens mit seiner Band. Jens ist ein verurteilter Mörder und jetzt nach jahrelanger Abhängigkeit endlich clean. Auf Bastøy hat er die Möglichkeit, Musik zu machen. Mit seiner Band Skyldig som faen (Schuldig wie die Hölle) tritt er sogar außerhalb der Gefängnisinsel auf. Nicht nur Jens, auch die Gefängnisleitung ist fest davon überzeugt, dass er sich gebessert hat und wieder in die norwegische Gesellschaft integriert werden kann. 15 verurteilte Mörder wohnen zurzeit in Bastøy. Im Schnitt wurden die 120 Bewohner zu Haftstrafen von über sechseinhalb Jahren verurteilt. (Text: arte)

Eine Möglichkeit: Bulgarien. Das südosteuropäische Land hat sich langsam zu einem El Dorado der Startup-Szene entwickelt. „Wir haben uns konkret für Sofia als Ort zum Gründen entschieden“, sagt Janis Schmidt aus Köln. Denn in Bulgarien zahlt man pauschal nur zehn Prozent Einkommensteuer. Die Lebenshaltungskosten sind im Vergleich zu Deutschland sehr niedrig. Und es gibt noch einen weiteren wichtigen Vorteil: Viele gut ausgebildete IT-Fachkräfte! Auch England wappnet sich für die Zukunft. Dort werden bereits die Kleinsten ans Programmieren heranführt. Seit 2014 ist Informatik Pflichtfach für alle Schüler zwischen fünf und 14 Jahren. Mindestens zwei Programmiersprachen müssen sie lernen. „Oft geben wir den Kindern ja genau vor, was sie tun sollen“, sagt die Grundschullehrerin Rebecca Williams. „Aber wenn wir bereits die ganz Kleinen an logisches Denken und Programmieren heranführen, lässt sie das später viel flexibler im Denken und Handeln werden. Sie stellen fest, dass die erstbeste Antwort nicht immer auch die richtige ist.“ Was der politische Wille für Start-ups möglich macht, lebt Frankreich gerade vor. So hat Präsident Emmanuel Macron im Sommer 2017 mit der „Station F“ den weltgrößten Inkubator für junge Unternehmen eröffnet. Und lockt damit Gründer aus der ganzen Welt an. Sein Ziel: die Startup-Nation Nummer eins in Europa zu werden. (Text: arte)

Die Bombenexplosion von Anfang Oktober 2018 ist aber ist nur der Anfang einer tragischen Woche für die italienische Journalistin. Ihr Leben hängt an einem seidenen Faden, weil sie über die italienische Mafia berichten. „Re:“ hat Federica in dieser für sie lebensbedrohlichen Zeit mit der Kamera begleitet.Paolo Borrometi zählt die Tage bis zum nächsten Attentat gegen ihn. Der sizilianische Reporter wurde vor vier Jahren brutal zusammengeschlagen, später wurde sein Haus in Brand gesetzt. Den Zorn der Kriminellen haben seine Artikel über die Geschäfte der Mafia mit dem „roten Gold“ verursacht. Damit bezeichnet man die Kirschtomaten, die von kriminellen Familienunternehmen billig produziert und auf dem europäischen Markt angeboten werden. In Folge seiner Artikel haben die kriminellen Unternehmen Aufträge in Höhe von Millionen Euro verloren und deshalb entschieden, dass der Journalist sterben soll. Paolo hat die höchste Form vom Polizeischutz bekommen: Vier Leibwächter verfolgen ihn überall; im Haus, in dem er jetzt wohnt, sind rund um die Uhr Soldaten. „Ich habe meine Freiheit verloren“, sagt Paolo, „dafür habe ich aber die Freiheit, meine Pflicht als Journalist zu erfüllen: Ich darf meine Leser informieren, koste es was es wolle“. Die Reportage begleitet Paolo im Alltag unter permanenter Bewachung, bei seiner Arbeit für den Fernsehsender TV2000, bei dem er Interviews über die Mafia mit Staatsanwälten, Richtern und Kronzeugen führt. Sie beobachtet ihn außerdem bei einem heiklen Dreh an einem geheimen Ort. Auch in diesem Fall wird es um die Geschäfte der Mafia gehen. Und vier Leibwächter werden ihn überall hin begleiten. (Text: arte)

„Wie beschämend! Meine Krähen sammeln ein, was Menschen achtlos wegwerfen“, sagt Christophe Gaborit und legt die Stirn in Falten. Gaborit ist Falkner, er arbeitet im Freizeitpark Puy du Fou in Frankreichs Westen, eine Stunde von der Atlantikküste entfernt. Auf dem Parkplatz des historischen Themenparks bringt Gaborit die Besucher zum Nachdenken. Mit seinen fünf abgerichteten Krähen reinigt er den Boden von Plastikmüll. Vor allem Zigarettenstummel und kleinere Kunststoffteile picken die Vögel auf und fliegen sie zu einer Holzkiste. Die Filter enthalten Mikroplastik. Gaborit leistet so seinen Beitrag zu einer plastikfreieren Zukunft. Ein Ziel, das er mit Manon Cuillé teilt, die in Paris für Zero Waste Frankreich arbeitet. Manon ist Yogalehrerin und Umweltingenieurin. Recycling ist nicht die Lösung – Müll vermeiden, wo es geht, lautet ihr Motto. Das gilt vor allem für Plastikverpackungen. In Niort begleitet „Re:“ Manon bei einem Seminar, in Paris geht sie in Restaurants, um wiederverwertbare Behälter anzupreisen. In der Banlieue von Paris ist Fanny Vismara zuhause. Sie koordiniert die französische Bewegung „Plastic Attack“, ein loser Bund von Bürgern, die mit Protestaktionen in Supermärkten das Augenmerk der Konsumenten auf die Vermüllung des Planeten lenken wollen. Alle drei Akteure verfolgen ein Ziel: Sie möchten die Öffentlichkeit für die ökologische Verantwortung jedes einzelnen Bürgers sensibilisieren. Die französische Regierung hat Plastikgeschirr und Trinkhalme aus Kunststoff verboten. Aber allein in Paris werden jedes Jahr 315 Tonnen Zigarettenstummel weggeworfen. Also eigentlich genug Arbeit für Christophes fliegende Müllabfuhr aus dem Puy du Fou. (Text: arte)

Selma Seddik, Freke van Nimwegen und Bart Roetert betreiben in den Niederlanden drei Restaurants nach dem Prinzip „Lebensmittelrettung“. Sie nutzen fast ausschließlich Produkte, die für den Müll bestimmt waren – Obst und Gemüse, das nicht mehr verkauft, aber noch verzehrt werden kann, Brot vom Vortag oder Fischbestände aus Überproduktion. Außerdem lassen sie besondere Biere brauen – aus geretteten Kartoffeln und Brot. Über 500.000 Kilo Lebensmittel konnten Selma und ihr Team so schon vor dem Müll bewahren. In Köln treibt sich Nicole Klaski immer wieder auf den Äckern von Biohöfen herum. In Absprache mit den Landwirten sammelt sie krummes oder zu klein geratenes Gemüse, das bei der Ernte liegen geblieben ist. Die geretteten Lebensmittel bietet sie – ebenso wie abgelaufene (aber genießbare) Supermarktwaren – in ihrem Laden „The Good Food“ in Köln an. Es ist der erste Laden dieser Art in Deutschland. Die Kunden bezahlen, was ihnen die Ware wert ist. Am Ende der Erntesaison steht für den jungen Mosterei-Besitzer Achim Fießinger aus Ketzür eine ganz besondere Aktion an. Zusammen mit Gleichgesinnten erntet er die öffentlichen Apfelbaumalleen in der Umgebung ab und verarbeitet die Früchte zu frischem Saft. „Es hängt tonnenweise Obst dran, das nicht genutzt wird“, so Achim Fießinger. „Die tollen Äpfel fallen runter, liegen im Dreck und verkommen – das kann nicht Sinn der Sache sein“. (Text: arte)

Die Morgenroutine von Fteim Almousa ähnelt der unzähliger Mütter: Sie weckt ihre vier Kinder, sorgt für ein ordentliches Frühstück und schickt sie pünktlich in die Schule. Doch seit über drei Jahren passiert all das über das Videotelefon. Denn die Syrerin lebt in Baden-Württemberg, ihr Mann mit den Kindern in einem Flüchtlingslager im Nord-Libanon. Als Fteim 2015 nach Deutschland kam, hoffte sie ihre Familie bald nachholen zu können. Doch dann wurde der Familiennachzug ausgesetzt. Für die 49-Jährige eine Katastrophe. Die jahrelange Trennung und die Ungewissheit drohen die Familie zu zerstören, besonders die Kinder leiden.Im August 2018 gibt es neue Hoffnung. Das „Familiennachzugneuregelungsgesetz“ tritt in Kraft. Es betrifft subsidiär Geschützte – also Menschen, die zwar keinen Asyl- oder Flüchtlingsstatus haben, im Herkunftsland aber vom Tode bedroht sind. Sie können jetzt Ehepartner und minderjährige Kinder nach Deutschland holen. Ob Fteim von dieser Regelung profitiert, ist völlig ungewiss. Maximal 1.000 Familienangehörige dürfen pro Monat nachziehen, und selbst diese Zahl wurde bislang nicht erreicht. Wieder heißt es warten für Fteim. Sie hofft, durch ein Gerichtsverfahren doch noch als Flüchtling nach der Genfer Konvention anerkannt zu werden und damit einen Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung zu erstreiten. Doch das kostet Zeit. Ihre älteste Tochter Riham ist inzwischen volljährig geworden und damit vom Familiennachzug ausgeschlossen. Die Familie droht auseinander zu brechen. (Text: arte)

Dimitar Gumnerov ist Händler auf Bulgariens größtem Automarkt in Sofia. Gerade macht er einen gebrauchten Diesel flott. „Ich kann nicht verstehen, wie ein Westeuropäer so staubige und dreckige Autos fahren kann“. Damit meint er den Zustand des Wageninneren. Denn in Bulgarien sind Diesel beliebt, täglich holen Händler ausrangierte Diesel aus Westeuropa ins Land.Gumnerov bestellt seine Gebrauchtwagen vor allem in Italien und Deutschland. Seit der Diesel in Deutschland in Verruf geraten ist, hat er die Wahl. Die Deutschen wollen selbst neuere Diesel-Modelle loswerden, die Bulgaren nehmen sie mit Kusshand. Das Geschäft floriert.Stefan Dimitrov passt das gar nicht. Zum Selbstkostenpreise verteilt der Unternehmer und Familienvater Messstationen an Freiwillige, um Fakten zur Luftverschmutzung zu sammeln. Denn gerade jetzt im Winter hat Sofia ein riesiges Problem damit. Die Stadt liegt im Tal, und die kalte Luft aus den Bergen legt sich wie eine Glocke über die Stadt, die schmutzige warme Luft kann nicht entweichen. Eine Studie besagt, dass der Verkehr eine Hauptursache für die schlechte Luft ist. Die Autoflotte ist alt.Auf seiner Internetseite AIR.bg laufen die Daten der Selfmade-Messstationen zusammen. Jeder kann sie einsehen. Stefans Hoffnung: damit auch die bulgarischen Diesel-Fans zum Umdenken zu bewegen. Denn für ihn ist saubere Luft ein Menschenrecht. Er selbst hat sich deshalb gerade als einer der ersten Bulgaren ein E-Auto gekauft. Doch das ist für Gumnerovs Kunden nicht drin. Sie setzen weiter auf erschwingliche Diesel-Gebrauchtwagen aus dem Westen. (Text: arte)

Finn Braun gehört zu den größten deutschen Nachwuchstalenten im Skispringen. Sein Traum: Weltcup und Olympiateilnahme. Seit September geht der 16-Jährige in ein Sportinternat. Dafür verlässt er Eltern, Freunde und muss sein Leben komplett den Anforderungen des Leistungssports unterordnen. Dr. Anja Hirschmüller kennt den Druck des Profisports und seine gesundheitlichen Gefahren. In einer Schweizer Klinik behandelt sie Leistungssportler und arbeitet präventiv für einen gesünderen Spitzensport. Ein Film über die Faszination und den Preis sportlicher Weltrekorde. (Text: arte)

Wojciech – genannt Wolle – und Darek sind in den Straßen von Berlin unterwegs – Tag und Nacht. Sie halten Ausschau nach Obdachlosen aus Polen, leuchten die dunklen Ecken von Parks aus, sehen unter Brücken nach. Ihr Ziel: die Landsleute nach Hause zu holen.Berlin gilt als eine der Hochburgen der Obdachlosigkeit in Europa. Laut Schätzungen leben 8.000 bis 10.000 Menschen auf der Straße, davon 70 % Osteuropäer. 2.000 Polen sollen darunter sein. Sie kamen in der Hoffnung auf Arbeit und ein besseres Leben nach Deutschland – und landeten im Elend. Trotzdem wollen viele nicht zurückkehren. Aus Scham versagt zu haben oder schlicht, weil sie zu tief in die Drogensucht und den Alkoholismus abgerutscht sind.2017 wuchs der Berliner Verwaltung das Problem über den Kopf, sie schlug einen härteren Kurs gegen Obdachlosigkeit ein und bat osteuropäische Regierungen um Hilfe. Polen reagierte und beauftragte die polnische Hilfsorganisation BARKA mit einem Modellprojekt. Doch die bereitgestellten Mittel sind knapp. Sie reichen grade mal für ein Vierteljahr Arbeit von Wolle und Darek. 20 Polen sollen sie in diesem Zeitraum mindestens zurückbringen. Die Hoffnung ist groß, dass dann weitere Gelder bewilligt werden – auch von deutscher Seite.Keine leichte Aufgabe. Manchmal bekommen die Sozialarbeiter Flüche und schroffe Zurückweisungen zu hören, wenn sie Obdachlose gezielt auf Polnisch ansprechen und ihnen Hilfe anbieten. Doch sie lassen sich nicht entmutigen. Darek, selbst ehemaliger Obdachloser in London, weiß: Man kann niemanden zu Hilfe zwingen. Und: Alles braucht seine Zeit. (Text: arte)

Szandra ist Webcam-Girl in Budapest. Ihr Job ist es, mit Männern im Internet zu chatten und sich vor der Kamera für sie auszuziehen. Und weil ihre besten Kunden in Amerika sitzen, klingelt ihr Wecker jeden Morgen schon um drei.Aufreizend geschminkt und leicht bekleidet, sitzt sie am Computer in einem eigens dafür eingerichteten Studio. Sie erfüllt sexuelle Wünsche von Männern, die irgendwo auf der Welt am Rechner sitzen und ihr Anweisungen geben. Je nachdem, wie weit die Männer mit ihr gehen wollen, müssen sie für ihre Dienste bezahlen. Sie selbst beharrt darauf, dass sie trotzdem keine Prostituierte ist.Von jedem Euro, den ein Mann im Internet für Szandra ausgibt, erhält sie nur 30 Cent. Denn Studio-Betreiber und Webcam-Seiten im Internet verdienen an den Mädchen mit.Dennoch ist Szandras Einkommen doppelt so hoch wie der ungarische Durchschnittsverdienst. Der seelische Preis ist hoch: „Wer diesen Job macht, der hasst Menschen“, sagt die 25-jährige. „Ich kenne niemanden, bei dem es nicht so ist.“Niedrige Löhne und schlechte Jobperspektiven treiben immer mehr gut ausgebildete Frauen in Osteuropa dazu, als Webcam-Girl zu arbeiten. Ein neuer Zweig beim Geschäft mit dem Sex, der der milliardenschweren Pornoindustrie Konkurrenz macht. (Text: arte)

Was anfangs nur ein spontaner Protest gegen hohe Spritpreise war, hat sich binnen kurzer Zeit zu einer Massenbewegung entwickelt: In Frankreich halten die „Gilets Jaunes“ das Land in Atem. Die „Gelben Westen“ sind zum Synonym geworden für die Wut über die Reformpolitik des französischen Präsidenten Macron und zu seiner bisher größten Herausforderung im Amt. Die Aufständischen werfen Macron vor, ein Repräsentant der Reichen zu sein und die Nöte der einfachen Bürger zu ignorieren. Losgetreten wurde die Protestwelle von der Bretonin Jacline Mouraud. Eine Videonachricht bei Facebook, in der sie ihrem Zorn freien Lauf lässt, machte die 51-jährige Mutter von drei Kindern berühmt. Seitdem gilt Mouraud als eine Art Anführerin der Bewegung, sie tritt häufig in Talkshows auf und attackiert Politiker. Hinter den „Gilets Jaunes“ stecken weder Oppositionspolitiker noch Gewerkschafter, die Protestkundgebungen werden fast ausschließlich über das Internet organisiert. Die politischen Forderungen der Demonstranten: niedrigere Steuern, höhere Renten, mehr Mitsprache. Sie fühlen sich abgehängt von der Pariser Elite, sind frustriert und verzweifelt darüber, dass die Privilegierten des Landes für die Belastungen und Abstiegsängste der Mittelschicht vermeintlich kein Interesse zeigen. „Re:“ hat Jacline Mouraud bei ihrem Kampf gegen Macron begleitet und spürt den Gründen der aufgestauten Empörung der Protestbewegung in Frankreich nach. (Text: arte)

Finnland ist das Vorzeigeland in Europa, wenn es darum geht, Leute von der Straße zu holen. Die Strategie: „Housing First“. Die Menschen sollen zuerst in einer eigenen Wohnung leben – ganz egal, ob sie drogensüchtig oder arbeitslos sind. Dann können sie sich allen weiteren Problemen widmen. Die Idee dahinter: Mit einem dauerhaften Dach über dem Kopf lässt sich wieder zurück ins Leben finden. Finnland hat es so geschafft, die Anzahl der Langzeitwohnungslosen innerhalb von acht Jahren um 35 Prozent zu reduzieren. Für ehemalige Obdachlose wie Katja hatte die Wohnung eine enorme Bedeutung. Sie gewann einen Rückzugsort, Privatsphäre. Und gleichzeitig Anerkennung: „Anderswo war ich eine Drogenabhängige und Diebin. Aber hier wurde ich akzeptiert wie ich war. Ich brauchte mich nicht zu schämen für das, was ich war.“ Unterstützung bekommen die ehemaligen Obdachlosen von Sozialarbeitern wie Elina Liikanen. Wie klappt der Weg zurück von der Straße ins Leben? (Text: arte)

2017 gelingt dem Solo-Extrembergsteiger Jost Kobusch die Erstbesteigung des Nangpai Gosum II im nepalesisch-chinesischen Grenzgebiet. Der 7.296 Meter hohe Gipfel zählte bis dahin zu den höchsten unbestiegenen Bergen der Erde. „Das ist eines der letzten echten Abenteuer, die man noch erleben kann“, sagt Deutschlands jüngster Himalaja-Bergsteiger.Jost zieht es dorthin, wo noch niemand vor ihm war und wenn doch, wählt er andere Routen, um zum Gipfel zu kommen. Immer alleine unterwegs, ohne Hilfsmittel oder Sherpas.Mit zwölf Jahren beginnt er mit dem Klettern, weil er seine Höhenangst überwinden will. Jost ist im bürgerlichen Leben Student für Sports Engeneering an der TU Chemnitz, aber seine Passion ist das Solo-Extrembergsteigen. Der 26-Jährige entstammt keiner Bergsteiger-Familie, im Gegenteil: Sein Geburtsort in Nordrhein-Westfalen liegt 135 Meter über dem Meeresspiegel. Auslöser seiner Leidenschaft ist die Kletter-AG in der Schule.Erst mit 17 Jahren wagt sich Jost in die Berge, mit 18 folgt die erste Expedition in den Himalaja. 2015 überlebt Jost im Mount Everest Base Camp ein Lawinenunglück, bei dem 19 Menschen starben. Am 1. Mai 2016 erreicht der Solo-Alpinist ohne die Zuhilfenahme von künstlichem Sauerstoff den 8.091 Meter hohen Himalaja-Gipfel Annapurna. Damit ist er der jüngste Bergsteiger, der es auf diesen Gipfel geschafft hat. Aber warum steigt der 26-Jährige immer wieder auf in Todeszonen, in denen er ohne künstlichen Sauerstoff kaum überleben kann?“Solobergsteigen ist für mich eine Form von Meditation. […] Am Berg bin ich zwar allein, aber ich bin nicht einsam“. (Text: arte)

Was ist Kunst, was ist eine Fälschung? Für Manches sind Kunstfreunde bereit, erstaunliche Summen zu bezahlen. Im renommierten Auktionshaus Lempertz zieht in Berlin die bevorstehende Auktion einer einmaligen Porzellansammlung aus dem frühen 19. Jahrhundert Sammler aus der ganzen Welt in ihren Bann. Die „Twinight Collection“ des New Yorker Magnaten Richard Baron Cohen kommt unter den Hammer. 20 Jahre lang hatte er Unsummen investiert und sie auf der ganzen Welt zusammengekauft, aber: „Meine Söhne mögen das Porzellan nicht. Wenn jemand die Sammlung zerschlägt, dann bin ich es selbst“, erklärt Baron Cohen. Doch was werden sie im Einzelnen bringen? „Man weiß vorher nie, was passiert“, erklärt Auktionator Kilian Jay von Seldeneck, „Manches floppt wider Erwarten, und dann gehen manchmal die Preise auch durch die Decke.“ Was ist echt, was nicht? Martin Janssen macht Haushaltsauflösungen und betreibt in Bremen ein Geschäft für „Antikes und Kurioses“: „Ich erlebe immer wieder, dass Leute gar nicht wissen, was für Schätzchen sie da Zuhause haben“, so Janssen. Doch auch das Gegenteil kommt vor: Da entpuppt sich das vermeintlich kostbare englische Porzellan, das ihm angeboten wird, als eher durchschnittliche Massenware. Was ist wertvoll, was ist eine Enttäuschung? Manchmal schwer zu sagen – besonders, wenn man selbst kein Experte ist. Wie Paul van Tongeren. Er meint, im Besitz einer Skulptur aus dem Frühwerk des berühmten Bildhauers Ernst Barlach zu sein. Er will Gewissheit und macht sich auf, um sich Expertisen von Fachleuten in Museen und Auktionshäusern geben zu lassen. (Text: arte)

In deutschen Kliniken gibt es zu wenig Hebammen. Wegen schlechter Arbeitsbedingungen kündigen immer mehr Frauen ihren Job. Die Folge: Schwangere müssen abgewiesen werden, Kreißsäle schließen. Und das bei steigender Geburtenrate. Bei ihrer Arbeit in einer Hamburger Klinik versucht Hebamme Maria Preßentin, die Frauen trotzdem mit viel Ruhe und Zuwendung bei der Geburt zu unterstützen. Das ist nicht immer einfach. Hebamme Susanne Lohmann arbeitet aus diesem Grund nur noch freiberuflich in der häuslichen Betreuung. Auch hier sind Hebammen Mangelware, denn die Wochenbettbetreuung ist schlecht bezahlt und nicht planbar. Susanne Lohmann sucht eine politische Lösung. Sie glaubt, Hebammen in Deutschland sollten sich ganz neu organisieren. (Text: arte)

Anna Caroline Hein hat ein Herz für komplizierte Charaktere. Neben ihrem Hundehotel betreibt sie eine Auffangstation für Wolf-Hund-Mischlinge. Fast jede Woche bekommt sie Anfragen, doch ihre Kapazitätsgrenze ist längst erreicht. Denn in Europa gibt es nicht nur den Markt für die zwei anerkannten Wolfhunderassen, sondern auch einen Graumarkt für Wolfshybriden, wie man die Mischlinge auch nennt. Die Tiere mit unterschiedlich hohem genetischen Wolfsanteil werden unter anderem aus den USA eingeführt. Für die Behörden ist dabei nur sehr schwer zu kontrollieren, ob es sich um erlaubte Wolfshunde oder um unter Artenschutz stehende Wildtiere handelt.Gelangen solche Tiere auch in die Natur? Manche Schafhalter glauben das. Sie vertrauen den Genanalysen des in Deutschland zuständigen Instituts nicht und haben Gen-Proben von gerissenen Tieren von einem privaten forensischen Labor prüfen lassen. Nun gibt es Streit, denn das Labor behauptet, dass Mischlinge einige der Tiere gerissen haben. Wolfshundeliebhaber glauben an eine Hetzkampagne gegen ihre Tiere, Wolfsexperten an den Versuch, gezielt Ängste gegenüber Wölfen zu schüren.Anna Caroline Hein ist sich unsicher. Sie fragt sich, wohin all die faszinierenden, jungen Mischlinge verschwinden, mit denen sich ihre Halter in den sozialen Netzwerken präsentieren. Nach dem Motto: Je wölfischer der Hund, desto cooler der Besitzer. Die Hundekennerin liebt ihre Schützlinge und versucht sie an geeignete Halter weiterzuvermitteln. Gleichzeitig fordert sie dringend mehr Aufklärung und die kontrollierte Überwachung der Zucht von Tieren mit hohem Wolfanteil. (Text: arte)

Mathieu Yonnet fährt schon seit 17 Jahren auf See, um die wilden Jakobsmuscheln zu fischen. Er profitiert heute davon, dass die Generation der Fischer vor ihm, in der Normandie und der Bretagne, aus ihren Fehlern lernten und sich strenge Regeln auferlegten, die heute noch gelten. Sie fischen nur vom 1. Oktober bis 15. Mai, 2 Stunden pro Tag, Montag bis Donnerstag, und nur Muscheln ab einer Größe von 11 Zentimetern.Sie halten sich strikt daran, denn es lohnt sich: In den letzten Jahrzehnten erholten sich die Bestände so gut, dass sie im vergangenen Jahr 63.000 Tonnen wilder Muscheln ernten konnten – ein Rekord, und das mit Nachhaltigkeit. Gendarmerie und Küstenschutz wachen auf hoher See über die Einhaltung dieser Regeln. Allerdings liegt ein Teil der wilden Muschelgründe in den internationalen Gewässern. Da gibt es in den letzten Jahren immer wieder Ärger mit britischen und irischen Fischern, die sich an keine Regel halten wollen. (Text: arte)

Microsoft, Facebook, Amazon und Google machten aus dem alten Hafen von Dublin die Silicon Docks. Nagelneue Büropaläste und Apartmenthäuser für die Mitarbeiter. Alles sehr teuer. Michelle findet es richtig, dass Irland die Großen mit niedrigen Steuern herlockt. Aber sie sieht auch die Kehrseite: Das alte Dublin zerfällt, die Mieten steigen, und schon 150.000 Menschen leben in Notunterkünften. Michelle hat eine schöne Wohnung und dazu ein altes Reihenhäuschen. Das übergibt sie jetzt einer obdachlosen Familie. „Re:“ trifft Menschen, die den Verfall und die Spaltung Dublins nicht mehr hinnehmen wollen. (Text: arte)

Der Imbiss-Unternehmer Tim Koch aus Essen will im Jubiläumsjahr das Ruhrgebiet als wahre „Heimat der Currywurst“ ausrufen. Begründung: Die in Soße getränkte Wurstspezialität sei mit den amerikanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg nach Deutschland gekommen – und die seien schließlich früher im Ruhrgebiet gewesen als in Berlin.Darüber kann man in Berlin nur lachen. Das Familiengeschäft „Konnopke’s Imbiss“ existiert seit nunmehr 85 Jahren, hat die DDR überlebt und floriert heute mehr denn je. Im Jahr 1960 verkaufte Gründer Paul Konnopke die erste Ost-Berliner Currywurst, nur wenige Jahre nach der angeblichen Erfindung durch die Berlinerin Herta Heuwer und ihre Patentanmeldung der Wurst-Erfindung. Doch die Zeiten ändern sich: Wo früher die Arbeiter der Republik verköstigt wurden, lassen es sich heute Touristen und Hipster schmecken – vorzugsweise „ohne Darm“ und gerne als „Menü“ mit Pommes.Nun haben auch noch die Stadt Hamburg und der Unternehmer Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe ihre Urheberschaft angemeldet. Aber wer hat das Land als erster mit Currywürsten beglückt? Das abschließende Urteil der Historiker steht noch aus. Aber egal, wo sie herkommt: Die Erfolgsgeschichte der Currywurst steht beispielhaft für das deutsche Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg. Und weil sich der Geschmack der Kundschaft langsam ändert, bietet man inzwischen auch vegetarische und sogar vegane Varianten an. (Text: arte)

Neil Harbisson ist ein Vorreiter der Cyborg-Bewegung. Der von Geburt an farbenblinde britische Künstler ist der erste offiziell von einer Regierung anerkannte Cyborg. Vor einigen Jahren ließ er sich von einem befreundeten Chirurgen eine Antenne mit einem kleinen Farbsensor in seinen Schädel einpflanzen. Nach drei Monaten hatte sie sich fest mit seinem Schädelknochen verbunden. Der Sensor erkennt die Farben, ein Mikroprozessor übersetzt sie in Töne. Seitdem nimmt Harbisson Farben als Klänge wahr. Das Implantat hat er sich nicht aus einer medizinischen Notwendigkeit einsetzen lassen. Ihm geht es um die Erweiterung der menschlichen Sinne. Mit dieser Botschaft tourt der 34-Jährige als Cyborg-Aktivist um die Welt, hält Vorträge, organisiert Konferenzen und Workshops.Mittlerweile ist Harbisson nicht mehr alleine. Mit Gleichgesinnten gründete er in Barcelona die Transspecies Society. Ihr Ziel: Andere Menschen dabei unterstützen, auch zu Cyborgs zu werden. Das Netzwerk umfasst bisher Ingenieure, Künstler, Philosophen und Anwälte. Die Mitglieder treffen sich regelmäßig, um zusammen neue Sinnesorgane zu entwickeln und sie sich gegenseitig unter die Haut zu setzen. „Re:“ war dabei. (Text: arte)

„Russland will unsere Region destabilisieren, um sich das, was es 2014 nicht bekam, nun über wirtschaftlichen Druck zu holen.“ Davon ist Oleksandr Oliynyk, Direktor des Hafens Mariupol, überzeugt,Seit Beginn des Krieges in der Ostukraine leidet die Wirtschaft Mariupols, und der Güterumschlag des Hafens ist drastisch zurückgegangen. Spätestens mit der Eröffnung der Brücke von Kertsch, die die annektierte Halbinsel Krim mit dem russischen Festland verbindet, hat sich die Situation in den ukrainischen Häfen im Osten noch mal verschlimmert: Große Frachtschiffe, die höher als 33 Meter sind, können sie nicht mehr anfahren.Dazu kommen die Kontrollen des russischen Grenzschutzes und der Küstenwache des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, die die Schiffseigner tagelange Wartezeiten und damit Geld kosten. Immer mehr Reedereien wollen die ukrainischen Häfen im Osten nicht mehr anfahren.“Natürlich haben wir Angst, unsere Arbeit zu verlieren“, klagt Hafenarbeiter Artjom, der schon seit einiger Zeit nur noch vier Tage in der Woche arbeiten kann. Sergej von der Werft nebenan hat diese Maßnahme erst in diesem Jahr ereilt. Alle spüren den zunehmenden Druck und die Übermacht Russlands. Bei manchem wächst die Angst, dass der Krieg bald auch Mariupol erreichen könnte.Die Reportage begleitet Menschen in Mariupol und Berdjansk durch ihren Alltag – unweit der Frontlinie. Ihre Existenz ist eng mit dem Asowschen Meer verbunden und droht nun zwischen die Fronten im Russland-Ukraine-Konflikt zu geraten. (Text: arte)

Der Tag schien für Christian immer in weiter Ferne zu liegen, aber jetzt ist er da: Seit dem 21.12.2018 wird keine Kohle mehr gefördert, die Kumpel sind mit den letzten Abrissarbeiten unter Tage betraut und bereiten sich parallel auf ihren ganz großen Auftritt im Rampenlicht vor. Matthias Bohm, Gründer der jungen Gladbecker Modefirma „Grubenhelden“, verarbeitet abgelegte Bergmannskleidung zu neuer Mode. Für sein Debüt auf der Fashion Week in New York nimmt er, neben professionellen Models, echte Bergmänner mit.In ihrer dunkelsten Stunde unternehmen die Kumpel eine verrückte Reise in eine andere Welt. Kohlestaub trifft Paillette: Die Bergmänner sind die wahren Underdogs auf einer der bedeutendsten Modemessen der Welt.Doch die wirklich große Herausforderung ist eine andere – Wie wird es in Zukunft weitergehen? Welche Perspektive haben die jungen Bergmänner? Was passiert mit den älteren Kumpel? Die Gemeinschaft, in der sie sich im wahrsten Sinne des Wortes auf Leben und Tod aufeinander verlassen haben, wird es bald nicht mehr geben. Ihre Heimat wandelt sich, und sie müssen neue Wege gehen. (Text: arte)

Der Landarzt stirbt aus – fast überall. Doch wer behandelt künftig die Menschen in den Dörfern? Im deutschen Odenwald gründen die letzten Landärzte eine Genossenschaft und locken junge Ärzte mit Nine-to-Five-Jobs. Im französischen Vogesendorf Oberbruck chattet die Bergbäuerin per Video mit ihrem Arzt, und der Ortsvorsteher kämpft für die Zukunft des telemedizinischen Kabinetts. In Basel sitzt Digitalarzt Manuel Puntschuh in einem Callcenter und behandelt Patienten aus der ganzen Schweiz per Telefon. Medikamente und Krankenscheine gibt es ganz ohne Körperkontakt. Hat hier die Zukunft schon begonnen? (Text: arte)

Die lokale Politik in der Stadt am Schwarzen Meer ist von Korruption durchsetzt. Dubiose Geschäftsleute haben nicht nur beste Verbindungen in die Politik, offenbar ist sogar der Bürgermeister von Odessa selbst Teil des Problems. Zurzeit muss er sich vor Gericht wegen mutmaßlicher massiver Korruption verantworten. 2018 gab es landesweit mindestens 145 Angriffe auf Aktivisten, die auf Missstände in der Ukraine aufmerksam machten. Die Akteure der Zivilgesellschaft werden bedroht, zusammengeschlagen, ihre Autos werden abgefackelt, sie werden mit Messern angegriffen oder mit Schwefelsäure übergossen. Die Auftraggeber werden nur selten ermittelt, denn Justiz und Polizei dienen allzu oft den falschen Herren. Fünf Jahre nach der Maidan-Revolution sind die kleptokratischen Eliten von früher noch immer mächtig. Ob die Präsidentschaftswahl am 31. März daran etwas ändern wird? (Text: arte)

Nirgendwo läuft das Geschäft mit dem Fußball so gut wie in Europa. Ein System, das darauf ausgelegt ist, immer neue, immer bessere und vor allem auch immer jüngere Top-Spieler zu „produzieren“. Mittlerweile haben bereits 12-Jährige professionelle Spielerberater. Der Traum ist teuer erkauft: bis zu achtmal Training die Woche und kaum noch Freizeit. Der 17-jährige Innenverteidiger Jordi Bongard ist schon weit gekommen: Er lebt im Nachwuchsleistungszentrum des deutschen Fußball-Erstligisten Borussia Mönchengladbach. Im Leistungszentrum ist Jordis Leben streng geregelt – Schule und Fußball, dazwischen essen und schlafen. Viel mehr gibt es nicht. Aber der 17-Jährige ordnet seinem Traum alles andere unter. Er weiß, dass dieses harte Training notwendig ist, um ganz nach oben zu kommen. Aktuell gibt es 54 Leistungszentren in Deutschland; junge Spieler, die es bis hierhin geschafft haben, gelten als Spitzentalente, und dennoch wird nur ein Bruchteil von ihnen den Weg in die Bundesliga schaffen. Wird Jordi darunter sein?Nicht nur auf ihm und seinen Teamkollegen lastet enormer Druck, auch die Vereine konkurrieren hart um die besten Nachwuchstalente. Transfersummen in Millionenhöhe sind auch für 16-jährige Spieler längst keine Seltenheit mehr. „Re:“ aus dem harten Alltag der jungen Spitzenspieler. (Text: arte)

Alain Gauthier steht mit seiner Frau am Völkermord-Mahnmal in der ruandischen Hauptstadt Kigali. Dafroza Gauthier ist selbst Ruanderin – ihre Mutter wurde beim Genozid vor 25 Jahren getötet.Damals schaute die Weltgemeinschaft tatenlos zu, während in Ruanda innerhalb weniger Wochen hunderttausende Tutsi und Regimegegner von der Hutu-Mehrheit umgebracht wurden.Bis heute fühlen sich viele der Überlebenden des Genozid im Stich gelassen. Denn die Mühlen der Justiz mahlen langsam, und viele Täter konnten einer Strafe bis heute entkommen. Das wollen Alain und Dafroza Gauthier nicht akzeptieren. Sie wollen die Täter finden, die sich in Europa versteckt halten.Wer konnte, der floh und tauchte unter, so verschlug es auch einige Völkermörder nach Europa. Besonders Frankreich galt lange als sicherer Unterschlupf, weil es als einziges Land niemanden nach Ruanda ausliefert.Drei Urteile gegen Völkermörder gab es bisher in Frankreich – eine Quote, die für Alain Gauthier inakzeptabel ist. Er vermutet, dass in seinem Heimatland viele weitere Täter leben.Etwa 40 Anklagen gegen mutmaßlich Völkermörder hat Alain Gauthier mit seinem Kollektiv für Zivilkläger aus Ruanda (CPCR) in den letzten 20 Jahren eingereicht. Doch sein Kampf für Gerechtigkeit ist ein Wettlauf mit der Zeit. Die Suche nach belastbaren Zeugen wird von Jahr zu Jahr schwieriger. (Text: arte)

7.000 Füchsen, Mardern und Waschbären hat Frederik Daniels das Fell im letzten Jahr über die Ohren gezogen. Daniels leitet die deutschlandweit bisher einzige Tier-Abgabestation in Raststatt in Baden-Württemberg und ist einer von vorerst zwei Mitarbeitern des Pilotprojekts „Fellwechsel“. Mit dem Projekt will der Deutsche Jagdverband etwas für sein Image tun. Das Argument der Jäger: Wildtiere wie Füchse müssen ohnehin zur Waldpflege geschossen werden. Nun sollen zumindest die Felle nicht mehr entsorgt, sondern weiterverarbeitet und verkauft werden. „Das ist nicht nur nachhaltiger, sondern vermindert auch Billigimporte aus Fernost und grausame Zuchthaltung“, so Daniels. Das sieht Revierförster Mario Natale aus Saarlouis im Saarland anders. Natale war früher selbst einmal Jäger und ist heute erbitterter Gegner der Jagd. Natale befürchtet, dass die Jagd auf Füchse weiter intensiviert werden könnte. „Ich verstehe, dass Menschen sich gern mit diesem schönen Tier schmücken wollen, doch mir ist ein Fuchs, der sich bewegt, lieber als ein toter Fuchs.“ Mario Natale hält den Jägern Zahlen entgegen: Im letzten Jagdjahr wurden mehr als 400.000 Füchse von Jägern erlegt. Wenn man nun aktuell rund 7.000 Felle nutzt, sei das verschwindend gering. Auch Krankheiten wie die Räude oder der Fuchsbandwurm ließen sich, anders als von Jägern oft behauptet, durch die Jagd nicht verhindern. Vom Nachbarland Luxemburg fühlt sich Natale bestätigt. Dort hat man die Fuchsjagd bereits 2015 abgeschafft. (Text: arte)

Eine Lösung sehen Experten im Bau von Wohnraum auf bereits bebauten Flächen, der so genannten Nachverdichtung. In der Frankfurter Platensiedlung hat der Architekt Stefan Forster das größte Nachverdichtungsprojekt Deutschlands konzipiert. Auf bereits bestehende dreistöckige Wohnblocks werden zwei zusätzliche Geschosse aufgesetzt. So entstehen zusätzlich zu den 342 alten Wohnungen fast 700 neue. Die Belastungen für die Bestandsmieter sinken dadurch, dass die neuen Etagen als Holzmodule vorgefertigt werden. „Ich denke als Architekt auch politisch und sehe mich in der sozialen Verantwortung, bezahlbaren und qualitativ hochwertigen Wohnraum für unsere Gesellschaft herzustellen“, sagt Forster. „Ein vernünftiger Wohnungsbau trägt auch zur sozialen Befriedung bei!“ In Südtirol unterbindet schon seit den 1970er Jahren das so genannte Raumordnungsgesetz jegliche Spekulation mit Grund und Boden. Sobald Acker in Bauland umgewandelt wird, bekommt die Gemeinde automatisch ein Vorkaufsrecht für 60 Prozent der Fläche. „Ohne dieses Gesetz sähe meine Heimat heute völlig anders aus“, sagt Dieter Pinggera, Bürgermeister von Schlanders. In Brüssel hat eine Gruppe von Bürgern einen ganz anderen Weg gewählt, um die Spekulation mit Bauland zu stoppen. Sie gründete einen Community Land Trust, eine Art Grund- und Bodenstiftung mit einer zentralen Idee: Wenn Immobilien ohne das Land verkauft werden, auf dem sie stehen, werden sie dadurch erschwinglicher. Auf diese Weise schafft der Community Land Trust Wohnungen, die auch für Einkommensschwache bezahlbar sind. (Text: arte)

Die Firma Schneider im Schwarzwald hat sich einiges ausgedacht, um ihre Mitarbeiter dazu zu bringen, ihr Auto stehen zu lassen. Für viele Mitarbeiter kommt das Auto erst an dritter Stelle – nach Betriebsbus und betrieblich gefördertem E-Bike.Rolf-Dieter Lafrenz aus Hamburg will den LKW-Verkehr optimieren. „Ich stand im Stau und neben mir reihte sich ein LKW an den anderen. Als ich dann erfuhr, dass rechnerisch jeder dritte LKW leer fährt, war mein Ehrgeiz gepackt.“ Diese Leerfahrten will er mit seinem Startup CARGONEXX so weit wie möglich reduzieren – mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.Die Australierin Kylie van Dam lebt mit ihrer Familie in der niederländische Kleinstadt Houten, der Fahrradstadt Nummer eins in den Niederlanden. „Als ich Houten kennen lernte, war das für mich der Himmel auf Erden“, erzählt sie strahlend. „Genau dieses Lebensgefühl hab ich immer gesucht.“ Kylies Kinder können alles alleine mit dem Rad machen und lieben ihre Selbstständigkeit. Und Kylie muss sich keine Sorgen machen: In den vergangenen 30 Jahren gab es in ganz Houten nur einen einzigen tödlichen Verkehrsunfall.Im französischen Dunkerque hat sich Bürgermeister Patrice Vergriete für die Verbesserung des Nahverkehrs entschieden: kostenfrei, mit neuen Linien und höherem Takt. Kann das helfen, den Verkehr in der Stadt zu reduzieren? (Text: arte)

Eine Schwimmhalle in Moskau. Draußen ist es eisig kalt, aber im Schwimmbad herrschen angenehme Temperaturen. Trotzdem haben die Männer am Beckenrand dicke Neoprenanzüge an. Einer nach dem anderen springen sie ins Wasser. Ihr Tauchtraining beginnt. Am Beckenrand steht Oxana Chevallier, die Trainerin. Eigentlich wollte sie als Rettungstaucherin beim Katastrophenschutz arbeiten, aber als Frau ist ihr das in Russland verboten. Deshalb hat Oxana eine eigene Tauchschule gegründet. Hier bildet sie Männer in dem Beruf aus, in dem sie selbst nicht arbeiten darf. Rund 400 Berufe gibt es in Russland, die Frauen nicht ausüben dürfen: Kapitänin gehört dazu oder LKW-Fahrerin. Die Liste stammt aus sozialistischen Zeiten, seit einigen Jahren ist sie in der Diskussion, abgeschafft wurde sie aber bis heute nicht. Wie Oxana will auch Swetlana Medwedewa sich damit nicht abfinden. Für ihren Traum, als Kapitänin zu arbeiten, zieht sie vor Gericht und bekommt schließlich nach fünf Jahren und etlichen Gerichtsprozessen Recht. Oxana Chevallier hingegen steht vor einer großen Entscheidung: Soll sie bleiben und hoffen, dass die Diskussion, die um die Liste der verbotenen Berufe im Gang ist, etwas ändert für Frauen wie sie? Oder soll sie das Land verlassen und in Westeuropa ihren Traumberuf ausüben? (Text: arte)

Michael Schafroth geht voran. Er ist der Erfahrenste der drei Höhlenforscher. Was seine beiden Söhne Niki und Moritz auf dem Weg durch die Hölloch-Höhle im Allgäu erleben, wie sie engste Stellen passieren können, das wissen die beiden Nachwuchshöhlenforscher beim Einstieg noch nicht. Sie durchqueren erstmals an einem Stück die zweitgrößte Höhle Deutschlands. Es wird eng, nass und kalt in den drei Tagen. Abgeschnitten von jeglicher Kommunikation, werden sie durch Seen tauchen, sich von Klippen abseilen und in völliger Finsternis ihr Nachtlager aufschlagen. (Text: arte)

Petr Globočník sucht eine neue Wohnung für sich und seine Familie. Täglich ist der Sozialarbeiter in den Roma-Vierteln entlang der tschechisch-deutschen Grenze unterwegs. Dort kümmert er sich um die Kinder, achtet darauf, dass sie zur Schule gehen, hilft, wo er kann. Petr ist selbst in einer solchen Plattenbausiedlung im böhmischen Litvínov aufgewachsen. Damit sein Arbeitsweg kürzer wird, will er nun mit seiner Familie dorthin zurück. Doch viele der Bauten sind verfallen, Kakerlaken, Schimmel und Dreck keine Seltenheit. Dennoch – Peter ist fest entschlossen. Denn er möchte ein positives Zeichen setzen – vielen gängigen Vorurteilen zum Trotz. Jiří Sieber ist Eigentümer einiger solcher Plattenbauten in der Region. Darin leben hauptsächlich Roma, die es in Tschechien schwer haben, eine Wohnung zu finden. Viele haben keinen Job, leben von staatlichen Sozialleistungen. Dennoch verdient Jiří Sieber ordentlich an seinen Mietern. Denn er kassiert vom Staat. Der versucht immer mehr, der Abzocke etwas dagegen zu setzen. (Text: arte)

Reisen ohne Flugzeug: Dazu verpflichteten sich im letzten Jahr 50.000 Schweden und schlossen sich der „We Stay on the Ground“- Kampagne an: Sie bleiben auf dem Boden. Eine von ihnen ist die Reisebloggerin Evelina. Die 26-Jährige genießt ihre neue Reisegeschwindigkeit und will mit gutem Beispiel vorangehen. Mit Bus, Bahn und minimalem Gepäck bereist Evelina heute Europa und die Welt.Doch was bedeutet nachhaltiger Tourismus, abgesehen von der klimafreundlichen Anreise? Angela Giraldo, gebürtige Peruanerin und Chefin des Siegels „Tour Cert“, zertifiziert Hotels und Reiseveranstalter auf der ganzen Welt. Ihr Ziel ist es, Nachhaltigkeit messbar zu machen: Wie hoch sind Wasserverbrauch, Emissionen und Abfallmengen, welche Chemikalien werden zur Reinigung benutzt? Auch faire Arbeitsbedingungen werden mitbewertet.Alte Häuser restaurieren und den Tourismus auch in kleine, abgelegene Orte bringen: Das ist das Konzept von „Albergo Diffuso“ – Unterkünfte, die in die Dorfgemeinschaft integriert sind statt Massentourismus. Die Idee stammt aus Italien und ist jetzt auch in Deutschland angekommen. Dort bemüht sich das unterfränkische Mainbernheim gerade, möglichst viele private und kommunale Gebäude für einen sanften Tourismus umzugestalten. Auch das „Re:“-Filmteam reist klimafreundlich: Zu den Drehorten in Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen und Italien ging es mit der Bahn. Für den Transport der Kameraausrüstung wurden nach Möglichkeit vor Ort Elektroautos oder Lastenfahrräder ausgeliehen, der CO2-Ausstoß bei zwei Flügen wurde über Ausgleichszahlungen kompensiert. (Text: arte)

Nicolas Huchet verlor bei einem Arbeitsunfall seine rechte Hand. Die Prothese der Krankenkasse verfügte lediglich über bewegliche Daumen und Zeigefinger. „Ich hatte die Handlungsfähigkeit eines Krebses“, erzählt der Franzose. Kostenpunkt für eine bionische Hand, die natürliche Handbewegungen perfekt nachahmt: 40.000 Euro. Für ihn unbezahlbar. Daraufhin entwickelte Huchet selbst eine künstliche Hand, die er im 3D-Drucker herstellte. Heute leitet er die Non-Profit-Organisation „My Human Kit“. Mit dem „menschlichen Baukasten“ möchte er dazu beitragen, dass jeder Betroffene seine eigene Prothese entwerfen und ausdrucken kann – für weniger als 1.000 Euro.Die Casting Show „Voice of Germany“ machte die blinde Schweizerin Bernarda Brunovic berühmt. Geboren mit einer schweren Sehbehinderung, wurde Brunovic bis zu ihrem 15. Lebensjahr 33 Mal operiert – ohne Erfolg. Bei der letzten Operation verletzt der Chirurg das linke Auge, sie verliert es und beschließt, sich von ihrer Blindheit nicht länger behindern zu lassen. Die junge Frau konzentriert sich auf ihre Ausnahmetalente: Sport und Gesang. Den technologischen Fortschritt verfolgt sie aber weiter. Seit kurzem arbeitet sie mit einem neuen Spracherkennungscomputer, der ihr das Studium erleichtern soll.Leichter haben es künftig auch die Menschen, denen bei harter körperlicher Arbeit ein Exoskelett unter die Arme greift. Eine Firma in Augsburg entwickelt seit zwei Jahren eine Technologie, die menschliche Bewegungen unterstützt. Das beugt Rückenleiden vor und eröffnet Menschen mit chronischen Beschwerden einen Weg zurück ins Arbeitsleben. (Text: arte)

Der Deutsche Damian Boeselager, die Französin Colombe Cahen-Salvador und der Italiener Andrea Venzon lernten sich während des Studiums kennen und saßen im Juni 2016 zusammen, als die Briten für den Brexit stimmten. Die drei waren schockiert und beschlossen, eine neue proeuropäische Partei zu gründen. Nicht irgendeine, sondern die erste paneuropäische Partei: Volt. Was bedeutet, dass Volt-Kandidaten in mehreren Ländern Europas mit demselben Parteiprogramm gewählt werden können und – wenn sie tatsächlich den Einzug ins Europa-Parlament schaffen sollten – als Volt-Fraktion zukünftig Politik machen. Damit das gelingt, brauchen Damian, Colombe und Andrea mindestens 25 Sitze im Parlament. Aus der anfänglichen Idee ist mittlerweile eine recht große europäische Bewegung geworden. Über 20.000 Menschen unterstützen sie, in 13 EU-Ländern ist Volt bereits als Partei angemeldet. Am Parteiprogramm konnten alle Mitglieder mitschreiben. Volt will die EU entbürokratisieren, den Klimaschutz stärken und eine gesamteuropäische Lösung der Flüchtlingsfrage finden. Diese Vorstellungen stoßen allerdings nicht in allen EU-Ländern auf offene Ohren. In Polen, wo die nationalkonservative Partei PiS regiert, kämpft Volt mit Julia Aniśko als Anführerin um die gesetzlich vorgeschriebenen 1.000 Mitglieder, damit Volt zur Europawahl zugelassen wird. Wird ihr das gelingen? „Re:“ hat die Gründer Damian Boeselager, Colombe Cahen-Salvador und Andrea Venzon quer durch Europa begleitet und erzählt, wie drei politisch völlig unerfahrene Europäer versuchen, eine paneuropäische Partei auf die Beine zu stellen. (Text: arte)

Das Ehepaar Benke verreist viel. Sie wohnen im Hunsrück, zehn Minuten vom Flughafen Hahn entfernt. Vor 20 Jahren hob dort die erste Ryanair-Maschine ab, die Region glaubte an goldene Zeiten. Der Flughafen wurde mit Steuermillionen zu einem Drehkreuz für die irische Fluglinie ausgebaut. Inzwischen ist der Traum geplatzt, der Billigflieger mit den meisten Flügen nach Frankfurt umgezogen. In Hahn gehen die Passagierzahlen zurück, Investitionen in Parkplätze, Hotels und Gewerbegebiete lohnen sich nicht mehr. Während die Benkes dank Billigtickets in Urlaub fliegen, haben andere das Nachsehen… (Text: arte)

Bäckermeister Jürgen Fink geht mit seinem Familienbetrieb im hessischen Steinau seinen eigenen Weg. Wie gelingt ihm als traditioneller Handwerker der Erfolg in Zeiten von Backshops und aufgewärmten Rohlingen?Auch viele Laien interessieren sich für Handgemachtes: Im „Haus der Eigenarbeit“ in München gibt Möbelschreiner Florestan Teilken sein Fachwissen an Hobbyhandwerker weiter: „Das Verständnis für den Aufwand, den der Bau eines Möbelstücks mit sich bringt, ist verlorengegangen. Dass ich den Leuten im Laufe eines Kurses wieder das Handwerk nahebringen kann, ist das Schönste.“ Steinmetzin und Maurerin Helena Reppin will das Image von Handwerksberufen aufpolieren. „Das Schöne an jedem Handwerk ist ja, dass man etwas mit den Händen erschafft und darauf stolz sein kann“. Auch in Italien bietet das Handwerk vielen Jugendlichen eine neue Perspektive. In einer Schneiderschule in Penne lernen schon Teenager den Umgang mit Nadel und Faden und tragen mit ihrer Berufswahl zum Fortbestehen echter italienischer Handwerkstradition bei. (Text: arte)

Sie sind jung, haben einen sicheren Job gekündigt, um in Brüssel ein Praktikum von fünf Monaten in den EU-Institutionen zu machen. Die EU ist für sie attraktiv, denn sie hat Macht und ist für die Karriere nützlich. Rosie Birchard aus Schottland, 24, sagt über Brüssel: „Es ist eine Stadt voller Menschen mit Visionen, die grenzenlos denken.“ Und Jeremy Dommnich, 25, Deutsch-Uruguayer, ergänzt und denkt dabei an seiner Generation: „Ich glaube auf jeden Fall, dass man nicht nach Brüssel kommt, wenn man nicht an Europa glaubt.“ Und für Brüssel nimmt die EU nur die Crème de la Crème unter den jungen Aspiranten, nur 1.300 von 20.000 Bewerbern, jedes Jahr. Ist die Arbeit von EU-Technokraten tatsächlich reizvoll für junge Menschen, die bereits viel von der Welt gesehen, bereits eine kleine internationale Karriere absolviert haben? Mit ihnen werfen wir einen Blick in die Zukunft der EU. (Text: arte)

Für die pensionierte Lehrerin Ikbal Eren ist die Suche nach ihrem Bruder Hayrettin eine Lebensaufgabe. Der damals 26-jährige wurde im Zuge des Militärputsches 1980 in Istanbul von der Polizei festgenommen und tauchte nie wieder auf. Vermutlich wurde der linke Aktivist zu Tode gefoltert. Wie er verschwanden in den 80er und 90er Jahren viele Hundert Menschen in Polizeihaft, vor allem Kurden und Linke. Ikbal und Angehörige anderer Verschwundener protestieren dagegen jeden Samstag auf dem zentralen Galatasaray-Platz in Istanbul – und das seit über 20 Jahren.Auch Ikbals Bruder Faruk ist oft dabei. Er ist Journalist, links und regierungskritisch. Im Herbst 2018 verlor er seine Stelle als leitender Redakteur der Zeitung Cumhuriyet. Arbeitslos geworden, beginnt er ein Buch über seinen verschwundenen Bruder zu schreiben – eine emotional belastende Aufgabe. Denn die aktuellen Ereignisse wühlen alte Wunden wieder auf. Im August 2018 wird der friedliche Protest der „Samstagsmütter“ von der Polizei gewaltsam zerschlagen und verboten. Die Regierung wirft ihnen Verbindungen zur PKK vor. Die Menschenrechtsanwältin Gülseren Yoleri betreut mit dem Verein IHD die Familien der Verschwundenen. In den letzten zwei Jahren seien wieder Dutzende Oppositionelle vorübergehend entführt und gefoltert worden, erklärt sie. Yoleri fürchtet, der türkische Staat könnte wieder zu seinen brutalen Methoden der 90er Jahre zurückkehren. Mit den Samstagsmüttern will sie auf vergangene und aktuelle Fälle aufmerksam machen, bevor es zu spät ist – und aller Staatsgewalt zum Trotz. (Text: arte)

In der Mine sagt Apostolis Kallianidis, 33 Jahre alt und Familienvater von zwei Kindern: „In diese Erde, wo mein Großvater Samen ausgesät hat, führe ich Dynamit ein. Hier war früher mein Dorf, Kleitos. Aber ohne die Kohlekraftwerke keine Arbeit.“ Er ist in der dritten Generation Minenarbeiter. Das Dorf Akrini ist umzingelt, die Menschen krank infolge der Emissionen aus den Kohlekraftwerken. Das halb staatliche Elektrizitätswerk hat ihnen die Felder abgekauft und sollte sie umsiedeln, hat aber den Rückzieher gemacht: Keine Kohle unter dem Dorf, keine Umsiedlung. Nikos Voriatzidis, 54 Jahre alt, muss drei Kinder großziehen. Er weiß nicht wie. Mavropigi, ein Geisterdorf, ein Schlachtfeld. Der 45-jährige Tasos Emmanuil, Ex-Bürgermeister, geht täglich dorthin, um die Hunde zu füttern. Sie blieben, die Menschen gingen mit Abfindungen, die sie nun laut Gericht zurückzahlen müssen. Keiner weiß wie. In Anargyri kam der Hirt von den Feldern neben der Mine gerannt: „Flieht, flieht, die Erde senkt sich unter unseren Füßen“. Noch ein Erdrutsch fast am Ende der Ebene. Aristos Karipides konnte nichts mehr tun, sein Haus brach, so als sei es aus Papier gebaut. Es war seine Lebensversicherung, seine Rente, wofür er ein Leben lang gespart hatte. Das Elektrizitätswerk sagt, es sei eine Naturkatastrophe und will nichts bezahlen. (Text: arte)

„Re:“ begleitet drei junge Azubis bei ihren Praktika im Ausland. Fabian Walter macht gerade im hessischen Fulda seinen Meister zum Maler- und Farbtechniker. Aber den 20-Jährigen zieht es ins Ausland. Für drei Wochen renoviert er in Metiş, im rumänischen Siebenbürgen, die alte Kirchenburg des Dorfes.Steinmetzin Hanna Antoni lernt im italienischen Carrara, dem internationalen Zentrum des Marmors, wie man den hochwertigen Naturstein richtig bearbeitet. Und in Dresden versucht der 21-jährige französische Bäckerlehrling Paul Tridon zu lernen, wie deutsches Brot gebacken wird. Und auch, warum es den Einheimischen so gut schmeckt.Praktische Berufserfahrungen im Ausland werden für alle Berufe – auch nicht-akademische – immer wichtiger und zunehmend auch von den Arbeitgebern erwartet. Dafür gibt es in Europa das Programm Erasmus+. Es gibt Auszubildenden die Möglichkeit, bis zu zwölf Monate in einen ausländischen Betrieb reinzuschnuppern. Die Kosten für Reise, Unterkunft und Verpflegung werden zu rund 80 Prozent aus den EU-Fördertöpfen finanziert. Erasmus+ ist gefragt – bis zum Jahr 2020 werden mehr als vier Millionen Menschen von diesen EU-Mitteln profitieren.“Re:“ über drei junge Azubis, die mit Hilfe ihrer europäischen Nachbarn ihr Handwerk verbessern wollen, sich im Ausland durch Sprachbarrieren kämpfen und lernen, wie Italiener, Deutsche und Rumänen ticken. (Text: arte)

„Guten Morgen, heute ist Brexit Day“ – so begrüßte Radio-DJ Hammer am 29. März seine Hörer – bei strahlendem Sonnenschein unter der karibischen Sonne. 6.500 Kilometer Luftlinie von Großbritannien entfernt, liegt die Insel Anguilla. Ein britisches Überseegebiet, Englands koloniales Erbe. Ein Urlaubsparadies. Der Brexit ist auch hier in der Karibik eher Fluch als Segen. Denn Anguilla grenzt an Saint Martin. Und dieses nur 20 Bootsminuten entfernte Eiland ist halb französisch und halb holländisch – EU und Brexit-Chaos sozusagen im Miniformat in der Karibik. „Saint Martin ist unser Downtown, dort shoppen wir, dort gehen wir zum Arzt“, sagt der Ministerpräsident von Anguilla, Victor Banks. Der Brexit schlägt auch hier in der Karibik Wellen. „Was wird aus meinem EU-Pass?“, sorgt sich DJ Hammer. Er befürchtet noch schlimmere Folgen für die Insel als nach Hurrikan Irma, der die Insel 2017 komplett zerlegte. Und wird Felix Fleming, der Theaterdirektor, weiterhin – ohne Visa, ohne Anstehen an der Grenze – seine Familie in Saint Martin und das Grab seines Vaters besuchen können? Was wird aus den Schildkröten im Marine Park, der mit EU-Geldern subventioniert wurde? Wie erlebt die anguillanische Bloggerin Shellecia Brooks-Johnson, die seit einem halben Jahr im englischen Cambridge wohnt, die Stimmung in England? Eins ist klar: Abstimmen durften die Einwohner von Anguilla beim Referendum nicht, aber unter dem Brexit leiden werden auch sie. Der Brexit und seine karibischen Folgen – der Film beleuchtet das europäische Thema Nummer Eins der letzten Monate aus ungewöhnlicher Perspektive. (Text: arte)

Mindestens 160 Raubkatzen sind laut einer vorsichtigen Schätzung des Tierschutzbundes in bundesdeutschen Manegen im Einsatz. Löwen, Tiger und Leoparden, europaweit sind es wahrscheinlich zwischen 650 und tausend Tiere. Was für Zirkusse eine begehrte Attraktion ist und Zuschauer zieht, ist Tierschützern schon seit Jahren ein Dorn im Auge. Sie bemängeln die wenig artgerechte Haltung in zu kleinen Käfigen oder Gehegen, und einer von Zwang geprägten Dressur von unsinnigen Kunststückchen. Sie belegen das mit Videos, die mit versteckter Kamera gefilmt wurden, und fordern ein Wildtierverbot in Zirkussen. Dem halten die Zirkusbetreiber entgegen, dass ihre Tiere mit Liebe und Geduld ausgebildet würden, und die Raubkatzen heute oft weitläufige Freigehege zur Verfügung haben. Aber wegen der täglichen Beschäftigung seien große Gehege gar nicht notwendig.Im Auftrag der Reportage-Reihe „ARTE Re:“ hat ein Team von RS-Film Tierschützer und Aktivisten von „Vier Pfoten“ und der niederländischen „Stiftung AAP“, aber auch Zirkusunternehmen wie den Circus Krone, über mehrere Wochen begleitet, war hautnah bei Raubtierdressuren dabei, aber auch bei Demonstrationen und hat die Rettung und Resozialisierungen ehemaliger Zirkustiere begleitet. (Text: arte)

Season Finale

3x139 Albaniens rebellische Jugend: Zwischen EU und Exil

  • 2019-05-17T17:45:00Z32m

Nirgendwo in Europa ist die Euphorie für die EU größer als in Albanien. 93% der Bewohner des kleinen Balkanstaates träumen davon, dass ihr Land Teil der Europäischen Union wird. Im Sommer sollen die Gespräche dazu aufgenommen werden. Die Unzufriedenheit im Land ist groß, jeder Zweite spielt mit dem Gedanken, das Land zu verlassen. Als erstes sind die Studenten in Massen auf die Straße gegangen, um ihre Frustration über Korruption, zu hohe Studiengebühren und zu geringen Zukunftschancen kund zu tun. Nun vergeht kaum noch ein Tag ohne Demos gegen die Regierung. „Re:“ taucht ein in die Kernzelle der Studentenproteste. Was fordern sie? Warum ist die EU das Ziel ihrer Sehnsüchte? Und wo sehen sie ihre Zukunft – in der Heimat oder im Ausland? (Text: arte)

Es ist Mitternacht, draußen im Wald ist es kalt und stockdunkel. Heute ist Marian (62) dran – er muss raus aus dem Bett, um nach den Öfen zu schauen. Brennt der Ofen noch? Wie ist die Farbe des Rauches? Nur ein kleiner Fehler – und die Arbeit eines ganzen Tages war umsonst. Drinnen schnarcht Zbyszek (60), sein Kollege, weiter. Die beiden Männer sind Köhler und leben schon seit vielen Jahren gemeinsam im Wald, in den polnischen Karpaten, unweit der ukrainischen Grenze. Ihr Zuhause ist eine einfache Baracke ohne Strom und fließend Wasser. Sie stellen Holzkohle her – nach jahrhundertealter Tradition. Tag und Nacht wachen sie über die Schornsteine. Färbt sich der Rauch blau, verbrennt das Holz zu Asche. Das heißt: keine Kohle – und kein Geld. Früher lieferten sie Kohle an Stahlwerke und Glashütten, heute machen sie Grillkohle für Abnehmer in Deutschland. Doch die Konkurrenz ist hart. Große Kohlefabriken verderben die Preise. Vor 15 Jahren gab es hier noch mehr als hundert Orte, an denen Köhler arbeiteten. Heute stirbt der Beruf in Polen aus. „Ob wir im nächsten Jahr noch arbeiten dürfen, weiß ich nicht“, sagt Marian.Andere Köhler haben ihre Arbeit schon verloren: Robert (41) und sein Vater Andrzej (62) bleiben dennoch im Wald. Sie hoffen, irgendwann wieder in ihrem Beruf arbeiten zu können. Bis dahin fahren sie regelmäßig mit dem Rad ins sechs Kilometer entfernte Dorf Cisna. Hier bekommen sie als Tagelöhner auf Baustellen 2,50 Euro die Stunde. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Aber ein anderes Leben ist für sie undenkbar – der Wald ist ihr Zuhause. (Text: arte)

Vor den Wahlen in Sachsen begeben sich drei Reporter der Sächsischen Zeitung auf Recherchen im rechten Umfeld. Neonazi-Aufmärsche, AfD-Versammlungen, mit Bautzen eine tief polarisierte Stadt in Ostsachsen – die Journalisten zeigen, wie sich das Land verändert. So gerät Lokalreporter Andreas Weller bei einem Neonazi-Aufmarsch rund um den Gedenktag zur Bombardierung Dresdens zwischen die Fronten. Bei seiner Arbeit wird der Journalist von der Polizei behindert. Die AfD und ihr ehemaliger Landesvorsitzender André Poggenburg aus Sachsen-Anhalt versuchen, die Bombennacht in Dresden für ihre Zwecke zu nutzen.Reporter Tobias Wolf reist zur AfD nach Seifhennersdorf, um mit einem AfD-Aussteiger über die Radikalisierung der Partei zu sprechen.Auf einer AfD-Wahlkampfveranstaltung will er herausbekommen, warum es in der Partei gärt. Mit seinem Kollegen Ulrich Wolf bildet Tobias Wolf mittlerweile ein eingespieltes Team. Die Politik-Reporter fragen sich: Welche neuen rechten Strukturen gibt es hinter und neben den bekannten Parteien und Playern in Sachsen? In Bautzen trifft Ulrich Wolf auf Bürger, die das politische System ablehnen und die versuchen, mit neuen Lokalmedien eine Gegenöffentlichkeit aufzubauen. Bei der Suche nach den Strippenziehern trifft Reporter Ulrich Wolf auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Verflechtungen, beispielhaft für viele Orte in Sachsen und Deutschland. Der Rechtsruck, der einst von Neonazis ausging, so das Fazit der Reporter, greift zunehmend auf die bürgerliche Mitte über. (Text: arte)

Der Lebenslauf des 40-jährigen Orhan „Oha“ Maslo liefert genügend Stoff für einen Spielfilm. Mit 14 schloss er sich den bosnischen Truppen an, dann lebte er in einem Heim, lernte Schlagzeug spielen und tourte nach dem Krieg mit der international bekannten Band Dubioza Kolektiv um die Welt. 2011 beendete der Drummer seine Karriere als Musiker und gründete die Mostar Rock School. „Ich setze auf die Jugend. Nur wenn die sich versteht, kann sich das Land versöhnen. Es bringt nichts, ständig über die Teilung zu klagen, man muss aktiv etwas dagegen tun. Für mich spielt Religion keine Rolle und beim Musikmachen ist sie sowieso nicht wichtig, genauso wenig wie Nationalitäten oder ethnische Zugehörigkeiten, da kommt es darauf an, wie Du spielst“, erklärt er. Über 500 Schüler haben an den Kursen der Schule bislang teilgenommen, so wie in diesem Jahr Aria, Mario und Riad. Die Sängerin, der Drummer und der Bassist fiebern mit Schuldirektor Oha auf das nächste Konzert hin. Nur noch wenige Tage haben sie Zeit, um sich auf ihren Auftritt vorzubereiten. Und der ist nicht ohne. Zu den Konzerten kommen regelmäßig an die 300 Besucher. Dass der 16-jährige Riad und der 18-jährige Mario Freunde sind, ist in Mostar nicht selbstverständlich. Denn Riad kommt aus dem muslimischen Osten, Mario aus dem katholischen Westen. Die beiden haben sich durch die Musik kennengelernt. „Es ist hier ein bisschen wie früher in Berlin, nur ohne Mauer. In den Köpfen vieler Menschen ist die Stadt geteilt. Für uns beide gibt es diese Mauer aber nicht, wir haben keine Lust, darüber überhaupt nur nachzudenken. Wir wollen die Vergangenheit einfach nur vergessen und gute Musik machen.“ (Text: arte)

Die albanische Bevölkerungsmehrheit im Preševo-Tal im Süden Serbiens fühlt sich benachteiligt. Die Infrastruktur und die Wirtschaft liegen am Boden, jeder Zweite ist arbeitslos. Tausende Presevaren haben ihrer Heimat schon den Rücken gekehrt, arbeiten in der Schweiz oder in Österreich. Am liebsten würden sich die Bewohner Preševos von Serbien loslösen und dem benachbarten Kosovo anschließen. Die internationale Gemeinschaft ist aber skeptisch. Zu groß ist die Angst vor dem erneuten Aufflammen von Konflikten auf dem Balkan. Shqiprim Arifi soll die schwierige Situation im Preševo-Tal nun verbessern. Vor drei Jahren wurde der in Deutschland aufgewachsene 43-Jährige zum Bürgermeister gewählt. Arifi glaubt aber nicht, dass ein Gebietsaustausch mit Kosovo etwas an der Rückständigkeit Preševos ändern würde. Er ist überzeugt, dass die Bewohner mehr Eigeninitiative zeigen sollten, denn nicht an allem ist die Regierung in Belgrad schuld. Gemeinsam mit seiner neu gegründeten Partei ‚Alternative für Veränderung‘ will Arifi alte Parteistrukturen aufbrechen und mit der serbischen Regierung und mit internationalen Geldgebern zusammenarbeiten. Mit deren Unterstützung will er die marode Infrastruktur sanieren und Arbeitsplätze schaffen. Eine Herkulesaufgabe, die Zeit kostet. Vielen Bewohnern Preševos, wie den Ladenbesitzern Llokman und Rexhep Rexhepi, geht das zu langsam. Sie glauben nicht, dass der neue Bürgermeister wirklich etwas bewirken kann. Sie schmieden eigene Pläne: den Wegzug aus Preševo. „Re:“ begleitet Shqiprim Arifi bei seinen Bemühungen, die Probleme des Preševo-Tals zu lösen. (Text: arte)

Jürgen Rudeck aus Grünkraut im Allgäu leistet seit Monaten ein enormes Arbeitspensum. Vor Aufträgen kann sich sein mittelständisches Unternehmen kaum retten. Deshalb ist der 61-jährige Lackierermeister dringend auf der Suche nach Mitarbeitern. „Die Auftragslage ist nicht nur heute gut, sondern schon das ganze Jahr. Wir könnten viel mehr machen, wenn wir mehr Leute hätten!“ Genau da liegt das Problem. Handwerksbetriebe wie die von Jürgen Rudeck leiden in Deutschland zunehmend unter Nachwuchs-Mangel. Im vergangenen Jahr blieben fast 57.000 Ausbildungsplätze unbesetzt. Jürgen Rudeck hat derzeit einen einzigen Azubi: Hamed Bajami. Für den jungen Asylbewerber aus Afghanistan ist die Ausbildung zum Maler und Lackierer eine Chance. Allerdings bedroht die unsichere Bleibeperspektive der Asylbewerber Rudecks Zukunftspläne: „Es wäre eine Katastrophe, wenn die ihre Arbeitserlaubnis verlieren sollten“. Nun hat sich eine junge Praktikantin angekündigt: Ramona ist 22 Jahre und möchte als Lackiererin arbeiten. Ob Rudeck sie von seiner Firma wird überzeugen können?Einige Handwerkerbetriebe gehen sogar noch einen Schritt weiter im Kampf gegen den Nachwuchsmangel. Mit einem exklusiven Azubi-Camp will Michael Gürtler junge Menschen für seinen Betrieb anwerben. Fünf Tage Abenteuer mit Gleichaltrigen fern von zu Hause: Teambuilding, Baustellen-Besuche und Boxtraining stehen auf dem Programm. Auch der 16-jährige Karl ist mit dabei und macht sich in den Tests gut. Michael Gürtler sähe ihn gern in seinem Betrieb. Wird sich Karl am Ende tatsächlich für eine Ausbildung als Installateur entscheiden? (Text: arte)

Hendrik ist 21 Jahre alt, als er plötzlich Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen bekommt. Die Diagnose: Friedreich-Ataxie. Die seltene Erbkrankheit greift Nerven und Muskeln an und gilt bisher als unheilbar – den Erkrankten droht normalerweise nach kurzer Zeit ein Leben im Rollstuhl. Doch Hendrik will sich damit nicht abfinden. Mit eiserner Disziplin trainiert der junge Familienvater täglich seine Beweglichkeit. Zwar braucht er einen Gehstock, aber noch kann er eigenständig laufen. Vor drei Jahren beschloss der 36-jährige, tanzen zu lernen. Als Tanzstil wählte er Hip-Hop, einen intensiven Stil mit besonders schnellen Bewegungen. Sein Tanzlehrer Franklyn wird für Hendrik schnell zum Freund. Der 29-jährige Profi tanzt Hip-Hop seit seiner Jugend. Nun steht er vor einer großen Chance: Zusammen mit seinem Tanzpartner Ousman Conteh hat er sich für die Weltmeisterschaft in Paris qualifiziert. Vor 18.000 Zuschauern muss sich das Duo mit den besten Tänzern der Welt messen. Der Traum einer Weltkarriere ist zum Greifen nah. Während der Profitänzer vor der größten Herausforderung seines Lebens steht, bedeutet für Hendrik jede Bewegung eine Anstrengung. Trotzdem arbeitet er Vollzeit als Nachhaltigkeitsmanager. Sein sehnlichster Wunsch ist es, eines Tages seine zweijährige Tochter Mila über den Strand zu tragen. Dafür trainiert er nicht nur täglich, sondern nimmt auch seit einem Jahr an einer Medikamentenstudie teil. Seine große Hoffnung ist es, eines Tages doch noch geheilt zu werden. Um Hendrik zusätzlich zu motivieren, schlägt Franklyn ihm einen Auftritt vor Publikum vor. (Text: arte)

AfD-Mann Reil gibt sich gern kumpelhaft. Er gefällt sich als „Anwalt des kleinen Mannes“, wettert im Ruhrgebietsslang gegen Eliten, Establishment und die SPD. 26 Jahre war er bei den Sozialdemokraten, bis er 2016 wegen der Flüchtlingspolitik medienwirksam zur AfD wechselte. Die Rechtspopulisten setzten den Bergmann auf Listenplatz 2 für die Europawahl, gleich hinter Parteichef Jörg Meuthen. Reil scheint gut fürs Image. Er ist unterhaltsam, gern gesehener Redner bei AfD-Veranstaltungen – ein „Popstar der Populisten“? Zumindest auf ersten Blick. Solange Reil gegen die angebliche „Klimahysterie“ und „Gender-Sternchen“ polemisieren kann, ist er obenauf. Bei Nachfragen zum AfD-Wahlprogramm tun sich bei ihm allerdings Wissenslücken auf. „Guido Reil“, sagt der EU-Parlamentarier Jens Geier von der SPD, „hat keine politische Vision.“ Tatsächlich arbeiten andere aus der AfD an Strategie und Netzwerk im EU-Parlament. (Text: arte)

Schon seit 200 Jahren besuchen Menschen Verona, um auf Julias Spuren zu wandeln. In Verona verflechten sich Fantasie und Realität zu einem undurchdringlichen Gewirr. Die Geschichte steht für die Macht der Liebe und die Suche nach dem Glück und die Hoffnung, dass Liebe doch alle Grenzen überwinden kann. Der „Club der Giulietta“ ist eine Initiative, die extra ins Leben gerufen wurde, um keines der vielen Schreiben unbeantwortet zu lassen. Das Büro der Julias liegt mitten in der Altstadt, jeder Briefträger kennt es. Giovanna ist das personifizierte Archiv der Liebesgeschichten der ganzen Welt. Ihr erklärtes Ziel: Den meist leidgeplagten Briefeschreibern Hoffnung zu geben. Einmal im Jahr wird am 15. Februar ein Preis für den schönsten Brief vergeben. Eine der Preisträgerinnen ist Alessandra Palombo aus Rom. Alessandra aber hat ihre große Liebe verloren und träumt in ihrem preisgekrönten Brief davon: „Ich habe bis an meine Grenze geliebt, Giulietta, und ich wurde auf eine Art geliebt, die einer Beschreibung entbehrt.“ (Text: arte)

Mecklenburg-Vorpommern ist das beliebteste Reiseziel der Deutschen. Trotzdem schließen Hotels und Restaurants gleich reihenweise. Der Grund: Personalmangel. Es finden sich kaum noch Mitarbeiter, die den stressigen Job übernehmen wollen. Auch Alexander Borchard ist ständig auf Mitarbeitersuche. Sein Familienhotel in Wesenberg ist gut gebucht, er bräuchte 45 Mitarbeiter, hat aber nur 40. Nun hat das Verwaltungsgericht Greifswald entschieden: Seine beiden afghanischen Angestellten sollen abgeschoben werden. Die beiden sind seit vier Jahren bei ihm als Kellner beschäftigt und bei Gästen und Mitarbeitern beliebt. Jetzt geht Borchard auf die Barrikaden. (Text: arte)

Die 18-jährige Rennfahrerin Sophia Flörsch katapultierte ein spektakulärer Unfall Ende 2018 in die internationalen Schlagzeilen: Auf der Rennbahn von Macau, eine der gefährlichsten Strecken der Welt, flog ihr Wagen bei Tempo 270 aus der Kurve und krachte gegen ein mobiles Podest neben der Rennbahn. Elf Stunden Notoperation folgten wegen einer gebrochenen Halswirbelsäule und Rückenmarksverletzungen. Doch jetzt will Sophia wieder angreifen – und wenn sie eines nicht will, dann als „das Mädchen mit dem Unfall“ in Erinnerung bleiben. Nach ihren schweren Verletzungen kämpft sie sich nun zurück ins Leben – und auf die Rennstrecke. Ihr Ziel nach wie vor: die Formel 1. Die hat auch die 20-jährige Engländerin Esmee Hawkey im Blick. Ihr Weg aber ist ein anderer. Sie startet als eine von 18 Fahrerinnen in der neu gegründeten „Formel W“, einer Renn-Liga, die eigens für Frauen geschaffen wurde – von einem Mann: dem Weltklassefahrer David Coulthard. In der Formel W sollen sich ausschließlich Frauen miteinander messen, ohne jede männliche Konkurrenz. Alle bekommen denselben Rennwagen, ein 270 PS starkes Modell, so dass sich hier wirklich die beste Fahrerin und nicht die Fahrerin des technisch besten Rennstalls durchsetzen kann – zumindest theoretisch herrscht hier Chancengleichheit. Sophia Flörsch hat sich von Anfang an gegen einen Start in der Formel W entschieden – sie will keinen Frauen-Bonus und genießt es, andere auf der Rennstrecke hinter sich zu lassen, egal ob Männer oder Frauen. Sophia ist überzeugt, dass sie es aus eigener Kraft nach ganz oben schaffen wird. Ohne Frauen-Liga. (Text: arte)

Russlands „Wilder Westen“ liegt zehntausend Kilometer entfernt von Texas oder Wyoming. Vor neun Jahren kamen die ersten Rinder hier an. Anfangs kannte sich niemand mit den Tieren aus – Hilfe von Profis aus den USA war gefragt. Inzwischen haben Hunderte russische Cowboys in Suprjagino ihre Ausbildung absolviert. Im Frühjahr treiben sie eine der weltweit größten Black-Angus-Rinderherden vor sich her: insgesamt über 500.000 Tiere. Dahinter stecken die beiden Brüder Alexander und Viktor Linnik mit ihrem Fleischkonzern Miratorg. Rund 150.000 Tonnen Rindfleisch produzieren sie im Jahr – ein Teil davon geht ins Ausland. Gleichzeitig bieten sie jungen Russen eine berufliche Perspektive. In der eigens gegründeten Akademie wird der russische Nachwuchs zu „Operatoren“ ausgebildet – von „echten“ amerikanischen Cowboys. „Re:“ begleitet die russischen Operatoren bei ihrer täglichen Arbeit und den Herausforderungen im Umgang mit den Rindern im „Wilden Westen“ Russlands. Dabei wird gezeigt, worin sich die russischen von den amerikanischen Cowboys unterscheiden. Außerdem werden die Neulinge von den erfahrenen amerikanischen Kollegen in die Geheimnisse des Cowboy-Daseins eingeführt. (Text: arte)

In Ascq in Nordfrankreich ermordeten deutsche Soldaten ein Jahr vor Kriegsende 86 Zivilisten. Auch 75 Jahre danach halten die Menschen dort die Erinnerung an die Opfer des Massakers wach. Sie kämpfen um Gerechtigkeit. Denn ein Täter von damals lebt noch – unbehelligt in der Nähe von Hildesheim in Deutschland. Der einstige SS-Mann rechtfertigt bis heute das Massaker. Den Hildesheimer Lokalreporter Tarek Abu Ajamieh lässt dieser Fall nicht los. Seine Fahrt zur Gedenkfeier nach Ascq wird eine ganz besondere Dienstreise – auf der Suche nach Antworten auf die Frage: Kann es noch Gerechtigkeit geben, nach all den Jahren? (Text: arte)

Heinrich Döbereiner, 48 Jahre alt und übergewichtig, versucht seinen eigenen Masterplan zu finden. Unter ärztlicher Aufsicht will er fitter werden und sein „biologisches Alter“ senken. „Wenn ich an meiner Gesundheit nichts ändere, könnte es knapp werden“, meint der Familienvater. Er setzt auf Sport als Medizin, dosiert körperliches Training wie ein Medikament. In den Bergdörfern Sardiniens leben auffallend viele Hochbetagte. Guido Cabras schwört auf Gemüse aus eigenem Anbau, weil die einfache Art zu leben sein Rezept für ein langes und gesundes Leben ist: „Gesund mit vielen Opfern. Mit Arbeit. So bin ich 96 Jahre alt geworden.“ Sport und gesunde Ernährung? Ist es so einfach? Forscher haben herausgefunden: Unser Gehirn hört nie auf sich zu verändern, ist auch im Alter offen für Neues. Lernen wir im Alter noch einmal neue Abläufe, bilden sich im Gehirn neue Nervenzellen. Das hält jung und geistig fit. In Magdeburg tanzen Senioren für die Wissenschaft und setzen auf Musik, Choreographie und Lebensfreude als Prävention gegen Demenz. Die Menschen werden immer älter – und ihre Lebenserwartung steigt weiter. „Re:“ stellt Menschen vor, die ihren persönlichen Jungbrunnen gefunden haben. Dargestellt werden auch wissenschaftliche Erkenntnisse, die jeder für sich nutzen kann, um den letzten Lebensabschnitt so gesund wie möglich zu erleben. (Text: arte)

Isabelle Grassin aus der Bretagne entdeckte erst nach der Geburt ihrer Tochter Charlotte, dass ihrem Baby der linke Unterarm fehlt. Der Schock war groß. Doch dann erfuhr Isabelle, dass in der Nähe noch drei weitere Kinder mit der gleichen Fehlbildung zur Welt gekommen waren. Sie vernetzte sich mit den betroffenen Müttern. Heute fordern sie gemeinsam von der staatlichen Gesundheitsbehörde eine Untersuchung über die Gründe der Fehlbildungen. Unterstützt werden sie dabei von Emmanuelle Amar, der Leiterin des regionalen Melderegisters für vorgeburtliche Fehlbildungen in Lyon. Amar alarmierte erstmals 2011 die Gesundheitsbehörde über eine auffällige Häufung in ihrem Bezirk bei einer ansonsten sehr seltenen Fehlbildung. Der Staat aber reagierte nicht. Sie blieb hartnäckig und ging selbst auf Spurensuche. Sie befragte die betroffenen Mütter und fand heraus, dass noch in zwei weiteren Regionen in Frankreich im selben Zeitraum Babys ohne Arme zur Welt gekommen waren. Alle Mütter der drei Landstriche wohnen nah beieinander, in kleinen Dörfern auf dem Land, in der Nähe von Landwirtschaftsflächen. Waren es womöglich Pestizide von den Feldern, giftige Rückstände aus der Nahrung, unsichtbare Schadstoffe aus der Luft oder verunreinigtes Trinkwasser? Immer wieder befragt Emmanuelle Amar im Umland Lyons betroffene Familien sowie die Bürgermeister nach neuen Hinweisen. Ob jemals der Grund für die Fehlbildungen entdeckt wird, ist ungewiss. Aber Isabelle und die anderen Mütter wollen sich von ihren Kindern nicht vorwerfen lassen, dass sie nicht alles versucht haben, die Ursache zu finden. (Text: arte)

Fitspritzen ist im europäischen Profi-Fußball üblich. Ob dabei gedopt wird, ist allerdings schwer nachweißbar. In Zypern sind jetzt drei Profi-Fußballer zur Polizei gegangen, weil sie unter massiven Herzproblemen leiden. Sie behaupten, dass sie heimlich gedopt wurden. In Zypern stellt der Generalstaatsanwalt das Verfahren ein. Deshalb bitten sie den deutschen Anti-Doping Experten Prof. Fritz Sörgel um Hilfe. Er will mit Haaranalysen herausfinden, ob ihre Vermutung stimmt. Er ist ihre letzte Hoffnung. Kann er es beweisen? (Text: arte)

Längst hat sich der Kleiderkauf vom Bedarf entkoppelt, ist zur Freizeitbeschäftigung geworden. 60 Kleiderstücke kauft jeder Deutsche pro Jahr. Doch die vielen Billigklamotten – meist aus Fasermix – schaffen am Ende ihres Lebens Probleme. Helmut Huber, Altkleidersammler aus Nürnberg, stellt fest: Die Qualität wird immer schlechter. Er muss rund ein Drittel mehr Ware abholen und sortieren, um gleichviele, tragbare Altkleider wie vor zehn Jahren zu erhalten. Ein weiteres Problem: Billiger Fasermix lässt sich nicht recyceln, Outdoorkleidung aus reinem Synthetik-Material, das weder saugt noch puffert, taugt nicht mal mehr als Putzlappen. Wenn sich nichts ändert, so Huber, muss die Kleidersammlung eines Tages bezuschusst werden. Dazu kommt, dass Synthetikfasern beim Waschen Mikroplastik ins Abwassersystem abgeben. Franziska Uhl macht all das fassungslos. Die angehende Textilingenieurin aus Reutlingen ist durch Studium und Nebenjobs zur Kritikerin der Textilindustrie und des ungebremsten Kleiderkonsums geworden. Sie will in ihrem späteren Job nicht mithelfen, noch mehr billigen Fasermix zu produzieren, sondern sucht nach Alternativen. Dabei hat sie eine eigenwillige Lösung gefunden: eine Naturfaser, die nicht extra produziert werden muss: Chiengora – Hundehaar! Weich wie Kaschmir und, wie Franziska sagt, im Überfluss vorhanden. Gemeinsam mit einer Freundin hat sie inzwischen ein Startup gegründet. Die ersten Wollknäuel liegen schon in den Ladenregalen. Nun muss noch die größte Herausforderung gemeistert werden: Wie kommt Franziska im großen Stil an den Rohstoff heran? (Text: arte)

Eine Fahrkarte für den Dogu-Express kostet umgerechnet sechs Euro, doch auf dem Schwarzmarkt zahlt man bis zu 100 Euro. Denn die Fahrt mit dem nostalgischen Zug quer durch die Türkei von Ankara nach Kars ist ein Abenteuer, das sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Knapp 300.000 Menschen nutzen den Zug im Jahr, gerade bei jungen Leuten hat er Kultstatus. Auch Student Volkan Akan und seine Freunde haben monatelang versucht, Tickets für den Dogu-Express zu ergattern. Der Zug braucht für die 1.310 km lange Strecke von der türkischen Hauptstadt bis zur armenischen Grenze 24 Stunden. In Zeiten von Billigfliegern und Hochgeschwindigkeitszügen mutet die Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 km / h anachronistisch an; ein Verkehrsmittel, das aus der Zeit gefallen scheint. Und genau das schätzen die Reisenden am Dogu-Express – das Gefühl der Entschleunigung. Das junge Pärchen Melve und Atalay reist aus genau diesem Grund mit dem Dogu-Express: um mehr Zeit miteinander verbringen zu können. Schaffner Hüseyin Celik arbeitet seit vielen Jahren im Express und liebt nach wie vor seinen Job und die atemberaubende Landschaft, die er durchquert. (Text: arte)

Strümpfe unterm Frühstückstisch, Legosteine auf dem Wohnzimmerteppich, Gummibärchen im Kleiderschrank – bei Familie Glück in Wiesbaden herrscht Chaos. Eigentlich sind Wibke und Robert Glück mit ihren Kindern Marlene und Neo eine echte Bilderbuchfamilie, aber das Thema „Aufräumen“ sorgt regelmäßig für Frust. Mutter Wibke will endlich Ordnung schaffen und sich von überflüssigen Dingen trennen. Spielzeug, Kleidung, Krimskrams – die Glücks besitzen viel mehr, als sie wirklich brauchen. Damit sind sie nicht allein. 10.000 Gegenstände häuft der Durchschnitts-Europäer an. Immer mehr Menschen ist das zu viel. Sie wollen reduzieren, ihr Konsumverhalten überdenken, sich aufs Wesentliche besinnen. Doch ohne Hilfe ist das gar nicht so einfach. Darum holt Familie Glück professionelle Unterstützung ins Haus. Béa Bänziger hat sich gerade als Ordnungsberaterin selbstständig gemacht und arbeitet nach der Methode der japanischen Magic Cleaning-Ikone Marie Kondo: nur Dinge, die glücklich machen, dürfen bleiben. Alle übrigen Gegenstände erhalten ein „Dankeschön“ und wandern in den Müll oder werden gespendet. Was bleibt, wird übersichtlich in Schachteln arrangiert. Rita Schilke ist bereits seit zehn Jahren als Aufräumcoach tätig, lange bevor Ausmisten ein Trend wurde. Bei ihr gibt es keine spirituelle Begrüßung der Wohnung, keine Danksagung an die aussortierte Socke. Die Berlinerin regt ihre Kundinnen mit sanftem Druck an, sich endlich von der nie benutzten Bonbonniere und dem zerknautschten Teddybären zu trennen. (Text: arte)

Ákos Hadházy ist parteiloser Abgeordneter im ungarischen Parlament. Einst war er Mitglied in Viktor Orbáns Partei Fidesz – heute zählt er zu den härtesten Widersachern des Ministerpräsidenten. Er hat beobachtet, dass bei den letzten Parlamentswahlen Shuttlebusse Menschen aus der Ukraine zur Wahl nach Ungarn brachten, wo sie fast ausschließlich für Orbáns Fidesz-Partei stimmten. Hadházy will herausfinden, ob das auch bei der Europa-Wahl geschieht und reist an die ukrainische Grenze: Er findet dünn besiedelte Dörfer und leerstehende Häuser, in denen auf dem Papier zahlreiche Menschen wohnen. Gemeldet sind hier Mitglieder der ungarischen Minderheit aus der Ukraine, wenn sie in Ungarn einen offiziellen Wohnsitz haben, sind sie im Land wahlberechtigt. Was treibt die Menschen aus der Ukraine an die ungarische Wahlurne, sind es die höheren Renten und Soziallhilfeleistungen, die sie als Ungarn erhalten? Auf der ukrainischen Seite der Grenze lebt die Journalistin Krisztina Kudlotyák. Sie ist Teil der ungarischen Minderheit im Land und eine treue Anhängerin von Viktor Orbán, der hier in Schulen, Kirchen und Kulturprogramme investiert. Bei einem Fest im ukrainischen Dorf Beregszász erzählen ihr die Menschen von wirtschaftlichen Nöten, ihrem Verständnis von Identität und der Hetze ukrainischer Rechtsradikaler, die Listen mit den ungarischen „Landesverrätern“ öffentlich ins Netz stellen. Doch trotz dieser Bedrohungen fahren auch am 26. Mai 2019 viele von ihnen wieder nach Ungarn – zur Wahl über die Grenze. (Text: arte)

Ende März 2019 tobte die letzte Schlacht gegen den sogenannten Islamischen Staat. Das Kalifat, das einst große Teile Syriens und des Irak beherrschte, ist militärisch geschlagen. Es waren vor allem die Kurden Nordsyriens, die die Hauptlast im Kampf gegen die Terrormilizen zu tragen hatten. Doch jetzt haben sie ein Problem: Etwa 1.000 ausländische IS-Kämpfer und ihre Angehörigen sind in kurdischer Gefangenschaft. Ihre Heimatländer – allen voran Deutschland, aber auch Frankreich und Großbritannien – zögern, die Ex-Kämpfer und ihre Familien zurückzunehmen. Die Kurden selbst sind am Ende ihrer Kräfte. Denn die Bewachung und Versorgung der Gefangenen kostet Geld und Personal. Zudem sind die ehemaligen IS-Kämpfer ein hohes Sicherheitsrisiko. Darüber hinaus ist ihre selbstverwaltete Region in Nordsyrien akut gefährdet. Die Türkei droht immer wieder mit Angriffen. Die Kurden fühlen sich im Stich gelassen. Denn sie haben nicht nur ihr Territorium gegen den „IS“ verteidigt, sondern mit ihrem Kampf auch weitgehend verhindert, dass der Terror der Islamisten nach Europa gelangen konnte. „Re:“ hat mit den Kurden in Nordsyrien gesprochen. (Text: arte)

Wildschwein-Angst im Königreich: Schwarzkittel könnten die Afrikanische Schweinepest einschleppen und die Landwirtschaft ruinieren. Der Stahlgitterzaun zwischen Ost- und Westküste ist höchst umstritten: Kritiker sehen das 10 Millionen Euro teure Projekt als ein weiteres Symbol der Abschottung Dänemarks – nach der Wiedereinführung der Grenzkontrollen. Auch Wildbiologen schütteln den Kopf: Zum einen gibt es kaum Wildschweine in der Region, zum anderen bleiben durch Straßen, Feldwege oder Bahngleise viele Öffnungen, sodass die Tiere ohnehin queren können. Während die Ferkelerzeuger um ihre Existenz bangen und vom Staat einen Schutz gegen die Seuche fordern, machen die Zaungegner mobil gegen ein Bollwerk, das für sie hochproblematisch ist – erst recht in Zeiten der Flüchtlingsdiskussion und des Erstarkens populistischer Parteien in Europa. (Text: arte)

Casa di riposo – zu Deutsch „Haus der Ruhe“. Doch ruhig geht es in dem Altersheim nur selten zu. Für den besonderen Klang sorgen in dem neogotischen Bau in Mailand rund 60 Musiker, Sänger und Komponisten, die hier ihren Lebensabend verbringen. Zu verdanken haben sie das Giuseppe Verdi. Er gründete 1896 das Haus, um den Künstlern im Ruhestand unabhängig von ihren finanziellen Mittel einen Zufluchtsort unter Gleichgesinnten zu schaffen – sein „liebstes Werk“, wie der berühmte Gönner die „Casa Verdi“ einmal nannte. Eine großartige Idee zu einer Zeit, in der es noch keine Altersvorsorge gab. Doch wie funktioniert das Zusammenleben solch unterschiedlicher künstlerischer Charaktere? Die Aufmerksamkeit, die den Stars während ihrer aktiven Zeit entgegen gebracht wurde, haben sich die Musiker hart erarbeitet. Gilt nun auch im Ruhestand das Motto: einmal Diva, immer Diva? Seit den 1990er Jahren dürfen auch Studenten zeitweise mit ihnen zusammen wohnen. Besonders freut sich darüber die 94-jährige Bissy Roman. Ursprünglich aus Rumänien stammend, hat Bissy an den großen Bühnen der Welt als Gesangslehrerin gearbeitet. Noch heute bildet sie, die sieben Sprachen spricht, den Nachwuchs aus. Musik ist in der „Casa Verdi“ nicht nur Lebensgefühl, sondern Alltag. 15 Klaviere, eine Orgel, Harfen und Schlaginstrumente stehen den Bewohnern zur Verfügung. Die Bühnen der Welt, vereint unter einem Dach in Mailand. (Text: arte)

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