• 7
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RE: European Stories

Season 7 2022 - 2023

  • 2022-08-15T17:45:00Z on Arte
  • 32m
  • 4d 13h 40m (206 episodes)
  • Germany
  • German, English, French
  • Documentary
Reportage magazine that reports mono-thematically on a European topic - regardless of whether it is election reporting, country portraits or the presentation of a single person who implements a European project on a small scale. (Text: JN)

206 episodes

Season Premiere

7x01 Neustart nach der Flut – Nadine und Dirk geben nicht auf

  • 2022-08-15T17:45:00Z32m

Innerhalb von 24 Stunden fallen 100 Liter Regen pro Quadratmeter, und das kleine Flüsschen Ahr reißt Autos, Häuser und Bäume mit sich. Dirk und Nadine Heuer haben in der Flutnacht alles verloren: ihr Wohnhaus mit dem Malerbetrieb, Fahrzeuge, Erinnerungen. Ihr Traumhaus hatte Dirk selbst gebaut. Gerade mal ein Jahr hat die Familie dort gewohnt. Die Heuers haben Glück. Sie kommen in einer kleinen 2-Zimmer-Ferienwohnung unter. Von hier aus bauen sie ihr Leben wieder auf. Dirk und seine Ehefrau Nadine beschließen weiterzumachen, auch wenn das schwierig wird. Ursprünglich war der Malerbetrieb auf filigrane Malertechniken spezialisiert: Veredlung von Wänden mit besonderen Techniken und Materialien. Nach der Katastrophe werden die feinen Pinsel erstmal gegen Fräse und Bohrhammer getauscht, denn Dirk Heuer will mit seinem Team im Ahrtal beim Wiederaufbau mitwirken. „Re:“ begleitet Dirk und Nadine Heuer ein Jahr lang beim privaten und beruflichen Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe.

In einer Woche mehr als 600 Diebstähle in der Altstadt: Mit dem Beginn der Touristensaison versinkt Barcelona wieder in Kriminalität. Eliana Guerrera, gebürtige Kolumbianerin aus Medellin, will das nicht mehr hinnehmen. Sie ist die „Königin“ der Bürgerpatrouille von Barcelona. So nennen sie ihre Mitstreiter der „Patrulla BCN“. Gemeinsam streifen sie durch die U-Bahn-Stationen der beliebtesten Stadtviertel. Um Touristen vor Taschendieben zu warnen, aber auch um Straftäter auf frischer Tat zu ertappen. Mit der Pandemie war damit erst einmal Schluss. Keine Touristen – keine Opfer. Doch mit der Rückkehr der Gäste kommen auch die Kriminellen zurück. So streifen Eliana und ihre „Patrulleros“ nun wieder täglich durch die Gassen Barcelonas. Manchmal bis zu sieben Stunden am Stück.

Für Arthur Uther Pendragon ist das Göttliche in der Natur allgegenwärtig. Der 68-Jährige ist ein moderner Druide – und ein König. Denn Arthur Uther Pendragon, der früher einmal John Timothy Rothwell hieß, sagt von sich, er sei die Reinkarnation des sagenumwobenen König Artus. König Artus hat einiges zu tun diese Tage, denn die über 5000 Jahre alte Steinkreisanlage, UNESCO-Weltkulturerbestätte, und Heiligtum jedes modernen Druiden, soll zur Baustelle werden. Da sich auf der angrenzenden zweispurigen Schnellstraße A303 und deren Kreuzungen oft lange Staus bilden, soll hier für 1,7 Milliarden Pfund ein etwa drei Kilometer langer vierspuriger Tunnel gebaut werden. Das will König Artus zusammen mit britischen Archäologinnen uns Archäologen unbedingt verhindern. Sie glauben, der Tunnelbau würde den heidnischen Wallfahrtsort tiefgreifend verändern.

Trine Richter, Mads Boss und Klaus Vesløv sind nur einige von denen, die sich vor 20 Jahren zusammengesetzt haben, um ihre Insel zu verändern. Die dänische Ostseeinsel Bornholm litt unter Abwanderung, steigender Arbeitslosigkeit und fehlendem Wirtschaftswachstum. Eine Umfrage unter den verbliebenen knapp 40.000 Bewohnern ergab, dass viele mit Fokus auf die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz eine Chance sehen, Bornholm wiederzubeleben. Und so entwickelten sie einen Plan, wie Bornholm nachhaltig werden kann – und zwar in allen Bereichen: Elektrizität, Verkehr, Wärme, Ernährung, Bauen. Alle Projekte, die wieder Wachstum generieren sollen, haben nun Nachhaltigkeit als Grundlage. 100 Prozent erneuerbare Energien, modernste Baustoffe aus recycelten Materialien und Lebensmittel aus der regionalen Landwirtschaft – hier versuchen sie, es in der Praxis umzusetzen.

Noch vor gerade mal einem halben Jahr galt es in Finnland als Tabu, von einem Ende der militärischen Neutralität auch nur zu sprechen. Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat diese nationale Überzeugung nicht nur ins Wanken gebracht, sondern ins Gegenteil verkehrt: Drei Viertel aller Finnen und Finninnen wollen in die NATO, genau wie der Chef des Reservistenverbands, Ilpo Pohjola. Der Film erzählt von einer radikal veränderten sicherheitspolitischen Ausrichtung des Landes, aber auch von der pazifistischen, jugendlichen Minderheit, die jede Art von Gewalt ablehnt. Dazu gehören Vili Nurmi und seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen. Vili leistet seinen Zivildienst in Helsinki und organisiert Demonstrationen gegen die NATO, der er Kriegstreiberei vorwirft.

Seit 1957 betreibt die Familie von Mario Morra bereits ein traditionelles Strandbad in Neapel. Bald muss er sich – wie die anderen etwa 30.000 italienischen Strandbetreiber – neu um eine Konzession bewerben. Bislang wurde sie einfach immer wieder verlängert, jahrzehntelang. Während Morra sein Geschäft in Gefahr sieht, überlegt Anwohner Mario Avoletto, wie er überhaupt ans Meer kommen soll. De facto werden in Italien seit Jahrzehnten öffentliche Strände privatisiert. Wer baden will, muss zahlen oder muss mit kleinen, oft schattigen, Fleckchen am Ende des Strandabschnitts vorliebnehmen. Auch Bürgeraktivist Paolo Casale klagt, dass viele Strandbetreiber zudem gar nicht mehr ihrem Kerngeschäft nachgehen. Hochzeiten und Partys am Meer – das bringt mehr ein als das Vermieten von klapprigen Sonnenliegen.

Es ist ein spektakuläres Projekt der Bundesregierung: Cannabis soll legalisiert werden. Das beschert Startup-Unternehmern grasgrüne Zukunftsträume und Lobbyisten volle Terminkalender – hinter den Kulissen steckt die Branche die Claims für einen Multi-Milliarden Markt ab. Doch der Weg zur Freigabe als Genussmittel hält noch manche Herausforderung bereit… (Text: arte)

Wer in Bayern abtreiben möchte, muss lange Wege auf sich nehmen. Ungewollt Schwangere müssen oft mehrere hundert Kilometer weit fahren, um Hilfe zu finden. Denn die Versorgungslage ist schlecht, seit immer weniger Ärztinnen und Ärzte Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Dagegen kämpfen drei junge Aktivistinnen der Pro Choice Bewegung in Passau. Mit Protestaktionen und einer Petition wollen sie im Stadtrat die Abtreibungsgegner und -gegnerinnen umstimmen. Die Parteien im Stadtrat sollen sich dafür einsetzen, dass am Klinikum Passau Abtreibungen nach der Beratungsregelung durchgeführt werden können. Denn zurzeit gibt es nur eine Ärztin in ganz Niederbayern, die Abtreibungen durchführt. Weil es so schwierig ist, Hilfe zu finden, fahren noch immer Frauen aus Deutschland für einen Abbruch in die Niederlande.

Im September 2021 wurde der Franzose Philippe Rio zum weltbesten Bürgermeister gewählt. Der Lokalpolitiker steht einer der ärmsten Städte Frankreichs vor, dem 30 Kilometer südlich von Paris gelegenen Grigny. (Text: arte)

In Frankreich geht eine Untersuchungskommission von mehreren Hunderttausend Opfern aus, in Deutschland werden die Zahlen ähnlich hoch geschätzt. In Spanien waren noch vor vier Jahren offiziell 34 Fälle von sexuellem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche bekannt. Als die Zeitung „El Pais“ damals über das Thema zu berichten begann, meldeten sich immer mehr Opfer, inzwischen sind es 1.300. Enrique Pérez Guerra kämpft bis heute mit den Folgen des Missbrauchs. Als dieser nach Jahren bekannt wurde, wurde der Priester versetzt, das Verbrechen vertuscht. Enrique ist heute Sozialarbeiter, auch beruflich hat er immer wieder mit sexuellem Missbrauch zu tun, mit Opfern und mit Tätern. Erst durch ein Buch, das er schrieb, konnte er sich von dem Trauma einigermaßen befreien.

Die gebürtige Marokkanerin Hayat ist alleinerziehende Mutter von fünf Kindern und hat nur wenige Jahre eine Schule besucht. Ikrame aus Algerien, lebt nach einer gescheiterten Ehe in einem Frauenhaus. Fanta kam vor 6 Jahren von der Elfenbeinküste nach Paris und möchte ihre Töchter nachholen. Alle drei Frauen haben auf dem französischen Arbeitsmarkt so gut wie keine Chance. Doch alle drei teilen eine Leidenschaft: das Kochen. Das Programm „Des étoiles et des femmes“ („Von Sternen und Frauen“) bietet jährlich rund 150 Frauen aus benachteiligten Verhältnissen einen Ausbildungsplatz in der Spitzengastronomie. Hayat, Ikrame und Fanta haben drei der begehrten Ausbildungsplätze ergattert und gehen bei Sterneköchen in Paris und Lyon in die Lehre.

Bulgarien war jahrelang als Land bekannt, aus dem die Menschen abwanderten. Millionen Bulgaren verließen ihre Heimat auf der Suche nach höheren Löhnen und einer besseren Zukunft in Richtung Ausland. 1990 lebten noch rund neun Millionen Menschen im Land, heute sind es nur noch etwa 6,5 Millionen. Doch seit der Pandemie ist ein umgekehrter Trend sichtbar. Denn auf einmal zieht es Corona-Skeptiker aus aller Welt hierher. Bulgarien lockt nicht nur mit laxen Corona-Regeln, sondern auch mit günstigen Lebenshaltungskosten und niedrigen Steuern. Familie Van der Sluis aus den Niederlanden hat bereits in den USA, Spanien und Israel gelebt. Nun ist Sofia ihr neues Zuhause. Tochter Evia geht auf eine spanische Schule mit internationalen Mitschülern, Papa Yuri arbeitet im hippen Co-Working an internationalen Projekten, und Mutter Emily ist Immobilienmaklerin.

Andreas Fath warb mit einer Aktion für den Gewässerschutz: Der Wissenschaftler stieg in Ulm in die Donau, um 2700 Kilometer bis ans Schwarze Meer zu schwimmen und dabei Proben von Mikroplastik zu sammeln. (Text: arte)

Das Dorf Ittoqqortoormiit an der Ostküste Grönlands hat mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Immer häufiger verirren sich Eisbären hierher. Da die Eisbären Eis benötigen, um zu den Robben zu gelangen, ihrer bevorzugten Beute, das Eis aber immer später im Jahr zufriert, ziehen sie hungrig die Küste entlang. Die Menschen hier ernähren sich und ihre Hunde ebenfalls von Robbenfleisch. Nicht selten tauchen die Raubtiere deshalb plötzlich auf dem Kinderspielplatz oder der Müllkippe des Ortes auf. Um die Menschen und die Bären zu schützen, gibt es seit acht Jahren die Eisbärpatrouille. (Text: arte)

„In zwölf Minuten war ich kürzlich in dem abgelegenen Bergdorf, in dem ein Feuer ausgebrochen war“, erzählt Giorgos Peristeris stolz. Zu viert haben sie den Brand in Schach gehalten, bis nach einer Stunde Verstärkung kam. Die „richtige“ Feuerwehr war noch später dort. Giorgos Peristeris und seine Frau Marianna engagieren sich in der Freiwlligengruppe Omikron, die seit über 20 Jahren auf Chios gegen die Feuer kämpft. In der abgelegenen Gegend, in der sie auf der Insel leben, gibt es keinen Feuerwehr-Stützpunkt. Deshalb sind sie selbst aktiv geworden. Nicht nur beim Löschen, sondern auch für Brand-Prävention und für den Schutz der Wälder. Sie sind sich einig: Eine Katastrophe wie vor 10 Jahren, bei der große Teile der Insel verbrannten, darf sich niemals wiederholen. Dafür geben sie und die anderen Omikron-Mitglieder alles – ehrenamtlich. (Text: arte)

Die Istanbulerin Çiçek Yiğit macht im Moment vor allem eines – Schulden. Die dreifache Mutter und ihr Mann gehören zur Istanbuler Mittelschicht. Früher lebten sie gut mit dem Verkauf von Damenbekleidung. Doch mit der Inflation sind die Verkäufe eingebrochen. Ohne Einnahmen werden für die Familie selbst Miete und das tägliche Brot zu teuer. Sie sind auf staatlich subventioniertes Brot Halk Ekmek angewiesen, übersetzt: Volksbrot. Sie sind nicht die einzigen: die Schlangen vor den Verkaufsständen werden immer länger. Eigentlich produziert die Türkei 20 Mio. Tonnen Weizen jährlich selbst. Doch der Ertrag nimmt seit Jahren ab. Im Hinterland der Schwarzmeerküste baut Landwirt Sadik Turan Weizen an. Obwohl der so heiß begehrt ist, sind seine Aussichten dieses Jahr düster.
Weil sich der Preis für Dünger vervierfacht hat, konnte Turan in den letzten Monaten kaum düngen. Zudem explodiert der Diesel-Preis und eine Dürre im letzten Jahr hat viele Bauern in den Ruin getrieben. Nun hofft Turan auf R

In Frankreich weiß man dank der Arbeit des Agrarwissenschaftlers Christian Dupraz bereits sehr viel über Agroforst. Auf seinem Versuchsfeld fährt der Bauer inzwischen bessere Ernten ein als auf den Vergleichsfeldern ohne Bäume. Im Languedoc, dem größten Weinanbaugebiet Frankreichs, setzen nun auch ein Winzer Bäume zwischen die Rebstöcke, damit die Trauben nicht schon im August reifen. Auch in Deutschland erkennen immer mehr Landwirte die Vorteile – wenngleich es sich für manche fast wie ein Rückschritt anfühlt, wieder wie früher Hecken in die Äcker zu pflanzen. Hatte man sie doch gerodet um effektiver mit den großen Landmaschinen arbeiten zu können. Eine Gruppe schwäbischer Bauern reist zum Ortstermin nach Frankreich. Zusammen mit ihrem Verpächter wollen sie die Umwandlung ihrer Äcker in widerstandsfähige Agroforstsysteme planen.

Crash-Simulatoren, Spielplätze oder medizinische Diagnosen – selbst scheinbar geschlechtsneutrale Bereiche unserer Gesellschaft sind von der männlichen Perspektive geprägt, machen das Leben für Frauen mühsam oder gar gefährlich. Das soll sich ändern. Eva Kail gestaltet in Wien die Blaupause einer Stadt für alle – angepasst an die sich ändernden Bedürfnisse von Familien. Sie drängt darauf, dass Spielplätze auch Mädchen Spaß machen, Grünanlagen dem Sicherheitsbedürfnis von Frauen entsprechen, Co-Working-Spaces Eltern die Berufstätigkeit erleichtern. Dabei geht es ihr nicht speziell um Frauenförderung. Ihre Arbeit soll das Leben für alle verbessern. Auch Astrid Linder und Lotta Jakobsson sind Pionierinnen auf diesem Feld. Gemeinsam erarbeiten sie Crashtests, die Autos für Frauen sicherer machen, und retten damit Leben.

Schnelle Wetterumschwünge, gefährliche Strömungen, extremer Wellengang und scharfe Felsen machen die französische Atlantikküste zu einer unzähmbaren Naturgewalt, die trotz aller Anstrengungen jedes Jahr Dutzende Menschenleben fordert. Um die Gefahr zu minimieren, geben die lokalen Rettungskräfte täglich alles; besonders im Hochsommer, wenn die kleinen Orte entlang der Küste ein Vielfaches ihrer Einwohnerzahl beherbergen. Am Stadtstrand der beliebten Küstenstadt Biarritz wacht die junge Rettungsschwimmerin Oiana Trillo in ihren Semesterferien über die Badezone. Die 19-Jährige ist in Biarritz aufgewachsen, kennt den Tourismus-Boom der Region und weiß: viele unterschätzen die Tücken des Atlantiks. „Wir retten oft Menschen, für die das Meer völlig fremd ist. Prävention ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit.

Tunesien: das Land der Jasmin-Revolution, eines der Länder, denen es im sogenannten Arabischen Frühling gelang, ihren Diktator zu stürzen. Doch trotz aller demokratischen Fortschritte emigrieren jährlich fast 1000 Ärzte – das sind mehr, als sie dort jährlich neu ausbilden. In Frankreich verdienen sie nicht nur mehr Geld als in ihrer Heimat, dort haben sie auch keine Probleme mehr damit, Medikamente und funktionierende medizinische Geräte zu beschaffen. Sie wurden in ihrem Herkunftsland sehr gut ausgebildet und erweisen sich als effiziente Fachkräfte. Während Tunesien eine beispiellose politische und wirtschaftliche Krise durchlebt, sind die Ärzte in aller Regel eher unkritisch, was die Arbeitsbedingungen angeht, die ihnen ihr Gastland bietet. Ob es nun darum geht, für einen geringeren Lohn als ihre französischen Kollegen zu arbeiten oder sich in den entlegensten Winkeln des Landes niederzulassen, sie sind zu fast allem bereit. Haben sie überhaupt eine Wahl? (Text: arte)

Mikroplastik ist erst seit wenigen Jahren ein Thema in der Öffentlichkeit. Christian Laforsch ist ein Pionier der Mikroplastik-Forschung. Ihn interessiert vor allem, wie gefährlich es für uns ist. Diese Frage treibt ihn an, denn sie kann in Zukunft lebensentscheidend sein. Deshalb möchte er aber auch wissen, wie wir es schaffen können, weniger Plastik in die Umwelt zu bringen. Man findet die winzigen Teilchen überall: im Schnee auf dem Mont Blanc, im Wasser unserer Flüsse – genauso wie in der Luft, die wir atmen. Mikroplastik ist so klein, dass wir es nur unterm Mikroskop sehen können. Doch Christian Laforsch, Professor an der Uni Bayreuth, begibt sich mit seinem Team auf die Suche nach den heimtückischen Partikeln. Sie spüren sie auf mit selbstgebauten Messgeräten, im Wasser, in der Luft und im Ackerboden.

Manche zieht es auf der Suche nach gut bezahlter Arbeit in die arktische Abgeschiedenheit, andere sind fasziniert von der atemberaubenden Natur. Efren Regato von den Philippinen hat sich für ein Leben als Putzkraft am Rande von Europa entschieden. Dafür muss er mit der klirrenden Kälte klarkommen und damit, dass seinen Söhnen der Alltag in ihrem Wohnort Longyearbyen nur wenig Abwechslung bietet. Die Visafreiheit von Spitzbergen hat noch einen anderen Preis: Es darf zwar jeder kommen, Verlass auf ein soziales Netz gibt es hingegen nicht. Grundsätzlich gilt: Alle müssen für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen können oder die Insel wieder verlassen. Für die Belgierin Élise Thil und ihren französischen Mann Loup Supéry wäre der Traum von einem Neuanfang in der Arktis fast geplatzt. Die Coronakrise hat ihnen alles abverlangt.

Es begann als Abenteuer und ist jetzt eine geopolitische Herausforderung. Vor acht Jahren gab der Ökonom Mathias von Tucher mit Ende 40 seinen sicheren Job in Deutschland auf und zog nach Moldawien. Hier leitet er seitdem den internationalen Freihafen Giurgiuleşti an der Donau. Der Krieg in der Ukraine, die nur wenige Meter hinter dem Hafen beginnt, bringt neue Herausforderungen. Weil die ukrainischen Häfen am Schwarzen Meer von der russischen Armee blockiert sind, sollen viele Güter aus dem Land in Giurgiuleşti umgeschlagen werden. Doch dafür reichen die Kapazitäten nicht. Ein neues Terminal ist in Planung, wird allerdings erst im nächsten Jahr fertig sein. Vor den Toren des Hafens stauen sich die Lastkraftwagen, die darauf warten, am Zoll oder an den Grenzübergängen nach Rumänien oder in die Ukraine abgefertigt zu werden.

London. Nah am Buckingham Palace krabbelt John Loughrey aus seinem Zelt. Es ist fünf Uhr morgens, der 67-Jährige muss sich beeilen, denn schon bald müssen er und seine Freunde den Platz für die Massen räumen. Der Sarg der Queen wird an diesem Nachmittag vom Buckingham Palace zur Westminster Hall überführt. Seit Tagen campen die „Royal Superfans“ hier, um Abschied von ihrer Königin zu nehmen. Nicht nur John Loughrey, überall erzählen Briten von ganz persönlichen Begegnungen mit der Königin – und wie es ihr Leben bis heute prägt. So auch in Schottland. In Edinburgh verabschieden sich Menschen am geschlossenen Sarg der verstorbenen Monarchin. Vor Schloss Balmoral haben Anwohner hunderte Blumensträuße abgelegt. John Sinclair ist Metzger in Ballater, Aberdeenshire und beliefert das Schloss seit vielen Jahren.

Vormittags faltet er Wäsche in einem Behindertenheim, nachmittags durchstöbert er unermüdlich die Container des gesamten Umlandes nach alten Zeitschriften, aus denen er Ausschnitte in tagebuchartige Journale klebt. Der 62-Jährige ist mental zurückgeblieben, lebt in einer Einrichtung für geschütztes Wohnen im nordböhmischen Rumburk, in der wunden Landschaft der ehemaligen Sudeten. Abends malt er hier die Welt, wie er sie sieht – die Nase fast auf dem Schreibtisch, weil die Augen schlecht sind, er eine Brille aber ablehnt. So entstehen auf meterlangen Papierbahnen Straßenschluchten und urbane Dschungel, verworrene Systeme von ganz eigener Schönheit – ein Kosmos für sich. Die Prager Kuratorin Ivana Bradkova, die die Kunst geistig Behinderter propagiert, hat Ota Prouza für die Kunstwelt entdeckt.

Eingewickelte Triebwerke und verklebte Fensterscheiben: In der spanischen Halbwüste bei Teruel liegt einer der größten Flugzeugparkplätze der Welt. Ganze Flotten wurden zu Corona-Zeiten nach Teruel geflogen, auch Jumbojets und sogar der Airbus A 380. Jetzt stehen sie in Teruel nutzlos im Sand rum. Beim Kauf vor zehn Jahren kostete jede A 380 noch 400 Millionen Euro. Jetzt haben sie plötzlich keinen Wert mehr und gelten als unverkäuflich. In diesem Spannungsfeld arbeitet der Betreiber Tarmac Aerosave und versucht sich an einem neuen, nachhaltigen Geschäftsmodell: Luftfahrt als Kreislaufwirtschaft. Wie man Flugzeuge einmottet und dabei trotzdem flugfähig hält, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Die Techniker sind Verpackungskünstler, denn die empfindlichen Maschinen müssen vor der Witterung und vor Tieren geschützt sein.

Europas größtes Universitätsklinikum hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Die Berliner Charité will klimaneutral werden. Dafür hat sie eine Task-Force ins Leben gerufen, die ökologische Probleme im Krankenhausbetrieb ausfindig macht und an Lösungen arbeitet – etwa bei Narkosegasen, welche die CO2-Emissionen immens erhöhen. Nachhaltigkeitsforscherin Dr. Susanne Koch prüft verschiedene Filter, die für das Abgasproblem der Charité und anderen Krankenhäusern wegweisend sein könnten. Ihr Ziel: wiederverwenden statt in die Atmosphäre leiten. Kardiologe Dr. Carsten Israel ist Chefarzt des Evangelischen Klinikums Bethel in Bielefeld. Jeden Tag setzt er Patientinnen und Patienten Herzschrittmacher ein. Die meisten Geräte überleben ihre Träger und Trägerinnen.

Es ist die Reise seines Lebens. „Seine letzte Chance“, nennt es Dieter Offermann. Der 60Jährige fliegt nach Tiflis, der Hauptstadt Georgiens, um sein Bein zu retten. Seit 7 Jahren kämpft er gegen Bakterien, die nach einer Knie-OP in die Wunde eingedrungen sind. Kein Antibiotikum hilft. Auch nicht die vier weiteren Knieoperationen. Die Ärzte raten dringend zur Amputation, allerdings ohne Garantie, dass die Wunde danach wirklich heilt. Zu undurchschaubar sei die Lage mit den Bakterien. Für Dieter Offermann bricht eine Welt zusammen. Er ist sehr aktiv, arbeitet, hat eine große Familie, viele Freunde, Hunde – ein erfülltes Leben. Dieter Offermann recherchiert. Ein Kollege erzählt ihm von der Phagentherapie in Georgien. Die Phagen – ein Wundermittel? Phagenforschung gibt es schon seit den 1920er Jahren.

In seiner Backstube auf der Schwäbischen Alb setzt Heiner Beck für ein aromatisches und bekömmliches Brot auf Regionalität, eine lange Teigruhe und Rohstoffe in Bio-Qualität. Aktuell testet er verschiedene Leinsamen-Sorten in Hinblick auf Ertrag, Geschmack und die verdauungsfördernde „Schleimigkeit“ – gemeinsam mit Getreideforscher Friedrich Longin. Der 43-Jährige führte mit Heiner Beck schon viele Praxistests durch und leitet an der Uni Hohenheim die Arbeitsgruppe Weizen. Er will mit Vorurteilen aufräumen, denn Weizen hat einen schlechten Ruf. Gleichzeitig will er auf alte Getreidearten aufmerksam machen, die zu einer wichtigen Vielfalt beitragen – sowohl auf dem Teller als auch auf den Feldern. Bei Hobby-Bäckerin Grit Steußloff aus Rostock hat die Back-Leidenschaft klein angefangen, inzwischen bietet sie Kurse für Backbegeisterte an.

„Die Besucher sagen uns: Euer Bier ist gut, wer ist Eurer Braumeister? Wir sind eine Frauenbrauerei, wir machen das Bier, verdammt!“, erzählt Ana Salazar der Bierexpertin Susana Giner. Susana besucht auf ihrer Reise Bierbrauerinnen. Ihre Route ist 1200 Kilometer lang und führt sie von Barcelona bis nach Vigo – auf den Spuren der Geschichte des Bierbrauens. In den Anfängen waren überall auf der Welt Frauen für die Zubereitung des weltweit beliebten Getränks zuständig. Vom alten Ägypten über Mesopotamien, wo die Brauerinnen als Priesterinnen der Göttin Ninkasi galten, bis hin zu den Wikingergesellschaften, wo nordische Frauen das Getränk zur Feier von Eroberungen brauten. Wie auch in anderen Bereichen wurden die Namen der Frauen, die die ersten Steine legten, von der Macht des Patriarchats begraben.
Bierbrauerinnen galten sogar als Hexen und wurden verbrannt, der lukrative Zugang auf den Markt wurde ihnen verwehrt.

Seit 1976 steht die einzigartige Tara-Schlucht unter dem Schutz der UNESCO. Seit 2017 schlagen Umweltorganisationen und auch viele Angelsportler Montenegros Alarm – als bekannt wurde, dass zwei Kilometer der neuen Autobahn direkt entlang des Tara-Flussbettes gebaut werden. Mile Lazarević ist Präsident eines Angelsport-Clubs in Kolašin und hat jahrelang für den Schutz und Fischbestand der Tara dort gesorgt. Jetzt blutet dem 70-Jährigen das Herz, wenn er die riesigen Autobahnpfeiler direkt am Flussbett sehen muss: „Die Fische sind weg, das Leben ist aus dem Fluss verschwunden. Jetzt haben wir hier eine Wüste!“ Insgesamt geht es um 170 Autobahnkilometer, die Montenegros Adria-Küste mit dem unterentwickelten Norden des Landes und über Serbien dann schließlich auch mit der EU verbinden sollen.

Modedesigner Rafael Kouto hat 2019 den Swiss Design Award für seine Kollektion gewonnen, die er mit nachhaltiger Schweizer Seide entworfen hat. Für den Seidenbauern Ueli Ramseier war es natürlich eine Geschäftsidee, aber er wollte auch beispielhaft zeigen, dass es nicht nötig ist, Seide tausende von Kilometer mit einem fetten CO2-Abdruck aus China zu importieren. Sein Ziel: Er will noch mehr Menschen von der Raupenaufzucht mitten in der Schweiz überzeugen und so lokal produzierte, nachhaltige Mode herstellen. (Text: arte)

Patrik Mürner aus Luzern ist Pilzfan von Kindesbeinen an. Und er ist überzeugt, dass Pilze ein Schlüssel zur biologischen Kreislaufwirtschaft sind. Der studierte Produktdesigner befasst sich seit Jahren intensiv mit Mycel und Fruchtkörpern und hat seinen erlernten Beruf dafür inzwischen an den Nagel gehängt. Eines seiner Haupt-Forschungsgebiete: die Sanierung belasteter Böden mithilfe von Pilzen. Demnächst möchte er auf diese Weise eine Zink-belastete Industriebrache vor seiner Haustür wiederherstellen: Biologisch reinigen, statt den belasteten Aushub wegzupacken und zu lagern. Eine Methode, die Zeit braucht, aber zukünftig viele Probleme lösen könnte. Auf einem Bio-Weingut hilft Patrik Mürner außerdem die Weinreben mit flüssigem Pilz-Mycel zu stärken.

Die 49-jährige Landwirtin Gabriele Mörixmann aus dem niedersächsischen Melle hat schon immer in der Schweinehaltung gearbeitet. Überzeugt hat sie keines der bestehenden Haltungskonzepte. Also hat sie eine Stallwelt rund um das Schwein geschaffen, die auch in kein Biosiegel passt. Ihre Schweine haben mehr Platz als selbst in der höchsten Haltungsstufe vorgeschrieben. „Aktivstall für Schweine“ heißt das Konzept, bei dem die Tiere jederzeit die Sau rauslassen können. Benedikt Bösel (37) setzt auf seinem Hof im brandenburgischen Alt Madlitz auf ziemlich wilde Rinder. Als der frühere Finanzberater den elterlichen Ackerbaubetrieb an einem der trockensten Standorte Deutschlands 2016 übernommen hatte, wurde ihm schnell klar: Die Folgen des Klimawandels und eine nur auf Ertrag ausgelegte Landwirtschaft haben die Böden ausgelaugt.

Nach wie vor rekrutiert Russland eine unverhältnismäßig hohe Zahl der in der Ukraine eingesetzten Soldaten unter den nichtrussischen Ethnien des Landes. Doch die Unzufriedenheit über die vielen Toten und Verletzten in der sogenannten „Spezialoperation“ wächst in den betroffenen Regionen wie Burjatien oder Jakutien. Die russische Regierung unterdrückt jeglichen Widerstand mit besonders starker Propaganda und totaler Kontrolle. Mit jedem Tag nimmt der Druck auf Andersdenkende und Journalisten zu. Menschenrechtlerin Nadjeschda saß bereits viermal in Haft.

Jeden Tag gehen bis zu 300 Vermisstenanzeigen bei der deutschen Polizei ein. Die meisten Menschen tauchen nach wenigen Tagen wieder auf. Aber von rund drei Prozent fehlt auch nach einem Jahr jede Spur. Ein Albtraum für die Angehörigen. Das Taumeln zwischen Hoffnung und Furcht lässt sie meist auch nach Jahren nicht zur Ruhe kommen.

Der Spanier Andrés García-Carro ist Influencer – und das mit 90 Jahren. Während der Corona-Pandemie startet er zusammen mit seiner Enkelin Celine van Heel den Instagram-Account „The Spanish King“. Sein Markenzeichen: Braungebrannt posiert er in schrillen Klamotten und erreicht damit über 40.000 Follower. Der Instagram-Erfolg lockte sogar Modemarken wie Zara an. „Ich glaube, ich bin 30 Jahre jünger geworden, seit ich mit ihr zusammenarbeite“, erklärt Granfluencer Andrés García-Carro. Die Senioren erobern nicht nur die sozialen Medien. Auch Modelagenturen verzeichnen eine gestiegene Nachfrage nach sogenannten Best-Ager-Models. Renate Raschke ist eine von ihnen und wagt mit 80 Jahren den Einstieg ins Modelbusiness – auch um ihre Rente aufzubessern. Bis zu einigen tausend Euro Honorar gibt es für ein Fotoshooting.

Trotz des anhaltenden Beschusses arbeiten junge Ukrainerinnen wie Olena Tschisch als humanitäre Minenräumerinnen weiter. Unter Einsatz ihres Lebens versuchen sie in akribischer Arbeit, Straßen und wichtige Infrastruktur-Punkte von Kampfmittelrückständen und Minen zu säubern. Die verschmutzten Flächen genau zu lokalisieren, das hat sich Tetiana Welschina zur Aufgabe gemacht. Systematisch fährt die junge Frau mit ihrem Team die verseuchten Gebiete ab, sucht nach Hinweisen und befragt auch Zeugen vor Ort. Sie muss wissen, wo die russischen Einheiten langgefahren sind und wo es schweren Beschuss gab, oder wo es bereits zu Minenunfällen gekommen ist. Wie wichtig die Arbeit der Minenräumerinnen ist, zeigt das Schicksal der 23-jährigen Krankenschwester Oksana Balandina.

Bei Archäologen und der Polizei gelten Dietmar Kroepel und sein Hund Flint als Geheimwaffe: Sie können menschliche Knochenreste aufspüren, selbst wenn die vor Jahrhunderten tief vergraben wurden. Ursprünglich war Flint Rettungshund, bis der Archäologe Dietmar Kroepel auf die Idee kam, den Rüden nach menschlichen Knochen suchen zu lassen. Zweieinhalb Jahre bildete Dietmar seinen altdeutschen Hütehund selber aus – mit Erfolg: Inzwischen konnten die beiden bei unzähligen archäologischen Grabungen und 33 Kriminalfällen die Überreste von Verstorbenen aufspüren. In Nürnberg macht sich das eingespielte Team auf die Suche nach einer seit acht Jahren vermissten Frau, die vermutlich einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Ihre Schwestern haben Dietmar Kroepel engagiert. Die Polizei ermittelt nicht mehr aktiv.

Im vergangenen Sommer hielt das Fischsterben in der Oder die Öffentlichkeit in Atem. Während polnische und deutsche Anwohner:innen des Flusses verzweifelt gegen den Umweltkollaps ankämpfen, versuchen Wissenschaftler:innen, den Grund für die Naturkatastrophe herauszufinden. Alle sind sich einig, dass es nach dem Unglück nicht so weitergehen kann. (Text: arte)

Ursula Andermatt ist in Basel geboren und lebt seit fast 40 Jahren in Berlin. Nun hat sie das zweite Mal Brustkrebs – die aggressivste Form. Die Metastasen sind weit gestreut. Sie bangt um jeden Tag Leben, der ihr noch möglich ist. Doch bevor es noch schlimmer wird, möchte sie ihr Leiden abkürzen. Ihr größter Wunsch ist es, selbstbestimmt zu sterben. Zoraya aus Oldenzaal in den Niederlanden ist erst 27 Jahre alt und hat den festen Willen, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Von Kindheit an hat sie psychische Erkrankungen. Zahlreiche Therapien haben ihr nicht geholfen. Obwohl sie alles hat, wie sie sagt, – ein Haus, einen Freund, zwei Katzen – fühlt sie sich wie im Dunklen gefangen, entfremdet von sich selbst und allen anderen. Sie hat keine Energie mehr für das Leben, und es fehlt ihr jede Motivation, weiter darum zu kämpfen.

Mehr als jede vierte Pflegekraft in einem luxemburgischen Altenheim ist Deutsche, in den vier Krankhäusern des Großherzogtums ist es immerhin jede dritte: Mehr als 4.000 Pflegerinnen und Pfleger aus Deutschland pendeln täglich in das nur 630.000 Einwohner zählende Großherzogtum. Somaeh Metzger und Oliver Lantuejoul sind zwei von ihnen. In Deutschland fühlten sie sich ausgenutzt und ausgebrannt. Luxemburg lockte sie mit nahezu idealen Bedingungen: kaum Überstunden, mehr Wertschätzung und ein doppelt so hohes Gehalt. Eine Rückkehr nach Deutschland – für beide derzeit undenkbar. Die Corona-Pandemie hat die Defizite im deutschen Pflegesystem offengelegt. Für deutsche Krankenhäuser und Altenheime, vor allem in der Region Trier und im Saarland, ist die Abwanderung nach Luxemburg eine Katastrophe, sie sind personell eh schon am Limit.

Es ist der größte Umbruch in der Geschichte der Autoproduktion: Die E-Mobilität soll Klimaretter werden. Die Anzahl zugelassener E-Autos auf Deutschlands Straßen nimmt zu. Kritik bezüglich Umwelt- und Kostenfragen bleibt jedoch bestehen. Pionier und Bäckermeister Roland Schüren denkt groß – er hat nicht nur sein Unternehmen auf E-Mobilität umgestellt, sondern schafft auch Infrastrukturprojekte für seine Mitmenschen: „Ich möchte zeigen, dass E-Mobilität funktioniert und für alle geht“. Bei seinen Bemühungen wird er jedoch durch Regularien und Gesetze ausgebremst. In den Niederlanden gibt es nicht nur zehnmal so viele Ladesäulen pro E-Auto wie in Deutschland, unser Nachbarland wird im November das welterste Solar-E-Auto auf den Markt bringen: Den „Lightyear 0“.

In Österreich und Ungarn gibt es immer öfter Angriffe auf seltene Greifvögel. Bedroht ist vor allem der Kaiseradler. Vogelschützer versuchen deshalb, möglichst viele der Tiere mit Sendern auszustatten und zu bewachen. Die Situation ist dramatisch. Von den Jungvögeln sind in den letzten Jahren zwei Drittel getötet worden oder verschollen. Sie sterben durch Schussverletzungen oder verenden durch Giftköder. Tierschützer wie Marion Schindlauer trainieren Hunde, um solche Giftköder aufspüren zu können. Und auch die Polizei ermittelt in einzelnen Fällen, um den Wilderern auf die Spur zu kommen. (Text: arte)

Huguette Gitoka flüchtete 2015 gemeinsam mit ihren drei kleinen Kindern aus ihrer Heimat Kongo nach Griechenland. Sie ist eine von vielen, denn von den 84 Millionen Menschen, die letztes Jahr auf der Flucht waren, waren gut die Hälfte Frauen und Mädchen. Sie machen ganz andere Erfahrungen als geflüchtete Männer: Die Sorge um die Familie, sexuelle Gewalt oder eine Geburt während der Flucht – solche Traumata sind spezifisch weiblich. In Griechenlands Hauptstadt Athen kümmert sich ein Verein besonders um die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen – wobei das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ wichtig ist. Huguette macht derzeit eine Schulung bei „Amurtel“, wo Frauen vor, während und nach der Schwangerschaft unterstützt werden.

Seit Mai dieses Jahres ist der Amara-See in Rumänien komplett ausgetrocknet. Auch seine Nachbarseen schrumpfen zusehends. Nicht nur die Fische verenden, auch Vögel, Insekten und andere Lebewesen des Sees verschwinden. Ohne Zweifel zeige hier der Klimawandel seine Auswirkungen, meint Umweltschützer Dan-Cătălin Turiga von der NGO „Agent Green“. Aber „die Behörden hätten eingreifen können“, ist er überzeugt, um den See möglicherweise zu retten. Man hätte Wasser aus dem benachbarten Fluss in den See leiten oder zumindest die sozioökonomischen Folgen abmildern können: „Die Fischer sind am stärksten betroffen. Die meisten müssen jetzt von Sozialhilfe leben.“ Valerikă Marin ist einer von ihnen. Der Traktorist hat Zeit seines Lebens regelmäßig als Tagelöhner für den lokalen Fischerei-Betrieb gearbeitet.

Die Süßkartoffel liegt im Trend und hat als Pommes, Püree oder in Currys die Restaurants und Küchen der Deutschen erobert. Um den Bedarf zu decken, werden die meisten Süßkartoffeln importiert – vor allem aus den USA. Die Importmenge lag 2020 rund 19-mal höher als noch 10 Jahre zuvor. Sönke und Anna Strampe wollen das ändern. Sie leisten Pionierarbeit und bauen Bio-Süßkartoffeln in der Lüneburger Heide an. Ein wärmeres Klima macht das möglich, doch der Anbau ist risikoreich und erfordert viel Geduld und Kreativität. Der Bio-Landwirt Karsten Ellenberg züchtet neue Kartoffelsorten und bewahrt alte. Bis zu zehn Jahre dauert die Zucht einer neuen Sorte. Seine gelb-, rosa- oder sogar violettfleischigen Kartoffeln vertreibt er als Speisekartoffeln und als Saatgut für andere Kartoffelbauern.

Für die meisten Franzosen ist Yvan Colonna der Mörder des Präfekten Erignac im Jahr 1998, doch auf Korsika ist der nationalistische Hirte ein Held, ein Märtyrer und ein Mythos für eine ganze Generation junger Korsen. „Er verkörpert die Rebellion, den Widerstand, den Rebellen, aber ohne Kapuze. Eine Art Che Guevara, obwohl er nichts dafür getan hat“, erklärt der Politikwissenschaftler Thierry Dominici. Die Jugendlichen projizierten sich auf ihn: „Sie haben ein großes Gefühl der Deklassierung: Viele haben den Eindruck, keine Zukunft zu haben, im Vergleich zu den Jugendlichen auf dem Kontinent. Sie sind der Meinung, dass der Staat viel mehr für sie tun sollte.“ Korsikas Unabhängigkeitsbewegung entstand Mitte der 1970er Jahre. Die politischen Führer der Region Korsika, der korsischen Exekutive, kommen heute alle aus dieser Bewegung. (Text: arte)

Obwohl sie vielen kaum bekannt sind, leben heute über 300.000 Irish Traveller in England und Irland. Sie werden oft mit den Roma verglichen, mit denen sie die Lebensweise des Reisens gemeinsam haben. Ansonsten werden sie noch stärker als andere Minderheiten ausgegrenzt und diskriminiert. In England und Irland ist der Rassismus gegen dieses Volk auf Reise tief verwurzelt. Offensichtlich aber wird ihre Lage immer schlimmer. Die Irish Traveller leben lange schon am Rande der Gesellschaft. Die seriöse Studie der Europäischen Union hat allerdings einen Schock ausgelöst, vor allem wegen der ermittelten Zahlen: Heute begehen 11 % der Irish Traveller Selbstmord, und nur 3 % von ihnen werden älter als 65 Jahre. In Europa sind das die schlimmsten Statistiken für eine Bevölkerungsgruppe. (Text: arte)

Der globale Hunger: immer mehr, immer günstiger und immer verfügbar. So sollen unsere Lebensmittel sein. Doch während unser Appetit immer größer wird, sind die Ressourcen endlich – vor allem im Meer. Galicien ist einer der wichtigsten Lieferanten von Oktopus in der EU. Während aber die Nachfrage nach dem Kraken steigt, schrumpfen die natürlichen Bestände. Auch Fischer wie Santiago Castro holen immer weniger Exemplare der Delikatesse aus dem Meer. Um unseren Appetit zu befriedigen soll der Oktopus jetzt in Massen gezüchtet werden. Erstmals ist es einem spanischen Fischereikonzern gelungen, den Oktopus in Gefangenschaft zu vermehren. Das Ziel der Firma: 3.000 Tonnen jährlich zu ziehen und zum Verzehr zu verkaufen. Das soll Arbeitsplätze schaffen und den Wildfang entlasten. Es wird aber auch Millionen in die Kassen des Konzerns spülen.

Tee ist in der Türkei Nationalgetränk. Wahrscheinlich kam er im Mittelalter über die Seidenstraße aus Fernost. Bis heute wird er in der Türkei „Cay“ genannt, wie in China. Das Mekka der türkischen Teeproduktion liegt in Rize, an der Schwarzmeerküste im Nordosten des Landes. Angebaut wird der Tee von abertausenden von Kleinbauern an den Hängen des Küstengebirges. Weil die so steil sind und die Säcke mit den geernteten Teeblättern groß und schwer, setzen die Teepflücker hier Seilbahnen ein, um die Tee-Ernte bergauf oder bergab zur nächsten Straße zu befördern. Doch aus Geldmangel sind es Seilbahnen Marke Eigenbau, die hier eingesetzt werden, oft abenteuerliche Konstruktionen mit unisolierten Verkabelungen, angetrieben von rostigen Diesel- oder Elektromotoren.

Martin Lass hat schon vor Jahren erkannt: Umweltschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit sind keine Gegensätze. Als Landwirt betreibt er auf seinem Familienhof eine Biogasanlage, die in Zeiten der Krise einen Boom erlebt. Er hat eine regionale Lösung entwickelt, um nachhaltig Energie zu speichern. Sein Biogas- und Wärmespeicher macht Energie dann nutzbar, wenn sie auch benötigt wird. Auch Cornelius Paul hat den Grundstein seiner Idee vor mehreren Jahren gelegt: Solardachziegel. Schon 600 Häuser hat der Unternehmer mit ihnen decken lassen, die von herkömmlichen Ziegeln kaum zu unterscheiden sind. Doch Pauls Firma hat ein Problem: Es fehlen Handwerkerinnen und Handwerker, um die Aufträge abzuarbeiten. Dass aus Krisen auch Chancen erwachsen können, davon ist Lars Angenent überzeugt.

Der Circus Raluy befindet sich in einer wirtschaftlichen Krise. Nach dem Tod ihres Vaters Luis Raluy und der Coronapandemie bemühen sich die Töchter Kerry und Louise Raluy, den Zirkus wieder zum Leben zu erwecken. Die Schwestern versuchen, die Familientradition weiterzuführen und neben ihren Auftritten auch alles Organisatorische zu stemmen. Mit fast 40 Artisten – Clowns, Akrobaten, Zauberern und Trapezkünstlern – bereisen sie Katalonien und Teile Frankreichs. Es ist eine bunte Zirkusgemeinschaft, zusammengestellt aus fast 15 Nationen. Tiere gibt es schon seit Langem nicht mehr. Umso wichtiger ist daher eine gute Mischung aus spektakulären Zirkusnummern und den beliebten Clowns. Es ist ein hartes, unstetes Leben, das alle Beteiligten körperlich fordert.

Seit Wochen versucht Misza aus Warschau einen Konzertsaal für den Auftritt seines Chores Voces Gaudii zu mieten. Aber immer, wenn die Vermieter erfahren, dass es sich um einen LGBTQ-Chor handelt, ist der Saal plötzlich nicht mehr verfügbar oder doppelt so teuer. „Zurückweisung kennen wir von Anfang an, aber das hält uns nicht davon ab, weiterzumachen“, sagt Chorleiter Misza. Jetzt steht ein mutiges Projekt an: Der Chor will Konzerte in besonders konservativen Regionen Polens geben. Seit die Partei PiS an der Regierung ist und Stimmung gegen queere Menschen macht, erleben Schwule, Lesben und Transpersonen immer öfter Diskriminierung und Gewalt in Polen. „Dagegen kämpfen wir, denn wir sind nicht hier, um zu leiden“, sagt Ola nach einer Chorprobe.

Anna Chapman-Andrews und ihre Familie leben seit zehn Jahren auf einem Schiff auf der Londoner Themse. Ebbe und Flut gehören zu ihren ständigen Begleitern. Ihr Boot haben Anna und Jonathan als Alternative zu den wahnwitzigen Immobilienpreisen in London gekauft. Aber ihre 90 Quadratmeter müssen sie aufwendig instand halten. Mittlerweile haben sie zwei Kinder. Die Kosten steigen. Für den festen Liegeplatz zahlen sie rund 20.000 Pfund Miete im Jahr. Das Ehepaar sieht keine andere Chance als ihr Boot zu verkaufen. Offiziell leben in London mittlerweile rund 10.000 Menschen auf Booten. Mehr als 2.000 davon sind so genannte Narrow Boats ohne festen Ankerplatz. Colin Legge besitzt eins: 23 Meter lang und nur zwei Meter breit. Colin arbeitet in der Verwaltung eines Theaters. Einen Briefkasten, Wasser- und Stromanschluss besitzt er nicht.

Israel Kaunatjike ist Berliner und Nachkomme der Hereros – einer Bevölkerungsgruppe Namibias, an denen deutsche Kolonialtruppen vor über hundert Jahren im damaligen „Deutsch-Südwestafrika“ Völkermord begingen. Von Berlin – der ehemaligen Hauptstadt der deutschen Kolonialmacht – geht er auf eine Spurensuche in seine alte Heimat Namibia. Während Israels Reise durchs Land wird deutlich, wie eng die Geschichte Namibias und die Deutschlands noch heute miteinander verflochten sind. Er sieht seine Familie und ihre Traditionen, trifft sich mit seiner Freundin Esther Muinjangue, die als erste Herero-Frau zur Ministerin Namibias aufsteigt und besucht Laidlain Periganda, der in Namibia ein Genozid Museum betreibt.

Marie Wurry ist in Frankreich geboren und aufgewachsen. Ihre armenischen Wurzeln waren für die junge Frau schon immer ein wichtiger Bestandteil ihrer Identität. Der Krieg um Bergkarabach im Jahr 2020 wurde für sie zu einer Art Erweckungserlebnis. Der Drang, mehr über die Heimat ihrer Vorfahren zu erfahren und sich dort zu engagieren, wurde immer größer. Marie entschied sich, für drei Monate nach Armenien zu gehen, um dort an dem Birthright Armenia-Programm teilzunehmen. Birthright Armenia richtet sich an junge Menschen mit armenischen Wurzeln, um das Land kennenzulernen, Sprachkurse zu belegen und in ausgewählten sozialen Projekten mitarbeiten zu können. Das Programm findet 2022 unter schwierigen Bedingungen statt, Mitte September griffen aserbaidschanische Soldaten armenische Stellungen und Dörfer an.

Organisiert wird diese Fahrt von „Taglit“ mit dem Ziel jungen Menschen mit jüdischen Wurzeln, Kultur und Geschichte des Judentums näherbringen. Das hebräische Wort Taglit bedeutet übersetzt: entdecken. Gemeint ist damit sowohl das Land Israel wie auch sich selbst. Über 90 Prozent der deutschen Jüdinnen und Juden haben einen sowjetischen Hintergrund. In den 90er Jahren senkte Deutschland die bürokratischen Schranken zur Einwanderung für Jüdinnen und Juden deutlich. Zum einen als Form der Wiedergutmachung, zum anderen, um die alternden jüdischen Gemeinden zu verjüngen. Da viele der Familien in der Sowjetunion unter Antisemitismus litten, schärften Eltern oft ihren Kindern ein, in der neuen Heimat Deutschland, besser nicht zu erzählen, dass man jüdisch sei.

NGOs schätzen, dass aufgrund der massenhaften Arbeitsmigration fast die Hälfte aller moldauischen Kinder zeitweise ohne ein Elternteil aufwächst. Knapp zwei der vier Millionen Moldauer leben und arbeiten mittlerweile im Ausland, die meisten von ihnen in Ländern der Europäischen Union. Gerade auf dem Land fehlt den Menschen in Moldau die Perspektive. Es gibt keine Jobs, die das Überleben der Familie sichern würde, deshalb wandern sie ab und lassen ihre Kinder oft bei den Großeltern zurück. Doch der Preis dafür ist hoch: „Als wir nach langer Zeit wieder zurück nach Moldau gekommen sind, hat uns unsere eigene Tochter nicht mehr erkannt! Diese Momente sind so schmerzhaft“, erzählt Sergiu, der Vater der zwölfjährigen Loredana. Seitdem Loredana zwei Jahre alt ist, leben Sergiu und Elena im Ausland – erst in Moskau, nun in der Nähe von London.

In der estnischen Grenzstadt Narva sind über 90 Prozent der 54.000 Einwohner russischstämmig, doch eine Minderheit der Esten regiert die Stadt. Bürgermeisterin Katri Raik bemüht sich seit Jahren um eine gemeinsame estnisch-russische Identität. Seit Beginn des Ukraine-Krieges wird das Zusammenleben der russischen Mehrheit und der estnischen Minderheit auf eine harte Probe gestellt. Wie im gesamten Baltikum geht auch hier die Angst vor einer russischen Invasion um. Die estnische Regierung hat den Ton gegenüber Russland verschärft. Seitdem die estnische Regierung ein sowjetisches Panzerdenkmal am Rande der Stadt abbauen ließ, ist die Stimmung in der Stadt noch aufgeheizter. Für die Esten war es ein Symbol für die russische Aggression, für die russischstämmige Bevölkerung eine Erinnerung an den Sieg über Nazi-Deutschland.

Aus dem stark umkämpften Donbass ist die Ausreise besonders schwierig. Familie Kulikow stammt aus Mariupol. Nur durch einen Fluchtkorridor konnten sie die inzwischen weitgehend zerstörte Hafenstadt verlassen. Ihre Wohnung, alles mussten sie zurücklassen. Nach Tagen auf der Flucht werden sie von den russischen Behörden nach Pensa gebracht. Eine Stadt in der russischen Provinz. 700 Kilometer östlich von Moskau, 1200 Kilometer entfernt von ihrer ukrainischen Heimat. Dort leben sie in einem Flüchtlingslager. Man stellt ihnen das Nötigste: ein einfaches Bett, karge Mahlzeiten. So wie Familie Kulikow geht es vielen geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern. Rund 730.000 landeten in Russland. Ein großer Teil von ihnen will schnellstmöglich wieder weg. Ihr Ziel: Europa, die EU. Doch dorthin zu gelangen, gleicht einer weiteren Flucht.

Melanie Kieback aus Berlin liebt und trägt seit ihrer Kindheit Secondhand-Kleidung. Auf Social Media gibt die 27-jährige Influencerin Tipps, wo und wie man die besten Schnäppchen finden kann. Für sie sind jahrzehntealte Shirts, Hosen und Accessoires die maximal gelebte Form des Individualismus, denn eine Marken-Handtasche von 1988 besitzt eben nicht jeder. Gebrauchte Kleidung, die mindestens 20 Jahre alt und zudem qualitativ hochwertig ist, wird als „Vintage“ bezeichnet und vor allem um diese Einzelteile hat sich ein ganz eigener Markt entwickelt, der die Preise steigen lässt. Der Online-Marktplatz Rebelle in Hamburg konzentriert sich auf gebrauchte Mode und Accessoires namhafter Designermarken.

Der Klimawandel ist in den Niederlanden schon jetzt mehr als ein abstraktes Schreckgespenst: Der Meeresspiegel steigt. Fluten werden in Zukunft häufiger die Küsten treffen. Am Royalen Institut für Meeresforschung suchen Wissenschaftler nach neuen Wegen die Deiche zu schützen. Sie haben herausgefunden, dass der Spartina anglica, auch englisches Schlickgras genannt, Wellen bremsen und ihre Wucht abmildern. Die Frage ist nur, wie kann die englisches Schlickgras im Watt angepflanzt werden, ohne dass es durch Ebbe und Flut immer wieder weggespült wird. Auch dafür haben sie eine Lösung gefunden. Ein wabenartiges Gerüst aus Kartoffelstärke. Die Expertise der Niederländer in Sachen Küstenschutz ist weltweit gefragt, denn viele Länder haben schlicht keine Erfahrung. (Text: arte)

Pro Jahr werden rund 100 Millionen Zimmerpflanzen in Deutschland verkauft. Weniger als zwei Prozent werden nach ökologischen Kriterien produziert. Klaus Bongartz will das ändern. Als Berater für Bioanbau setzt er sich unermüdlich für echte Nachhaltigkeit bei der Produktion von Pflanzen ein. Seit einigen Jahren berät er die Brüder Stefan und Achim Fleischle, die in Baden-Württemberg tropische Grünpflanzen züchten. In ihrem Gartenbaubetrieb setzen sie inzwischen Nützlinge statt Pestizide ein, verzichten auf synthetische Dünger und suchen sich Partner in Mittelamerika, die bereit sind, diesen Weg zu gehen. Die 42-jährige Marei Karge ist Gärtnerin in vierter Generation. Sie findet, gerade Orchideenzüchter und -züchterinnen haben eine besondere Verantwortung für den Artenschutz.

China streckt seine Fühler – auch in Form der Neuen Seidenstraße – immer stärker nach Europa aus. Serbien ist eines der Länder, das ein besonders enges Verhältnis zu China pflegt. Seit 2010 haben die Chinesen rund 8,5 Milliarden Dollar im Land investiert. Für Präsident Vucic ist China die vierte Säule der serbischen Außenpolitik. Was die chinesischen Handelsbeziehungen betrifft, ist Serbien auf dem Balkan mit Abstand Spitzenreiter. Während chinesische Firmen den Osten des Landes rund um die Kupfermine Bor aufkaufen und dort in großem Stil Rohstoffe fördern, beginnen Chinesinnen und Chinesen in zweiter Generation in der Großstadt ihre Träume zu verwirklichen. Die 25-jährige Chinesin Weiya Chen nutzt das Kapital ihrer Eltern, um ihr eigenes Café zu eröffnen.

Bunt und grell leuchten sie uns im Supermarkt entgegen: Schokoladen, Gummibärchen, Joghurt, Eis. Alles schön bunt, denn bunt verkauft sich gut. Aber bunt ist nicht immer gesund – viele Lebensmittelfarben werden mit Chemie angefertigt und können dem Verbraucher vielleicht schaden. Gerade hat die EU einen wichtigen Zusatzstoff für Lebensmittel verboten: Titandioxid, als weiße Grundfarbe in vielen Lebensmitteln enthalten. Begründung: Der Stoff könne nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen krebserregend sein. Also, Zeit für eine neue Idee – die Rohstoffe dafür kommen aus dem Vinschgau in Südtirol. Urban Gluderer und Hans-Jürgen Sopper haben sich zum Ziel gesetzt, leuchtende Bio-Lebensmittelfarben herzustellen – komplett ohne Zusatzstoffe, allein aus Blüten und ein wenig Kakaobutter. Sie sind sich sicher, dass es das auf der Welt noch nicht gibt.

Im Mai 2022 meldet die WHO erstmals Fälle von Affenpocken in Europa. Bislang trat die Krankheit vor allem in Zentralafrika auf. Schnell zeigt sich: 99 Prozent der Infizierten sind Männer, die Sex mit Männern haben. Während die Gay Community den Pride Month feiert und in Berlin Hunderttausende schwule Männer beim Christopher Street Day für ihre Rechte demonstrieren, steigen in Europa und Nordamerika die Fallzahlen rasant an. Gleichzeitig entbrennt unter Gesundheitsbehörden ein Streit darüber, wie der Ausbruch zu bewerten ist und wie er öffentlich kommuniziert werden soll – anfangs ist noch die Rede von der „Risikogruppe der homosexuellen Männer“.

Keine Frauen, kein Fleisch, kein Besitz – den 21-jährigen Miao Qing schrecken die strengen Regeln des Shaolin-Klosters nicht ab, denn er möchte Novize werden. Seitdem er mit den Mönchen trainiert, hat sich sein Leben völlig verändert: „Früher war ich eher schüchtern und schwach, mittlerweile bin ich viel ruhiger und fokussierter“. Neben Kämpfen und Beten gehören auch Putzen und Gartenarbeit zu den täglichen Pflichten. Laoban, alias Veronika, gilt als Herrscherin des Haushalts. Die 42-Jährige lebt als einzige Frau im Kloster und bezeichnet sich selbst als „Tempelmanagerin“. Unter dem Regiment der attraktiven Tschechin gibt es nur wenig Freizeit. Damit die jungen Männer nicht auf dumme Gedanken kommen, sind sie fest in die Arbeitspläne der Klostergemeinschaft eingebunden. Laoban kümmert sich auch um die Verpflegung der zahlreichen Gäste.

„Ich will, dass Boote so wie früher wieder die Verbindung zwischen jedem Ort und jeder Welt in dieser Stadt werden“, sagt Marta. Die Unabhängigkeit und Freiheit, die sie auf ihrem Boot mit Ausflügen in die Lagune genießt, möchte sie auch anderen Frauen ermöglichen. Besonders während der Pandemie, seien diese vom öffentlichen Nahverkehr abhängig gewesen, der damals nur sehr eingeschränkt fuhr. Aus ihrer Idee, Fahrstunden anzubieten, ist nach eineinhalb Jahren ein Verein gewachsen, der die Frauen vernetzt. Auf dem Boot durch Venedig entdecken sie ihre Identität wieder, denn in Venedig haben Frauen auf dem Boot eine lange Tradition. Mit ihrem Verein wollen Marta und ihre Schülerinnen sich ihre Stadt und das Wasser zurückerobern. (Text: arte)

Die Isländerinnen und Isländer haben in den letzten Jahren viel dafür getan, in der Tourismusbranche auf sich aufmerksam zu machen. In den vergangenen Jahren stiegen die Besuchszahlen auf Rekordwerte. Mittlerweile wird die rund 375.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Insel regelrecht vom Tourismus überschwemmt. Inzwischen beschränkt sich der Tourismus nicht mehr nur auf die Hochsaison: Das ganze Jahr über drängeln sich Menschen durch die Straßen Reykjaviks und an den von der Hauptstadt gut erreichbaren Spots. Das kleine Land muss nun Lösungen finden, um mit diesen Massen fertig zu werden. Arbeitskräfte aus vielen Ländern Europas werden ins Land geholt, um offene Stellen im Tourismus zu besetzen. Den letzten Vulkanausbruch auf der Halbinsel Reykjanes besuchten im August 2022 eine Million Menschen in kürzester Zeit.

Auf den Feldern ihres Großvaters wurde Maria José Martinez zur Imkerin. Rund um ihre Bienenstöcke sieht sie heute überall Treibhäuser. „Das war früher nicht so.“, sagt sie voller Wut und Tränen. „Jetzt können die Bienen sich hier nicht mehr ernähren, sie können nicht überleben, überall wird Insektenvernichtungsmittel verwendet. Genau das erzähle ich den Gästen in meinem Restaurant, wo ich nur mit biologischen Produkten koche.“ Maria José vergleicht sich gerne mit den fleißigen Bienen. Die Ruhetage ihres Restaurants nutzt sie um, in der Umgebung Imker zu besuchen, die wegen der verheerenden Brände im Sommer fast alle Bienenstöcke verloren haben. Das erzählt sie weiter, auch in Kochshows überall im Lande. In Valencia rettet sie Bienenvölker, die in die Stadt fliehen, weil sie nur noch dort Überlebenschancen haben.

Im Osten der Türkei betreibt Händler Mustafa eine Sammelstelle für Froschjäger. Sein Dorf ist von Reisfeldern umgeben und ein ideales Biotop für Wasserfrösche. In Gummistiefeln durchkämmen die Männer der Region nachts Felder und Tümpel nach den Amphibien. Bis in die frühen Morgenstunden nimmt Mustafa ihren Fang entgegen. Doch der Froschfang ist in der Türkei bis heute weitgehend unreguliert. Wenn sich das nicht ändert, werden die Froschpopulationen in den nächsten 50 Jahren um bis zu 90 Prozent zurückgehen. Zu diesem Ergebnis kommt Professor Kerim Çiçek. Für die Ägäis Universität in Izmir betreibt er eine Langzeitstudie über die Froschpopulation der Region. Froschhändler Mustafa unterstützt ihn dabei.

Sie leben in Deutschland und Frankreich, haben ihre Familien im Iran seit Jahren nicht gesehen. Wenn sie nach Hause zurückkehren würden, würde das Regime sie einsperren, foltern oder töten. Jetzt hat die iranische Diaspora erstmals Hoffnung: Die Proteste gegen die Islamische Republik wachsen, Revolution liegt in der Luft. Und Frauen wie Anahita und Sadaf tun alles, um von außen zu unterstützen. Anahita ist Filmemacherin aus Teheran und lebt in Berlin. Die 31-Jährige ist Teil eines feministischen Kollektivs, das die Demonstration mit mehr als 80.000 Teilnehmern am Brandenburger Tor organisiert hat. Sie hat ihre Arbeit aufgegeben; trifft sich Tag und Nacht mit Gleichgesinnten und organisiert Veranstaltungen, auf denen sie so laut sie nur kann mit Slogans wie „Frau! Leben! Freiheit!“ ihre Wut auf das Regime hinausbrüllt.

Landwirt Manfred Greiner bewirtschaftet in Walding bei Linz einen Hof, zu dem auch Wald gehört. Wird dort ein Baum gefällt, geht das gute Stammholz ins Sägewerk, aus den Resten macht er Hackschnitzel. Sie kommen in eine kleine Nahwärme-Anlage, die aktuell vier Wohnblöcke mit 70 Wohnungen beheizt. Bereits vor zwei Jahren beschlossen er und weitere 15 Landwirte diese Anlage zu vergrößern. Ein Wagnis, doch die Gemeinde sagte zu, öffentliche Gebäude wie Kindergarten, Seniorenheim und Sportpark anzuschließen. Gas war 2020 noch günstig, das Interesse von Privatleuten eher verhalten. Aber seit dem Ukrainekrieg können sich die Landwirte vor Anfragen kaum retten. Das spornt sie an: Bis Weihnachten soll die Anlage vier Mal so viel Heizenergie liefern wie ursprünglich geplant. Auch in Bayern wächst das Interesse an der sicheren Wärme aus der Region.

Haydie Wells kam vor mehr als 30 Jahren aus Suriname nach Amsterdam. Bis zur Unabhängigkeit 1975 war Suriname im Nordosten Südamerikas eine Kolonie der Niederlande. Haydies Urgroßmutter musste noch als Sklavin auf einer Kaffeeplantage arbeiten. Bis heute pflegt die 60-jährige Krankenschwester die Traditionen ihrer Ahnen weiter. Haydie findet, der niederländische Staat sollte Entschädigungen an seine ehemaligen Kolonien zahlen und somit das Leid ihrer Vorfahren endlich anerkennen. Offiziell entschuldigt hat sich die Regierung nun immerhin. Während die weißen Niederländerinnen und Niederländer stolz auf die makellosen Amsterdamer Grachtenhäuser – einst Waren- und Wohnhäuser wohlhabender Kaufleute – sind, leben schwarze Niederländerinnen und Niederländer wie Haydie in weniger vorzeigbaren Vierteln.

Der 36-jährige Amir Akbari stammt aus Teheran, wo er zum Christentum konvertierte. Aus Furcht, im Iran wegen seines Glaubens verfolgt zu werden, flieht der alleinerziehende Vater mit seiner dreijährigen Tochter nach Athen. In Griechenland ist das Leben jedoch härter als erwartet. Amir beantragt Asyl, doch das Verfahren stockt. Von seinem Job in einer kirchlichen Organisation kann er gerade mal überleben. Im Sommer 2021 ist der alleinerziehende Vater so verzweifelt, dass er mit seiner Tochter zu Fuß Richtung Bosnien aufbricht. Über Kroatien und die Slowakei gelangen die beiden bis nach Frankreich. Amir trägt Anahita während der Flucht meist auf seinen Schultern, oft gehen die beiden Hand in Hand.

Musiker Neil Mackay ist einer der hartnäckigsten Kämpfer für die Unabhängigkeit Schottlands. Er organisiert Großdemonstrationen, bei denen Tausende Landsleute für die Loslösung aus dem Vereinigten Königreich protestieren. Explodierende Energie- und Lebensmittelpreise treffen viele Menschen zwischen Highlands und Edinburgh besonders hart. Zu ihnen gehört auch Sandra MacPherson. Die alleinerziehende Mutter muss sich in diesem Winter wie viele Menschen zwischen „heat or eat“, „heizen oder essen“, entscheiden und ihren Kindern Verzicht beibringen. Befürworter der Unabhängigkeit machen London für die Notlage verantwortlich, die Gegner hingegen die schottische Regierung. Die Erste Ministerin Nicola Sturgeon hat bereits ein neues Unabhängigkeitsreferendum trotz unklarer Gesetzeslage angekündigt. Wie schon der Brexit, spaltet auch die Unabhängigkeitsfrage die Gesellschaft. (Text: arte)

Berufspendler Matthias Gastel reist jährlich rund 150 mal mit Fernverkehrszügen der Deutschen Bahn. Vom Halt auf freier Strecke bis hin zu Türstörungen: Er kennt die Verspätungsgründe aus eigener Erfahrung. Seine Erlebnisse hält der Grünen-Politiker in seinem Bahn-Tagebuch fest. Das Fazit: In den vergangenen Monaten haben die Verspätungen drastisch zugenommen. Damit sich das ändert, muss die Regierung laut Gastel in den Ausbau und die Instandhaltung des Schienennetzes investieren. Das Chaos in Deutschland bekommt auch Andreas Schläpfer zu spüren. Er ist Fahrgastbegleiter bei den Schweizerischen Bundesbahnen. Auf seiner Stammstrecke von Zürich nach Stuttgart kommt es immer häufiger zu Verzögerungen. Der Grund ist die verspätete Bereitstellung des Zuges aus Deutschland. An Bord versucht Schläpfer alles, um keine weitere Zeit zu verlieren.

Die syrisch-orthodoxe Nonne Hatune Dogan wurde 1970 im Dorf İzbırak im Südosten der Türkei geboren. Damals lebten noch 270 christliche Familien in İzbırak, doch alle sind geflohen. Auch Schwester Hatune musste mit ihren Eltern und neun Geschwistern Mitte der 80er-Jahre ihre Heimat verlassen. In den 1980er und 90er-Jahren bekriegten sich im Südosten der Türkei kurdische Milizen der PKK und die türkische Armee. Die Christen gerieten zwischen die Fronten. Die Vorfahren der syrisch-orthodoxen Christen in der Türkei gelten als eine der ersten christlichen Volksgruppen überhaupt. Ihre Jahrtausende alte Religion, mit eigenen Bräuchen und eigener Sprache, machten die syrischen Christen über viele Jahrhunderte immer wieder zur Zielscheibe von Angriffen in einer Region, in der mehrheitlich Muslime leben. Die meisten entschieden sich zur Flucht.

Richard Friedrich aus Chemnitz ist Gewürzexperte. Auf der Suche nach guten Quellen für seine scharfen Lieblingszutaten reiste der ehemalige Maschinenbauer vor einigen Jahren buchstäblich dahin, wo der Pfeffer wächst: nach Indien. Als er dort erstmals ökologisch angebaute Gewürze probierte, war er überwältigt. Seitdem fährt er durch die Welt, um natürliche und fair produzierte Ware nach Deutschland zu holen. Zusätzlich gibt er Gewürz- und Kochkurse, bei denen seine Kursteilnehmer häufig zum ersten Mal hochwertige Produkte schmecken. Remigius Pfaffen ist einer der Retter des Schweizer Safrans. In dem Dorf Mund wird Safran seit dem 14. Jahrhundert angebaut – auf stolzen 1.200 Metern Höhe. Nachdem der Safrananbau in den 50er-Jahren fast zum Erliegen kam, haben Menschen wie Remigius Pfaff dafür gesorgt, dass diese Tradition wiederbelebt wurde.

Seit ihrer Kindheit lebte Margarida Lopes in ihrer Wohnung im Lissaboner Stadtteil Alfama. Bis sich die Probleme mit ihrem Vermieter häuften. Mit teils jahrzehntealten Mietverträgen sind Menschen wie Margerida vielen Hausbesitzerinnen und -besitzern ein Dorn im Auge. Lebten in Alfama in den 80er-Jahren noch 20.000 Menschen, sind es heute keine 1.000 mehr. Die meisten Objekte werden hier nur noch online an Ausländerinnen und Ausländer vermietet, denn der boomende Tourismus bringt mehr Renditen als einheimische Mieterinnen und Mieter. Nach einer Reihe von Schikanen durch ihren Vermieter landete Margarida auf der Straße – bis sie auf Lurdes Pinheiro traf. Diese besorgte ihr eine neue Wohnung und einen Job in ihrem Verein. Als Vorsitzende der Bürgervertretung Alfamas will Lurdes Zwangsräumungen um jeden Preis verhindern.

Karlsbad und die Russen, das ist eine lange Geschichte, die schon mit Zar Peter dem Grossen begann. Nach 1989 rollte der Rubel wieder so richtig, als viele wohlhabende Russen Immobilien in der Stadt kauften und sanierten. Russische Familien vom Großvater bis zum Enkel reisten zu langen Kuraufenthalten an, samt Kleingeld für Einkäufe. Die Abhängigkeit von den Russen wuchs. Doch damit ist nun Schluss. (Text: arte)

Matthias Mirth produziert einen Wein, der lange Zeit verboten war und der noch heute mit Vorurteilen zu kämpfen hat: den Uhudler. Für die Gegner ist der Uhudler ein Rebensaft, der krankmachen würde. Die Befürworter führen ins Feld, dass der Uhudler zu einer alten Rebsorte gehört, die gegen die Reblaus resistent ist. Uhudler-Weine sind Bio – sie müssen nicht gespritzt werden. „Bei mir ist noch keiner blöd geworden“, scherzt er gern, wenn seine Gäste im Wirtshaus ihr jeweils drittes Viertel bestellen. Und spätestens dann ist nicht nur für Mirth klar: Der Uhudler ist ein „Urgetränk“, der sich in den letzten Jahren vom Hauswein zum Kult-Wein gemausert hat. „Das Verbot in der EU hat uns Aufmerksamkeit gebracht, und die versuche ich zu nutzen, um die vorgeschobenen Gründe der Verbote zu entlarven“, sagt Mirth.

Drei Porträts von ehemals alkoholkranken Frauen zeigen die Faktoren, die den Weg in die Trunksucht bereiten. Berichtet wird von einer Juristin, einer jungen Mutter und einer Journalistin. Die Gefahr bei einem geglückten Entzug: Die Rückfallgefahr bleibt hoch. Nach einer gelungenen Therapie greifen etwa die Hälfte aller Betroffenen und zwischendurch Trockenen zu Hause doch wieder zur Flasche. (Text: arte)

Leila Köckenberger und Thibault Gouin wollen helfen. Vor den Toren der Inselhauptstadt Mytilini leben hunderte Familien abgeschottet in einem großen Flüchtlingscamp. Für die Kinder heißt ein Leben im Lager: kein Spielplatz, keine Schule, kein Rückzugsort. Leila und Thibault sind entschlossen, dass etwas geschehen muss: „Wenn die Kinder nicht zu uns kommen können, dann müssen wir eben zu ihnen gehen.“ Mit ihrem mobilen Zirkus wollen sie Abwechslung und Freude in den Alltag der Kinder bringen. Es soll ein Ort entstehen für Spiel, Musik und Akrobatik. Bei ihrer Mission erfahren Leila und Thibault viele Widerstände: Der Zugang zum Flüchtlingslager wird ihnen verwehrt, die einheimische Bevölkerung lehnt die Arbeit internationaler Hilfsorganisationen zunehmend ab. Mit Hilfe von griechischen Artisten gehen Leila und Thibault auf die Bewohner der Insel zu.

Seit sechs Jahren kämpft Renata Wlazik, um eine drohende Umweltkatastrophe in Polen zu verhindern. Die giftigen Hinterlassenschaften des ehemaligen Rüstungs – und Chemiekonzerns Zachem in Bydgoszcz sind über Jahre ins Grundwasser gesickert und gefährdeten das Leben an der Weichsel. Es drohe die Tötung des gesamten Ökosystems des Flusses, meint auch der Geowissenschaftler Professor Mariusz Czop von der Akademie für Bergbau und Hüttenwesen. Er untersucht mit seinem Team seit Jahren, wie sich die kontaminierten Stoffe ausbreiten. In der Stadtverwaltung in Bydgoszcz weiß man von der gefährlichen Situation auf dem Gelände von Zachem. Allerdings glaubt man dort, man habe noch einige Jahre Zeit, um darauf zu reagieren. Auf einem Teil des ehemaligen Werksgeländes wurden inzwischen Lagerhallen und Logistikzentren errichtet.

Eine neuartige Gentherapie hilft Menschen, die bislang erblinden würden. Der sechsjährige Magnus gehört zu den wenigen Betroffenen, die für die Therapie in Frage kommen. Er hat den typischen Tunnelblick und läuft in der Dämmerung gegen Hindernisse. Seine Eltern hoffen, dass sich seine Sehkraft durch die OP so verbessert, dass er eine Regelschule besuchen kann. Rund drei Millionen Menschen leiden weltweit an der Netzhautdegeneration „Retinitis Pigmentosa“. Die 38-jährige Giusi Grikus war eine der Ersten in Deutschland, die behandelt wurden. Jetzt kann sie sogar wieder am Computer arbeiten. (Text: arte)

„Stirbt ein Gemeindemitglied, bekomme ich einen Anruf – dann muss alles ganz schnell gehen“, erklärt Daniel Abdin, der das Beerdigungsinstitut der Hamburger Al-Nour-Gemeinde leitet. Doch das deutsche Bestattungsgesetz sieht vor, dass eine Beisetzung in der Regel frühestens 48 Stunden nach dem Todesfall durchgeführt werden darf. Auch die Organisation der offiziellen Dokumente nimmt Zeit in Anspruch. Durchschnittlich dauert die Ausstellung einer Sterbeurkunde in Deutschland eine Woche. Viele Musliminnen und Muslime möchten nach ihrem Tod in ihren Herkunftsländern beigesetzt werden. Doch insbesondere jüngere Muslime und Musliminnen, die Deutschland als ihre Heimat empfinden, wünschen sich eine Bestattung hierzulande. Aber es gibt ein weiteres Problem: In vielen Städten fehlt es an Platz für islamische Grabstätten.

Deutschland ist stolz auf seine Hidden Champions – mittelständische Unternehmen, die in ihrem Geschäftsfeld Weltmarktführer sind. Oft sind sie im ländlichen Raum angesiedelt und stützen die Wirtschaft einer ganzen Region. So wie der Druck- und Messtechnikspezialist WIKA aus Klingenberg. Doch das Unternehmen ist wie viele andere vom wichtigsten Wachstumsmarkt China abhängig. Von einem Land also, das von Europa und den USA zunehmend als Rivale wahrgenommen wird. Was einst ein Garant für Wohlstand und Gewinne war, wird nun zur Hypothek: Die meisten Unternehmer passen ihre China-Strategie an. Doch die Abhängigkeit ist schwer zu reduzieren. Besonders in Zeiten, in denen der Mittelstand ohnehin mit Inflation, hohen Energiepreisen und dem Fachkräftemangel kämpft. Ganz besonders exponiert ist Webasto.

Feinstaub, Ruß und umweltschädliches Schweröl als Kraftstoff: Frachter und Kreuzfahrtschiffe stoßen viele Schadstoffe aus. Schiffe sind für etwa drei Prozent der weltweiten Treibhausemissionen verantwortlich. Höchste Zeit also für einen Kurswechsel auf den Meeren. Emissionsfreier Seehandel ist schließlich seit Jahrtausenden möglich – dem Wind sei Dank. „Re:“ begleitet Kapitän Andreas Lackner auf seiner Reise mit seinem segelnden Frachtschiff. Ganz ohne Motor transportiert er bis zu 40 Tonnen Waren über die Meere. „Damit schließen wir die Lücke zwischen fair bezahlten Erzeugern von Bio-Waren und bewussten Konsumenten“, so Lackner. Auch andere haben die Kraft des Windes wiederentdeckt. Ralf Oltmanns aus Ostfriesland fuhr mit 16 schon zur See, 30 Jahre später entwickelte der leidenschaftliche Segler den Flettner-Rotor.

Für 220 Männer, die ihre Männlichkeit hinterfragen, beginnt Anfang Oktober der Workshop „Männlichkeit stärken“. Auch Hendrik wird teilnehmen. Seit seiner Kindheit lehnt er Werte ab, die als klassisch „männlich“ gelten. Jetzt möchte er seine Männlichkeit finden. Neben Hendrik nimmt auch Stefan teil. Seit dem Ende seiner langjährigen Beziehung besucht er Männer-Workshops, um sich im Leben neu zu orientieren. Die Seminare von „Männlichkeit stärken“ werden von Sven Philipp und Martin Rheinländer geleitet. Die beiden betreiben neben dem Workshop auch einen Youtube-Kanal, auf dem sie sich Fragen rund um Frauen, Flirten und Sex widmen. Christoph May und Susanne Kaiser kritisieren diese Männer-Workshops. Sie sehen in diesen reinen Männerrunden mythopoetische Männerbündnisse, in denen toxische Werte und altbackene Ideale verstärkt werden können.

In Berlin-Neukölln, dem ärmsten Bezirk der Hauptstadt, kämpft Uschi Sachs jede Woche um Lebensmittel für die Ärmsten. Die Rentnerin leitet eine der fast 50 Ausgabestellen der Berliner Tafel. Das Hoffen auf genügend Spenden kommentiert sie mit Berliner Witz: „Das ist wie im Lottospiel. Ich hab’ noch nie gewonnen.“ Die Lebensmittel sammelt Uschi bei der Zentrale der Berliner Tafel ein, aber dort gibt es nicht immer genug für alle ihre Bedürftigen. Deshalb klappern sie und ihr Team zusätzlich die Bäckereien und Supermärkte in Neukölln ab – immer öfter vergeblich. Uschi Sachs musste schon die Rationen für ihre Bedürftigen verkleinern, damit alle etwas abbekommen. Wer dagegen in einem reichen Stadtteil zur Tafel geht, dem geht es etwas besser.

Im November 2022 trifft sich Europas Quiz-Elite in Berlin. Ihr gemeinsames Ziel: Die Ultimate Quizzing Championships, wie die Europameisterschaften inzwischen heißen, zu gewinnen. Einer von ihnen ist Sebastian Klussmann, Deutschlands bekanntester Quizzer und Kapitän der deutschen Nationalmannschaft. 2022 wagen vier Wissensgladiatoren das Unmögliche – das englische Team um Quizlegende und Seriensieger Kevin Ashman herauszufordern. Doch wie schlägt man eine lebende Legende, die sich mit den Dialekten nordamerikanischer Ureinwohner genauso gut auskennt wie mit zeitgenössischer Rap-Musik und der weiß, dass die sizilianische Vesper keine Zwischenmahlzeit, sondern ein Massaker an Franzosen im 13. Jahrhundert bezeichnet? Die Antwort: „im Trüffelschweinmodus“, das heißt, wenn man die ganze Welt als Spielwiese des Lernens begreift.

Sie marschierten in schwarzer Kleidung, einige zeigten den faschistischen Gruß: In Italien sind Tausende zu Mussolinis Grab gepilgert und haben den 100. Jahrestag des „Marschs auf Rom“ gefeiert. (Text: arte)

„Wir reden nicht über Politik“, sagt Desar Sulejmani. Der Essener mit albanischen Wurzeln ist Gründer, Dirigent und Pianist des Western Balkans Youth Orchestra. Aber weil sich das Streichorchester aus 31 Musikerinnen und Musikern aus fünf Westbalkanstaaten zusammensetzt, ist es eben ein mindestens genauso wichtiges politisches wie musikalisches Projekt. Die Reportage begleitet das junge Orchester auf seiner ersten größeren Tournee über den westlichen Balkan. Organisatorisch ist eine solche Tournee bis heute schwierig – die vier kosovarischen Musikerinnen etwa erhalten kein Visum für das Konzert im bosnisch-herzegowinischen Mostar. Und auch wenn nach außen alles harmonisch abläuft, gibt es doch unausgesprochene Regeln innerhalb der Gruppe.

Neue Häuser braucht der Mensch! Das findet auch ein junges Paar aus Nürnberg. Carolin Volk und ihr Mann Holger beschließen Ende letzten Jahres, ins Burgenland auszuwandern, um dort ihren Traum eines ökologischen Hauses zu verwirklichen – ganz aus Stroh, Holz und Lehm. Die ersten Entwürfe mit Gründach, Kompost-Toilette, Gästehaus und Selbstversorger-Garten hat die Fotografin selbst angefertigt. Doch bei der Umsetzung gibt es Hürden zu überwinden, wie zum Beispiel den Mangel an geeigneten Handwerkern. Und so verzögert sich die Realisierung. Holger, eigentlich Informatiker von Beruf, nutzt die Zwischenzeit und widmet sich mit Hingabe der Begrünung des Dachs und dem Permakultur-Garten. Ganz anders Andrej Fideršek im slowenischen Žalec. Er baut nicht neu, sondern im Bestand. Sein Ziel: so wenig Abfall wie möglich.

Wie kann man in seinen eigenen vier Wänden nicht nur Strom, sondern auch Wasser und Gas sparen? Diese Frage stellen sich derzeit viele Französinnen und Franzosen. Frankreich ist zwar weniger von russischem Gas abhängig als Deutschland, doch dafür wird mehr als ein Drittel aller Haushalte mit Atomstrom beheizt. Weil im Moment ein großer Teil der französischen Atomreaktoren gewartet werden muss, steigen auch hier die Preise, zusätzlich drohen Blackouts. Der gelernte Industriedesigner Paul Chaquet hinterfragt schon seit Längerem, wie man energieintensive Geräte wie Kühlschrank oder Herd ersetzen kann. Auch einen Betonmischer kann man zu einem Ofen umbauen, zum Kochen eine selbst gebaute Kochkiste benutzen. Für die braucht man lediglich ein Behältnis, eine Woll- und eine Rettungsdecke.

Laut einer aktuellen Umfrage ist jeder zweite Spanier für ein Verbot des Stierkampfs, das wäre noch vor wenigen Jahrzehnten unvorstellbar gewesen. 84% der jungen Leute sagen, sie seien nicht stolz darauf, in einem Land zu leben, in dem der Stierkampf Tradition sei. Die Plätze in den Arenen leeren sich, die Jahresabonnements sind keine Schätze mehr, die Väter an ihre Söhne vererben, und Toreros werden nicht mehr wie Rockstars umschwärmt. In Katalonien und auf den Kanarischen Inseln sind Stierkämpfe verboten. Auf den Balearen und in Galizien sind die Fans der Meinung, dass die neuen Gesetze den Stierkampf so sehr seines Wesens beraubt haben – kein Töten des Stieres mehr, keine Minderjährigen in der Arena – dass sie ihn nicht mehr feiern wollen. Trotzdem kämpfen einige „Aficionados“ für den Erhalt des Stierkampfs als Tradition und nationales Symbol, während andere für die endgültige Abschaffung einer als barbarisch empfundenen Praxis kämpfen. (Text: arte)

Vor über 80 Jahren versteigerte der NS-Staat auf sogenannten „Juden-Auktionen“ alles, was in den Wohnungen deportierter oder emigrierter Juden übriggeblieben war. Vieles kauften – weit unter Wert – auch Privatpersonen, ehemalige Nachbarn, Kollegen, Freunde. So wie der Großvater von Katrin Meinke. 1941 ersteigerte der Bankangestellte unter anderem eine wertvolle Brillantkette auf solch einer Auktion in Karlsruhe. Woher die Kette kam und wem sie gehörte, darüber hat sich der Großvater jahrzehntelang ausgeschwiegen. Jetzt, viele Jahre nach seinem Tod, möchte die Enkeltochter das Erbstück wieder an die rechtmäßigen jüdischen Eigentümer oder deren Nachkommen zurückgeben – als eine Art „Wiedergutmachung“ Katrin Meinke hat sich an Sharon Adler und die Stiftung „Zurückgeben“ in Berlin gewandt.

Max Audibert verließ vor 33 Jahren seine Heimatstadt Marseille, um seinen Traum zu verwirklichen: Er wollte leben und jagen wie die Inuit in Grönland. Bei Eis und Kälte zog er mit ihnen zur Jagd, zehn Jahre lang. „Ich wollte nicht anhand von Büchern lernen, sondern ihre Art zu leben selbst entdecken.“ Noch immer lebt der 53-jährige Franzose in Tiilerilaaq im Osten Grönlands. Es ist die einzige bewohnte Siedlung im Sermilik-Fjord, rund 70 Einwohner leben hier. Es gibt keine Straßen, nicht einmal fließend Wasser. Die Einsamkeit sei nicht immer leicht zu ertragen, gesteht Max, doch inzwischen gebe es ja Internet. Max ist heute Lehrer und leitet die Dorfschule von Tiilerilaaq. Es war kein Berufswunsch, vielmehr realisierte er, dass er gebraucht wurde. Ein Großteil der 56.000 Einwohner Grönlands lebt im Westen und in der Hauptstadt Nuuk.

„Jeden Tag schmeißen wir kiloweise abgeschnittene Haare in den Müll. Dabei können wir sie so viel sinnvoller einsetzen, im Umweltschutz zum Beispiel“, sagt Thierry Gras. Der Friseur verarbeitet die Haar-Abfälle zu Ölfiltern. Denn Haare können Öl aufsaugen. Die Filter helfen so im Kampf gegen Ölverschmutzungen in Meeren oder Seen. Eine halbe Stunde östlich von Marseille lagert Thierry Gras in einer alten Scheune tonnenweise Haarmüll. Friseursalons aus ganz Europa schicken ihm den zu, machen mit im Projekt „Coiffeurs Justes“. Aus den Haarresten fertigt Thierry zusammen mit vier Langzeitarbeitslosen Haarfilter. Lange, dicke und kurze Haarfilterwürste. Ein Kilogramm Haare kann etwa acht Liter Öl aufsaugen. Davon hat sich in Deutschland auch der Friseur Emidio Gaudioso anstecken lassen. Er hat die Organisation „Hair Help the Oceans“ gegründet.

Diesen Druck spüren Homosexuelle stark, die Zahl der Gewaltverbrechen nimmt zu. Das liegt vor allem daran, dass sie in den Medien täglich als Perverse und Feinde der russischen Gesellschaft dargestellt werden. Außerdem können die Opfer von homophoben Gewaltverbrechen kaum noch mit Schutz rechnen. Schließlich ist Schwulenhass auch bei der Polizei allgegenwärtig. Sergej und Andrej aus Sankt Petersburg wurden wegen des Instagram-Posts eines gleichgeschlechtlichen Kusses verhaftet. Sie gehen davon aus, dass auf offene Homosexualität schon bald Haftstrafen stehen könnten. Trotzdem gibt es weiterhin mutige Menschen, die die Situation von Russlands LGBTQ-Gemeinschaft verbessern wollen. Zum Beispiel den Kommunalpolitiker Sergej Troschin, der sich als erster Politiker des Landes öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt.

Pandemien, Vulkanausbrüche, Erdbeben oder Erdrutsche – Katastrophen nehmen zu. Deshalb arbeiten weltweit Menschen an cleveren Frühwarnsystemen, die Leben retten können. Sogenannte Geofone überwachen gefährdete Bergregionen und warnen rechtzeitig vor Erdrutschen. Routinemäßige Abwasserkontrollen könnten in Deutschland gefährliche Viren schneller erfassen, und besenderte Tiere weisen mit ihrem Verhalten auf Vulkanausbrüche hin. Martin Wikelski vom Konstanzer Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie ist davon überzeugt, dass Tiere einen sechsten Sinn haben und Naturkatastrophen vor Menschen „erspüren“ können. Dies zu beweisen, ist sein Lebenstraum. Denn bisher weiß niemand, wie sich ein Vulkanausbruch verlässlich vorhersagen lässt. Seit vielen Jahren rüstet Wikelski deshalb Tiere mit Sendern aus. Am Ätna auf Sizilien sind es vor allem Ziegen und Hunde.

Spazierengehen – was für viele Menschen eine willkommene Abwechslung im Pandemiealltag bedeutete, wurde für Paola Matacchioni zum Stressfaktor. Nach dem Mord an der 33-jährigen Sarah Everard stellte der Gang auf die Straße die gleichaltrige Frau vor ein Problem. Vor allem im Dunklen erlitt sie Angstzustände. Wie ihr ergeht es vielen Frauen. Einer Studie zufolge, empfinden vier von fünf Frauen Großstädte als unsicher. Die Britin Emma Kay sieht darin eine Marktlücke. Sie ist Entwicklerin einer App, die Nutzerinnen mithilfe von polizeilichen Kriminalitätsdaten einen möglichst gefahrlosen Weg nach Hause aufzeigen kann. Was es bedeutet, sich nachts ohne Begleitung draußen aufzuhalten, erlebte Emma am eigenen Leib.

Spazierengehen – was für viele Menschen eine willkommene Abwechslung im Pandemiealltag bedeutete, wurde für Paola Matacchioni zum Stressfaktor. Nach dem Mord an der 33-jährigen Sarah Everard stellte der Gang auf die Straße die gleichaltrige Frau vor ein Problem. Vor allem im Dunklen erlitt sie Angstzustände. Wie ihr ergeht es vielen Frauen. Einer Studie zufolge, empfinden vier von fünf Frauen Großstädte als unsicher. Die Britin Emma Kay sieht darin eine Marktlücke. Sie ist Entwicklerin einer App, die Nutzerinnen mithilfe von polizeilichen Kriminalitätsdaten einen möglichst gefahrlosen Weg nach Hause aufzeigen kann. Was es bedeutet, sich nachts ohne Begleitung draußen aufzuhalten, erlebte Emma am eigenen Leib.

Bis vor kurzem verlief Pascal Mertens’ Leben noch ganz normal: Der 34-Jährige war gerade mit seiner neuen Freundin zusammengezogen. Ende letzten Jahres ließ er sich gegen Corona impfen, und seitdem hat sich sein Alltag drastisch verändert: Zum Laufen benötigt er jetzt einen Rollator, seine Wohnung kann er allein kaum mehr verlassen. Mittlerweile verbringt Pascal den Großteil seiner Zeit zu Hause auf dem Sofa. Besserung ist nicht in Sicht. In mehreren Kliniken wurde er untersucht, doch kein Arzt wollte eine Diagnose in direktem Zusammenhang mit der Impfung stellen. Seine letzte Hoffnung ist nun das Universitätsklinikum Marburg, wo man sich auf Fälle wie jenen von Pascal spezialisiert hat. Hier betreibt Dr. Bernd Schieffer die erste deutschlandweite Therapiestelle für Betroffene des sogenannten Post-Vac-Syndroms.

Seit Juni 2022 wird auf der Bohrinsel „Ana“ im rumänischen Schwarzen Meer Erdgas gefördert – zehn Prozent des rumänischen Bedarfs. Valentin Solomon ist Elektro-Ingenieur und stolz, Teil des Projektes zu sein. „Ana“ ist das erste Offshore-Projekt Rumäniens seit über 30 Jahren und jetzt – inmitten von Europas Energiekrise – ein Hoffnungsschimmer. Rumänien ist reich an fossilen Ressourcen. Neben dem Gasfeld von „Ana“ verfügt das Land über noch ein viel größeres Gasfeld: „Neptun Deep“. Mit beiden Gasfeldern zusammen könnte Rumänien vollständig unabhängig von Gas-Importen, ja sogar Lieferant für seine Nachbarländer sein. Stattdessen sind Rumäniens Gas-Importe im letzten Jahrzehnt um 25 Prozent gestiegen.

7x114 Schwangerschaft als Business

  • 2023-02-13T18:45:00Z32m

Lisa und Henry Walser sind ein Influencer-Paar. Über 450.000 Menschen folgen den Walsers auf Instagram, über eine Million sind es bei TikTok. Ihrer Community geben sie privateste Einblicke in ihren Alltag. Lisa fing mit Kochvideos auf Instagram an, seit ihrer Schwangerschaft hat sie das Business aber verlagert: Alles dreht sich nun um den wachsenden Babybauch, nahezu alles wird gepostet. Lisa ist Vollzeit-Influencerin, Ehemann Henry unterstützt nebenberuflich. Für die freie Hebamme Livia Clauss-Görner aus Hamburg birgt der Hype ums Baby in den sozialen Netzwerken vor allem Probleme. Sie ist seit fast 40 Jahren Hebamme und beobachtet seit einigen Jahren, wie Internet-Trends vor das Wohl der Kinder gestellt werden.

Willie ist Matchmaker in dritter Generation. „Das ist eine Gabe“, sagt er, „man kann es nicht erlernen zu erkennen, wer zu wem passen könnte.“ Alle, die mit Willies Hilfe eine neue Liebe suchen, müssen zuerst seinen Fragebogen ausfüllen. Der ist zwar nicht besonders ausgefallen. Aber die ausgefüllten Fragebögen steckt Willie über Nacht in sein sogenanntes „Lovebook“, eine 160 Jahre alte, ziemlich zerrissene Lose-Blatt-Sammlung. So sollen sich die Interessierten schon hier treffen. Willie ist sich sicher: Das hilft. Zu Willies Lieblingsgeschichten gehört die Vermittlung einer bekannt launischen Frau durch seinen Großvater an einen rein gälisch sprechenden Bauern auf den Aran Islands. „Mein Großvater war auf der Pferdemesse in Midtown und er stellte dieser sehr schönen jungen Frau einen Mann vor.

Seit Jakob Eiserloh im März 2022 an Covid erkrankte, kann der 13-jähige Junge nicht mehr zur Schule gehen, hat Schmerzen, fühlt sich unendlich kraftlos und wird einfach nicht mehr gesund. Diagnose: Long Covid. Seine Mutter Daniela Eiserloh hat schon alles versucht, bislang ohne Erfolg. „Ich erwarte von unserem Gesundheitssystem, dass für die Betroffenen mehr getan wird“, sagt die alleinerziehende Mutter. Eine passende Reha für ihren Sohn musste sie privat finanzieren. Die Krankenkasse zahlte nicht. Auch Long-Covid-Patient Christopher Peters hat die meisten seiner Therapieversuche aus eigener Tasche bezahlt. Das Problem: Es gibt für die unterschiedlichen Long-Covid-Symptome noch keine zugelassenen Medikamente oder sonstige Therapien. Bislang wurde zu wenig Geld für die Erforschung dieser neuartigen Krankheit bereitgestellt.

Trauer hat kaum noch Platz in unserem modernen Leben. Die Gesellschaft erwartet, dass Hinterbliebene schnell wieder „funktionieren“ – im Leben und im Job. Die Konsequenz: Viele Trauernde verdrängen und verstecken oft ihre Gefühle. Und das mit fatalen Folgen. Denn unbewältigte Trauer macht Menschen krank. Dazu kommt, dass konfessionelle Trauerbegleitung und klassische Seelsorge immer weniger Menschen erreichen. „Ich glaube an das Schöne im Schlimmen“, sagt Anemone Zeim. Die Trauerbegleiterin hat „Vergiss mein nie“ gegründet. In ihrer Agentur kreiert sie mit Hinterbliebenen Erinnerungsstücke für Verstorbene, die helfen sollen, den Kummer zu verarbeiten. Sie will dem Tod mit Leichtigkeit und Freude begegnen. Denn am Ende geht es um das Leben, sagt Anemone. Trauer hat zu Unrecht ein schlechtes Image, sagen Susann Brückner und Caroline Kraft.

2007 hat Deutschland beschlossen, einen Großteil seiner öffentlichen Schutzräume stillzulegen. Viele von ihnen sind jetzt Hotels, Galerien oder Museen. Wie zum Beispiel ein großer Bunker in Ilbenstadt bei Frankfurt am Main. Ob er wieder reaktiviert werden kann? Der Zivilschutzexperte Andreas Kling berät Behörden beim Katastrophenmanagement und kennt sich mit Schutzanlagen aus. Sein Fazit nach der Besichtigung: „Um unseren Zivilschutz ist es schlecht bestellt. Er war jahrzehntelang nur ein Anhängsel des Katastrophenschutzes. Und das muss sich wieder ändern.“ Das ist in der Schweiz anders: Dort ist fast jedes Gebäude mit einem Schutzraum ausgestattet. Die Firma Mengeu bei Zürich hat sich auf den Bau von Bunkern und deren Ausstattung mit Schutzraumtechnik spezialisiert.

Die US-Amerikanerin Belkis Wille ist stellvertretende Direktorin der Abteilung Krisen und Konflikte bei der internationalen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch und seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine regelmäßig im Land unterwegs. Sie dokumentiert Kriegsverbrechen, die russische Soldaten an der ukrainischen Zivilbevölkerung begangen haben sollen. Überlebende in den noch vor Monaten besetzten Gebieten berichten ihr von Verschleppung, Vergewaltigung, Folter und Mord. In der Region Charkiw sucht Belkis Wille nach Beweisen, dass russische Truppen für den Raketenangriff auf den Bahnhof von Kramatorsk am 8. April 2022 verantwortlich waren. Aus einem Dorf in der Nähe von Isjum soll die ballistische Rakete abgefeuert worden sein, die auf dem Bahnhofsgelände in Kramatorsk 57 ukrainische Zivilistinnen und Zivilisten tötete.

In den Rigaer Büros und Studios von Doschd herrscht rege Geschäftigkeit. Chefredakteur Tikhon Dzyadko bereitet sich auf seine Sendung vor: Zweimal täglich moderiert er die Nachrichten. Momentan sendet der russische Sender lediglich via YouTube. Anfang Dezember hatte die lettische Rundfunkbehörde Doschd die Lizenz entzogen, weil ein Moderator seine Sympathie mit den Rekrutierten der russischen Mobilmachung ausgedrückt hatte. Nicht nur aus Lettland, sondern aus ganz Europa kamen harte Worte und scharfe Kritik. Die Geschichte von Doschd begann 2010. Ein unabhängiger Fernsehkanal sollte ein Gegenentwurf zum Kreml-kontrollierten TV-Programm sein. Da aber unabhängiger Journalismus und Putins Regime unvereinbar sind, wurde Doschd 2014 aus dem russischen Kabelprogramm geworfen.

Der Ohridsee gilt als das Gewässer mit der höchsten Biodiversität weltweit. Selbst Arten, die überall sonst bereits ausgestorben sind, haben hier über viele Jahrtausende überlebt: Mehr als 200 Pflanzen und Lebewesen sind ausschließlich hier zu finden, wie zum Beispiel die Ohrid-Forelle. Doch diesen lebenden Fossilien droht Gefahr. Nordmazedonien und Albanien gehören noch immer zu den ärmsten Ländern Europas, und der Tourismus rund um den Ohridsee verspricht wirtschaftliches Wachstum, trägt aber auch zur Verschmutzung des prähistorischen Gewässers bei. Da der Fischbestand bereits sinkt und endemische Spezies vom Aussterben bedroht sind, will die UNESCO den See auf die Liste des gefährdeten Welterbes setzen. Die Menschen in der Region sind zwiegespalten, zwischen wirtschaftlichem Aufschwung und dem Schutz dieser einzigartigen Natur.

Die tschechische Bäuerin Veronika Stránská hat vor einigen Jahren die Haferfelder ihres Vaters übernommen. Als eine der wenigen selbständigen Frauen in der Landwirtschaft hat sie gelernt, was es heißt, sich zu behaupten. 50 Tonnen Hafer will sie nach Plauen im sächsischen Vogtland zu Stephan Leins Mühle liefern. Der 29-Jährige ist Produktionsleiter einer der größten Hafermühlen in Ostdeutschland. Für Stephan ist Hafer das Getreide der Zukunft. Auch Stephan Leins hat große Pläne. Eine zweite Mühle ausschließlich für Biohafer ist im Bau. Zwischen Stephan und Veronika besteht seit Jahren eine geschäftliche Kooperation. Im Herbst will die Hafermacherin nach Deutschland reisen und Stephan endlich persönlich kennen lernen. Dann wird sie auch erfahren, ob ihr Hafer den hohen Qualitätserwartungen des Müllers entspricht und sich die Mühen gelohnt haben. (Text: arte)

2021 entdeckt ein Fotograf den syrischen Flüchtling Munzer Al-Nazzal und seinen Sohn Mustafa in der Türkei nahe der Grenze zu Syrien. Kurz darauf geht sein Foto von den beiden um die Welt. Der Vater verlor bei einem Bombenangriff im nordsyrischen Idlib ein Bein, sein Sohn wurde ohne Gliedmaßen geboren – vermutlich, weil seine Mutter in der Schwangerschaft einem Giftgasangriff ausgesetzt war. Die Familie lebt in der Türkei unter prekären Bedingungen. Durch die mediale Aufmerksamkeit hofft sie nun auf eine Therapie für Mustafa. Über vier Millionen Flüchtlinge leben in der Türkei, darunter zehntausende kriegsversehrte Kinder. Anders als Mustafa, bekommen sie kaum eine Chance. Im Armenviertel Buca in Izmir hat die Irin Anne O’Rorke ein Nachbarschaftszentrum aufgebaut, das genau solchen Kindern helfen will.

Pentedattilo liegt an einem Bergmassiv im Süden Kalabriens. Nach Erdrutschen wurde die Kleinstadt in den 70er Jahren komplett aufgegeben. Als Rossella Aquilanti den Ort zum ersten Mal betritt, ist Pentedattilo bereits seit einem Jahrzehnt unbewohnt. Sie verliebt sich sofort in das Geisterdorf, kündigt ihren Job und lässt ihr altes Leben zurück. Umgeben von Ruinen hat Rossella einen Neuanfang gewagt. 20 Ziegen, ein paar Olivenbäume und ein kleines Stück Land reichen ihr für ein erfülltes Leben. Doch die 63-Jährige spürt, dass sie mit zunehmendem Alter die Arbeit nicht mehr alleine schafft. Lange hat sie vergeblich nach jemandem gesucht, der mit ihr in dieser Abgeschiedenheit leben will. Schließlich kontaktiert sie eine Flüchtlingsunterkunft in Kalabrien und findet Maka Tounkara.

Martina aus Hessen ist seit dem Angriff ihres Ex-Freundes nicht mehr arbeitsfähig und muss in eine psychiatrische Klinik. Es macht sie wütend, wenn sie von ähnlichen Fällen in der Zeitung liest: Vor allem wenn es heißt: „Beziehungstat“ oder „Eifersuchtsdrama“. Gewalt oder Mord in Partnerschaften werden nach wie vor häufig als tragische Einzelfälle betitelt. Opfer sind häufig Frauen – insbesondere dann, wenn sie sich trennen wollen. Die Zahl der Frauenmorde steigt nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen EU-Ländern. In Österreich kämpft die Anwältin Sonja Aziz für die Rechte ihrer Mandantinnen und gegen das Victim-Blaming vor Gericht sowie zu niedrigen Strafen für die Täter. Oft gibt es schon vor einer Tat Warnzeichen, Betroffene werden dabei aber nicht immer ausreichend geschützt. Ein anderes Bild zeigt Spanien.

„Energienotlage“ ist das Wort des Jahres in der Schweiz. Der 44-jährige Nicholas Bornstein will gerade jetzt alles tun, um seine geliebten Berge zu schützen. Dafür gründete er den Verein „Protect our winters“ und setzt auf Dialog mit Energieunternehmern und Bergbahngesellschaften. Energiekrise und Wintertourismus, wie kann man das miteinander vereinbaren? Bei den Energieunternehmern will Nicholas den bescheidenen Einfluss seines jungen Vereins geltend machen, um auf wichtige Entscheidungen einzuwirken: Muss man wirklich die größte alpine Solaranlage Europas für den Winterstrom über die Nebelgrenze in Wallis bauen? Oder die nächste Staumauer in einem noch unberührten Tal im Berner Oberland? Nicholas will um die fünf Millionen Outdoorsportler der Schweiz, Naturliebhaber, wie er sagt, mobilisieren – für die Abstimmung des für ihn sehr wichtigen Umweltschutzgesetzes im März 2023. (Text: arte)

Yvonne Heil ist frisch ausgelernte Bäckergesellin. Sie will ihr altes Leben zurücklassen und auf Wanderschaft gehen, doch das kann sie nicht alleine. Um auf die Walz zu kommen, braucht sie eine Altgesellin, die ihr zeigt, wie das Leben auf der Straße funktioniert. Lisa Goldmann ist schon vier Jahre unterwegs. Die Bierbrauerin will Yvonne zeigen, worauf es ankommt: Schlafplatzsuche, Essen finden, Arbeitssuche. Auch die vielen Regeln auf Wanderschaft muss Yvonne erst lernen. Hinzu kommt: Frauen auf der Walz stehen vor anderen Hürden als Männer. Ihr größter Gegenspieler: die Tradition. Denn jahrhundertelang war es Frauen verboten, ein Handwerk zu erlernen und auf die Walz zu gehen. (Text: arte)

Volle Krankenhäuser und Notfallambulanzen, überlastetes Personal – die Gesundheitssysteme sind am Limit. Notärztin Birgit Plöger aus Marburg leitet die Rettungskräfte über Telemedizin an. Am Telefon fällt sie die Entscheidung, was mit den Patienten passiert. Im französischen Le Favril ersetzt mittlerweile eine Selbstuntersuchungskabine den Hausarzt. (Text: arte)

7x130 Eine Bürgermeisterin in Polen

  • 2023-03-16T18:45:00Z32m

Seit 2014 ist Beata Moskal-Slaniewska Bürgermeisterin von Swidnica, einer Industriestadt im Südosten von Polen mit knapp 60.000 Einwohner. Als sie eines Morgens ihren Computer hochfährt, erwartet sie eine E-Mail von einem anonymen Absender mit dem Betreff „In den Ofen mit dir“. „Es ist höchste Zeit, dass du vom Erdboden verschwindest für all die Verbrechen, die du an den Menschen in der Region begangen hast … Wir sehen uns in der Hölle …“ Der Brief macht ihr Angst – und Angst macht angreifbar. Aber sie möchte sich nicht einschüchtern lassen und macht weiter. Die Reportage begleitet Beata Moskal-Slaniewska bei ihrem täglichen Einsatz für eine weltoffene und tolerante Stadt. Die von der polnischen Regierung beschlossenen Budgetkürzungen oder ideologisch geprägten Gesetze schränken ihre Handlungsfreiheit drastisch ein.

Als Charly Machin 2018 nach Berlin zieht, erfindet sie sich als Driller Queen neu. Die Waliserin pendelt zunächst allein durch die Stadt und hilft bei kleinen Reparaturen und Renovierungen. Schnell merkt Charly, dass die Nachfrage nach der Frau mit der Bohrmaschine groß ist. Innerhalb von vier Jahren wird aus der One-Woman-Show ein Team von mehr als 20 Driller Queens. Die Driller Queens setzen sich für Vielfalt ein und zeigen ganz praktisch, dass Frauen, trans und nicht-binäre Menschen Handwerk können und lieben. Charly Machin: „Das ist doch überholt, davon auszugehen, dass die einzigen Menschen, die diese Arbeit verrichten können, Männer sind. Das macht keinen Sinn. Wir sind stark und wir sind fähig, absolut fähig, diesen Job zu machen.

Wenn Iwona Sałańdziak und Aneta Lach morgens um Acht ihren winzigen Friseurladen aufschließen, warten schon die ersten Kunden. Dann schneiden sie meistens wortlos und im Akkord die Haare der Deutschen, die zum billigen Tanken und Einkaufen auf den Markt von Łęknica kommen. Ein Haarschnitt kostet hier gut die Hälfte weniger als jenseits der Neiße. Schon seit vielen Jahren ist der Markt für seine Kampfpreise berühmt. Erhöhen können die beiden Polinnen ihre Preise aber nicht. Im Gegenteil: manche Deutsche versuchen sogar noch zu feilschen. „Sie verstehen einfach nicht“, sagt Iwona und zuckt mit den Schultern, „dass unsere Preise doch auch gestiegen sind.“ Die Inflation in Polen liegt bei 16% – deutlich höher als in Deutschland. Aber auf dem Markt von Łęknica darf davon nichts zu spüren sein.

Peter Szabo ist 50 und stolzer Paprika-Bauer in Ungarn. Das Gewürz steht für den Nationalcharakter des Landes und sicherte über Generationen das Auskommen vieler ungarischen Familien auf dem Land. Vor zwölf Jahren hat Peter den Familienbetrieb übernommen. Seitdem produziert er mit modernen Maschinen, altem Wissen und großer Leidenschaft das rote Gold Ungarns. Peters Rezept: uralte Paprikasorten von Hand gepflückt, langsam getrocknet und gründlich gemahlen. Seine Idee, Vulkansteine in den Boden zu bringen, hilft bei Trockenheit das Wasser länger zu halten. Chemikalien haben Hausverbot. Stattdessen wird gemulcht. Ein gesunder Acker ist Peter wichtig. Doch das alles frisst Zeit. Während der Ernte muss Peter auf seine Familie verzichten, da er dann in der Firma wohnt. Auch Peters Eltern packen immer noch mit an, denn allein ist es nicht zu schaffen.

Dominique kann ihre Wohnung nicht ohne einen letzten Kontrollgang verlassen: Ist der Herd aus? Sind alle Fenster geschlossen? Sie leidet unter einem Kontrollzwang. Die Zwangshandlungen geben ihr ein kurzfristiges Gefühl von Sicherheit. Doch sie bestimmen ihren Alltag. Phasenweise konnte Dominique ihre Wohnung nicht verlassen. Dabei weiß sie wie irrational ihre Zwänge sind. Allein in Deutschland leiden etwa zwei Millionen Menschen an Zwangsstörungen. Die Dunkelziffer ist deutlich höher. Die Krankheit tritt meist in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter auf. So auch bei der 71-jährigen Margit aus der Nähe von Wien. Sie ekelt sich schon als Kind vor Schmutz. Außer ihrem Ehemann darf heute niemand in die gemeinsame Wohnung. Ihre Einkäufe wäscht sie ab, reinigt sogar die Packungen. Dabei sind ihre Zwänge schon deutlich besser.

Die Kleinstadt Šabac liegt rund 80 Kilometer westlich von Belgrad entfernt. Hier gibt es für junge Menschen nicht viele Perspektiven: Nach dem Schulabschluss ziehen die meisten weg. Doch der 26-jährige Miroslav ist geblieben. Vor mehr als zehn Jahren hat er bereits als Minderjähriger mit dem Glücksspiel begonnen. Zeitweise hatte er 20.000 Euro Schulden bei verschiedenen Geldverleihern. Neben seiner Wohnungstür hat Miroslav eine Überwachungskamera installiert – aus Angst vor gewalttätigen Geldeintreibern. Aktuell ist er schuldenfrei, seine Familie hat ihm mit großer Anstrengung geholfen. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er sogar einen festen Job. Nach eigener Aussage wäre er jetzt in der Lage, kontrolliert zu spielen. Das dachte auch Nikola. Der 27-Jährige hat sein Maschinenbaustudium wegen seiner Spielsucht abgebrochen.

Morten, Eddie und Klaus Smedegaard sind drei von 18 Geschwistern, die sich im dänischen Esbjerg dem Schiffsrecycling verschrieben haben. Vater Henning gründete das Unternehmen 1962. Seither werden hier Schiffe entkernt, Teile ausgebaut, chemische Rückstände entsorgt und die Wracks am Ende mit brachialen Maschinen zerteilt. Das sieht oft martialisch aus, geschieht dennoch nach strengen Regeln: Alle Materialien werden getrennt, verwertet oder fachgerecht entsorgt. Die Familie Smedegaard hat das ökologische Schiffsrecycling mitentwickelt und die EU bei der Verordnung zum Schiffsrecycling beraten. Geld verdient das Unternehmen mit dem Verkauf der alten Motoren, der Steuerelektronik und der gewonnenen Altmetalle. Die Brüder sind die vierte Generation im Abwrack-Geschäft. Mutter Grethe hält den Clan zusammen.

Immer wieder heizt sich der Konflikt zwischen Kosovo und Serbien auf, das Kosovos Unabhängigkeit nicht anerkennt. Schmelztiegel der Spannungen ist jedes Mal der Norden Kosovos, der direkt an Serbien grenzt und hauptsächlich von ethnischen Serben besiedelt ist. Mit Unterstützung aus Belgrad widersetzen sie sich regelmäßig der Hoheitsgewalt des von ethnischen Albanern geführten Staates. Immer wieder kommt es zu Eskalationen; zuletzt fielen sogar Schüsse. Auch Dragan Daničić träumt davon, wieder zu Serbien zu gehören, doch vor allem sehnt sich der Vater einer Tochter nach einem Leben ohne Angst. Die regelmäßigen Ausschreitungen bedrohen seine Existenz als Bauer und Taxifahrer. Der Serbe fühlt sich als Spielball zwischen Pristina und Belgrad und sieht sich von zwei Seiten unter Druck: „Keiner sorgt sich um die wirklichen Probleme der Menschen hier.

Die Schweizer Tierschützer haben auf der Vulkaninsel ein dunkles Geheimnis hinter der idyllischen Fassade der Islandpferde aufgedeckt. Die Pferde werden nicht nur als Reitpferde gezüchtet oder als Pferdefleisch vermarktet. Vor allem in den Sommermonaten, wenn Millionen von Touristen auf Island in Urlaub sind, wird den trächtigen Stuten wöchentlich Blut abgenommen. Die isländische Pharmafirma hat auf der Insel ein Monopol, um aus dem Blut das Hormon PMSG zu gewinnen. Es ist extrem wertvoll und weltweit gefragt, weil es in der industriellen Ferkelzucht eingesetzt wird, um die Fertilität der Sauen in der Massentierhaltung zu erhöhen. Billiges Schweinefleisch gibt es dank dieses Hormons. Diese Praxis möchten die Tierschützer und Tierschützerinnen der Animal Welfare Foundation stoppen.

In Finnland werden Moore trockengelegt, um Torf abzubauen und daraus Energie zu gewinnen. Mit dramatischen Folgen: Weniger als die Hälfte aller finnischen Feuchtgebiete ist noch intakt. Tero Mustonen ist Klimatologe und gründete die Organisation Snowchange, um Moore zu schützen oder zu retten. Zusammen mit der Bevölkerung seines Dorfes verklagten sie den Energiekonzern, der für die Zerstörung des Linnunsuo-Moores verantwortlich war. Inzwischen kämpft Mustonens Organisation weltweit für die Rettung und Renaturierung von Biotopen. Auch Greta Gaudig und Sabine Wichmann setzen sich für die Wiederbelebung von Mooren ein. Am Greifswald Moor Centrum forschen die beiden an so genannten Paludikulturen: Pflanzen, die sich in Feuchtgebieten anbauen und wirtschaftlich nutzen lassen.

Gerold Biner ist leidenschaftlicher Rettungspilot der Air Zermatt. Seit mehr als 30 Jahren ist er bereits für das Unternehmen im Einsatz. Wie riskant die Einsätze für die Retter sind, weiß Biner aus erster Hand. 1989 flog er seinen ersten Einsatz und überlebte knapp einen Absturz. Über die Jahre musste der Pilot miterleben, wie der Klimawandel die Gefahrenlage bei den Rettungseinsätzen verschärft hat. In diesem Jahr führen die schlechten Schneebedingungen zu besonders vielen Brüchen und Verletzungen bei Alpinisten und Wintersportlern. Der deutsche Notarzt und Anästhesist Dr. Stephan Prückner liebt die Berge, ist selbst leidenschaftlicher Skifahrer und Wanderer. Um die Air Zermatt als Rettungsarzt zu unterstützen, nimmt er sich bei seinem eigentlichen Arbeitgeber, dem Universitätsklinikum München, extra frei.

In Großbritannien ist die Armut so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Angesichts einer galoppierenden Inflation und immer prekärerer Arbeitsbedingungen hungern Tausende von Briten. Der Krieg in der Ukraine hat die Preise für Strom und Benzin auch im Vereinigten Königreich noch einmal in ungeahnte Höhen getrieben. In Liverpool haben sich die Fans der beiden großen Fußballvereine der Stadt, die eigentlich miteinander verfeindet sind, bereits vor sieben Jahren zusammengeschlossen, um ein riesiges Netzwerk zur Umverteilung von Lebensmitteln aufzubauen, das sich seitdem über das ganze Land ausgebreitet hat. Die Gründer nennen dieses kleine Wunder: Solidarität der Arbeiterklasse. (Text: arte)

Mitten in der Atacama-Wüste im Norden Chiles ist der 38-jährige Juan Jose Saldana auf der Suche nach Müll. Genauer nach Kleidung, die illegal in der Region verklappt wird. Saldana will den Menschen zeigen, welche negativen Auswirkungen das Fast-Fashion-Geschäft auf seine Heimat hat. Denn hier landet, was im Globalen Norden nicht gewollt ist: Ladenhüter und kaum getragene Kleidung, im Sand verscharrt, verbrannt oder einfach weggeworfen. Die Textilien stammen vor allem aus Europa und den USA. Importeure bringen sie über die Freihandelszone im Norden Chiles ins Land, mit dem Ziel, sie auf dem südamerikanischen Kontinent zu verkaufen. Doch längst nicht alles lässt sich weiterverwerten. Aber weil es in Chile an politischen Kontrollen fehlt, bezahlen Importeure lokale Fahrer, um die Kleidung illegal in die Wüste zu bringen.

Clarina Scettrini ist 87, die älteste Einwohnerin von Corippo. Nie wollte sie wegziehen von hier, auch wenn es immer verlassener um sie herum wurde, die Jungen wegzogen, die Alten starben. Gerade einmal sieben Personen leben noch in Corippo. Das Schweizer Dorf im Tessiner Varzascatal ist vom Aussterben bedroht. Niemand hat mehr Lust auf ein beschwerliches Leben in viel zu kleinen und dunklen Häusern. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts lebten hier über 300 Menschen, meist Bergbauern, die von der Wanderwirtschaft lebten. 1950 waren es nur noch 70. Als Clarina Scettrini hier zu Schule ging, waren sie noch 14 Kinder im Ort und das Glöcklein in der Schule läutete in der Früh zum Unterricht. Die Schule machte bald dicht, dann die Post, dann der kleine Laden.

Hamburg, Stadtteil Dulsberg. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Wohnungen winzig, viele Familien sind auf staatliche Hilfe angewiesen. Alle zwei Wochen holt Filiz die sechsjährige Begüm hier bei ihrer Mutter ab. Die ist alleinerziehend, seit Begüms Vater an Krebs gestorben ist. Filiz und Begüm gehen zusammen Eis essen, auf den Spielplatz, ins Museum oder erkunden Hamburg. Filiz und Begüm kennen sich erst seit kurzem, doch die 44-jährige Angestellte hat sich dazu entschlossen Begüm als „Weggefährtin“ zu unterstützen Hajo und der elfjährige Asmen treffen sich seit mehr als drei Jahren, an jedem zweiten Samstag. Meist fahren sie raus ins Grüne oder an den Elbstrand. Asmen hat einen großen Bewegungsdrang, den er in der kleinen Wohnung in Altona nicht ausleben kann. Asmens Mutter ist alleinerziehend.

In ganz Europa wollen Umweltaktivistinnen und -aktivisten die Politik durch zivilen Ungehorsam zu einem klimafreundlicheren Handeln zwingen. In Spanien ist die Gruppe „futuro vegetal“ aktiv. Im vergangenen Jahr klebte sich die 20jährige Studentin Alba im Prado-Museum in Madrid an einem Goya-Gemälde fest. Nun will sie zusammen mit anderen Aktivistinnen und Aktivisten das Rednerpult im Parlament besetzten. Viele Spanier können die Aktionen der Gruppe nicht nachvollziehen, die Straßenblockaden scheinen die meisten einfach nur zu nerven. Die 23-jährige Dina wohnt in Lützerath. Dem Ort am Tagebau Garzweiler droht – trotz massiven Widerstands – das endgültige Aus. Sollte das Camp geräumt werden, wird Dina nicht freiwillig gehen und nimmt dafür eine Festnahme in Kauf.

Von der Corona-Krise hat sich die Luftfahrt trotz der Klimadiskussion rasend schnell erholt. Plötzlich wird jedes Flugzeug gebraucht. Selbst die ausgemusterten A380, vierstrahlige Riesenflieger, kommen zu einem unerwarteten Comeback. Wenige Tage, nachdem die Lufthansa entschieden hat, einen Teil ihrer A380-Flotte in den Betrieb zurückzuholen, geht ein heftiger Hagelsturm am Abstellplatz der Flugzeuge in Spanien nieder und ramponiert die millionenteuren Maschinen. Trotz der Schäden sollen vier Flugzeuge im Juni 2023 wieder in Betrieb gehen. Ein gewaltiges Vorhaben. Technisch, aber auch organisatorisch. Die meisten A380-Piloten hatte die Lufthansa bereits auf andere Typen umgeschult oder in den Vorruhestand geschickt. 90 Piloten müssen nun neu für die A380 bei Lufthansa angelernt werden.

Seit der Finanzkrise von 2008, als 350.000 spanische Familien ihre Hypothek nicht mehr abzahlen konnten und ihre Wohnung verloren, verschlechtert sich die Wohnungssituation in Spanien zunehmend. Das Land hat viel zu wenig Sozialwohnungen, während angeblich insgesamt fast vier Millionen Wohnungen – d.h. 15 % des Immobilienbestandes – leer stehen. Ergebnis: Das Phänomen der Hausbesetzungen hat um sich gegriffen, vor allem in Katalonien. Allein in Barcelona soll es 20.000 illegale Besetzungen geben, durch die viele krisengeschädigte Bürger Zuflucht fanden. Die 55-jährige Gärtnerin Llum Oliver musste ihre Wohnung 2012 der Bank überlassen. Nachdem sie von einem Tag auf den anderen obdachlos geworden war, wandte sich die Barcelonerin an einen Wohnrechtsverein.

Jedes Jahr im September nimmt Giannino Aluigi ordentlich Fahrt auf. Der Präsident des „Clubs der Hässlichen“ hat einen Ruf zu verteidigen. Sein „Club dei Brutti“ zählt schließlich 32.000 Mitglieder aus der ganzen Welt. Und von denen reisen viele begeistert – und mit hohen Erwartungen – alljährlich zum „Festival der Hässlichen“ mit seinen farbenprächtigen Paraden, mit Wein, Tanz und Gesang. Unbestrittener Höhepunkt: die Wahl des hässlichsten Mannes Italiens. Die Abstimmung geht mit Humor und einem leichten Augenzwinkern über die Bühne. Denn niemand muss sich schlecht fühlen, finden sie in Piobbico, weil er oder sie nicht den absurd hohen Schönheitsstandards der Mehrheitsgesellschaft entspricht.

Eigenen Angaben zufolge hat die „Letzte Generation vor den Kipppunkten“, wie sie sich genau nennt, mehr als 1.300 Blockaden im ganzen Land organisiert. Allein in Berlin wurden deshalb bislang über 1.000 Gerichtsverfahren eingeleitet. Maja Winkelmann (23) klebte schon oft auf der Straße, stand mehr als 20 Mal vor Gericht und verbrachte insgesamt mehr als drei Wochen im Gefängnis. Die ehemalige Studentin ist überzeugt: „Wir alle sind die letzte Generation, die den Klimawandel noch aufhalten kann. Schon in wenigen Jahren werden Kipppunkte erreicht sein, die die Vernichtung unserer Erde unumkehrbar machen. Deswegen bin ich im Widerstand“. Auch Majas Schwester Lisa (20) und ihre Eltern engagieren sich. Vater Boris Winkelmann ist stolz auf seine Töchter, er selbst hat sich auch schon auf die Straße geklebt.

In den sogenannten medizinischen Wüsten Frankreichs ist es schwierig, Zugang zu medizinischer Versorgung zu erhalten. Es ist schwierig, einen Facharzt aufzusuchen, wenn man in einem kleinen Dorf wohnt, kein Auto hat und Dutzende Kilometer bis zur nächsten Stadt zurücklegen muss. Es ist schwer zu überleben, wenn man Bauer ist, eine mickrige Rente hat, arbeitslos ist oder seit vielen Jahren krank. Das obere Aude-Tal erstreckt sich über drei Departements: Aude, Ariège und Pyrénées Orientales. Die Landschaft ist spektakulär und idyllisch, doch das Gebiet gehört zu den am stärksten benachteiligten Departements: Die Arbeitslosenquote ist hoch, und die veraltete Landwirtschaft hat Schwierigkeiten, sich zu wandeln. Im Hochtal der Aude kämpfen Gesundheitsmediatoren, Ärzte und Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen dafür, dass die Ärmsten ihr Recht auf eine Gesundheitsversorgung endlich wieder wahrnehmen können. (Text: arte)

„Wir sind die Generation europäischer Astronauten, die die meiste Zeit auf der internationalen Raumstation verbracht hat“, sagt Thomas Pesquet; „Wir haben Rekorde gebrochen. Ich sage das nicht um anzugeben, wir sind qualifiziert für den Mond“. Er steht auf dem Gelände der NASA in Cape Canaveral, am Horizont steht die mächtigste Rakete der Welt auf der Abschussrampe. Sein Kollege Matthias Maurer läuft durch eine künstliche Mondlandschaft in einer Luxemburger Eventhalle. „Jeder Astronaut träumt davon, über den Mond zu laufen“, sagt er. Demnächst wird es ein Mond-Trainingszentrum in Köln geben – er ist Projektleiter. Wer der erste Europäer sein wird, der einen Fuß auf die Mondoberfläche setzt, entscheidet ihr Chef, der ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher.

Bulgarien gehört zu den wenigen Ländern der EU, in denen prorussische Demonstrationen organisiert wurden. Gleichzeitig unterstützt Bulgarien seit Kriegsbeginn die Sanktionen gegen Moskau. Außerdem hat das Land mehr als 100.000 Geflüchtete aufgenommen, die meisten davon in Hotels an der Küste – wie in Pomorie. Unter ihnen sind Svetlana und zwei ihrer Kinder. Ihr ältester Sohn ist 20 Jahre alt und konnte die Ukraine nicht verlassen. Nachdem sie kostenlos in einem Hotel untergebracht wurde, arbeitet sie für einen geringen Lohn als Putzfrau und möchte Bulgarien verlassen. Sie fürchtet sich, russischen Gästen zu begegnen, die Putins Politik unterstützen – wie Natalia, der eine Wohnung in der Küstenstadt gehört.

Ein kleiner Junge mit Verdacht auf einen Gehirntumor, ein an Lungenentzündung erkranktes Mädchen mit Atemnot, eine Jugendliche mit aufgeritzten Armen und Suizidgedanken – all das ist Alltag in der Notaufnahme der Kinderklinik in Darmstadt. Saskia Wunderlich arbeitet hier als Oberärztin und schafft es, selbst in Extremsituationen Ruhe zu bewahren und Kindern und Eltern ein Gefühl von Sicherheit zu geben. Die Gesundheit und das Wohlbefinden der kleinen Patientinnen und Patienten haben Priorität. Doch das sorgt immer häufiger dazu, dass das Personal an der Belastungsgrenze arbeitet. „Es gibt Tage, da macht man keine Pause. Da geht man das erste Mal nachmittags auf Toilette“, sagt die Kinderärztin. „Irgendwann kommt man dann körperlich an seine Grenzen. Auch wir sind nicht Superwoman.“ Rund die Hälfte aller Krankenhäuser schrieben 2022 rote Zahlen.

Wie sieht die in vollem Wandel begriffene Welt der Online-Arbeit in Grenoble aus? Zu Beginn übte das Arbeitsangebot der Online-Lieferplattformen eine große Sogwirkung auf junge Stadtbewohner aus, da es ihnen die Möglichkeit einer flexiblen Einnahmequelle eröffnete. Doch die ursprüngliche Begeisterung der Mitarbeiter von Uber, Deliveroo und vielen anderen Lieferdiensten scheint heute vorbei zu sein. Viele Erwerbstätige, die diese neue Welt erkundet haben, sind enttäuscht und beginnen sich zusammenzuschließen. Doch wie soll man gemeinsame Aktionsformen finden, wenn man grundsätzlich allein arbeitet? In Grenoble, wo 500 Fahrradlieferanten auf eine Bevölkerung von 160.000 Einwohnern kommen, machen diese neuen Offensiven Schule. In Frankreich und anderen europäischen Ländern organisieren manche „Uberisten“ den Gegenschlag.

Marcia Engel wurde als Kleinkind aus Kolumbien adoptiert und wuchs in den Niederlanden auf. Erst mit 11 Jahren erfuhr sie von ihren Adoptiveltern die Wahrheit über ihre Herkunft. In den offiziellen Papieren hieß es, sie sei ein Waisenkind. Doch Marcia gab sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden und machte sich auf die Suche nach ihrer Familie: Acht Jahre suchte sie ihre biologische Familie. Doch erst als sie eine private Ermittlerin anheuerte, fand sie ihre Mutter, die nie einer Adoption zugestimmt hatte. Es gibt immer wieder Fälle, bei denen die Kinder ohne Zustimmung der leiblichen Eltern illegal zur Adoption frei gegeben werden. So wie bei Marcia. Kinder werden als Waisen ausgegeben, obwohl sie nur vorübergehend im Heim leben. Es werden Papiere gefälscht und den Adoptiveltern sogar erzählt, die leibliche Mutter sei gestorben.

Am 6. Mai wird Charles zum König gekrönt. Wie steht die britische Bevölkerung zu ihrem neuen Staatsoberhaupt? Mary Hobson gehört zur britischen Mittelschicht und ist ein großer Royal-Fan, auch wenn ihr Ehemann die Begeisterung nicht ganz teilen mag. Mary bereitet sich schon seit Wochen auf das Spektakel vor und hat sich bereits einen Platz gesucht, von dem aus sie den König aus nächster Nähe sehen kann. Doch die Skandale um Prinz Harry und Meghan haben ihren Enthusiasmus etwas getrübt. Noch kritischer sehen schwarze Briten die Monarchie: Viele von ihnen betrachten die englische Monarchie als Symbol für eine überwiegend weiße Elite, die aus der Zeit gefallen scheint und mit dem Volk nicht mehr viel gemein hat. So sehen es zumindest die Jugendlichen in der Wohltätigkeitsorganisation „Voyage Youth“, die sich für schwarze Jugendliche engagiert.

Gegründet wurde „Repair Together“ im Mai 2022 von vier kreativen Großstädtern aus der Kiewer Techno-Szene. Anders als andere Hilfsinitiativen verbinden sie den Wiederaufbau mit Gemeinschaft, Kreativität und Musik. Im Sommer zogen ihre sogenannten „Aufbau-Raves“ hunderte freiwillige Helfende aus aller Welt zu Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten in zerstörte Dörfer im Norden der Ukraine. Doch je länger der Krieg dauert und je kälter die Temperaturen werden, desto mehr drohen Zusammenhalt und Unterstützung abzunehmen. Techno-Partys feiern die Organisatorinnen und Organisatoren bei Kälte eher im Privaten – nicht auf Baustellen. Infolgedessen melden sich immer weniger Freiwillige zu den Bauarbeiten, sodass die Vier die meisten Wiederaufbauprojekte im Winter pausieren lassen mussten.

Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus hat Rumänien über vier Millionen Staatsbürger verloren, die zum Arbeiten in den Westen abgewandert sind. Ergebnis: Einer neueren Studie zufolge erklären 80 % der rumänischen Arbeitgeber, keine Beschäftigten zu finden. Um diesen Notstand zu lindern, rekrutiert das Land in Asien. In Partnerschaft mit mehreren asiatischen Ländern hat Bukarest die Anzahl der Arbeitserlaubnisse für Nicht-EU-Bürger von 3.000 Visa im Jahr 2016 auf 100.000 im Jahr 2022 erhöht. Um den großen Zustrom zu bewältigen, regeln rumänische Vermittlungsagenturen – inzwischen sind es schätzungsweise 4.000 – die Aufnahme der Ausländer. Im Auftrag der Arbeitgeber suchen sie – in enger Zusammenarbeit mit ihren örtlichen Mittelsleuten in den jeweiligen Ländern – nach geeigneten Kandidaten.

In Straßburg hat sich Elie Assémat zum Ziel gesetzt, dass Elektroschrott möglichst gar nicht mehr entsteht. Er ist Mitbegründer von Commown, einer Genossenschaft, die Elektronikgeräte als gemeinsames Gut betrachtet. Die Genossenschaft vermietet seit 2018 Smartphones, Computer und Kopfhörer. Dabei geht es ihm vor allem um Nachhaltigkeit und eine längere Nutzung. Alle Produkte im Angebot sind leicht zu reparieren und garantieren damit eine lange Lebensdauer. Für 2030 prognostizieren Fachleute eine Lawine von über einer Million Solarmodule, die in der Entsorgung zu landen drohen. Mit seiner Firma 2ndlifesolar will Martin Wilke aus Hamburg dafür sorgen, dass möglichst viele dieser Alt-Module ein zweites Leben bekommen, zum Beispiel als Balkonkraftwerke. Aber auch das Recycling der aussortierten Module steht im Fokus des Ingenieurs.

In der Domaine du Merle, inmitten der malerischen Provence, werden seit den 1930ern Schäferinnen und Schäfer ausgebildet. Knapp 20 Menschen lernen dort binnen eines Jahres alles, was sie wissen müssen, wenn sie während der Sommermonate mit oft mehr als 1000 Schafen in den Alpen leben. Unter den Auszubildenden des aktuellen Jahrgangs sind auch Mathilde (24), Geoffrey (22) und Lucas (18). Mathilde kommt aus Paris, hat studiert und ist auf der Suche nach einer Arbeit, die sie in die Natur bringt. Geoffrey hat eine Maurerlehre abgeschlossen, dann eine Ausbildung zum Koch gemacht – nichts hat ihm wirklich gefallen. Diesmal könnte es anders sein, meint er. Die Einsamkeit mache ihm nichts aus. Das ist bei Lucas anders. Er hat gerade die Schule abgeschlossen und will mit Tieren arbeiten. Die langen Momente der Stille machen ihm etwas Angst.

Lange galt Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu als chancenreichster Herausforderer von Präsident Erdogan bei den Wahlen am 14. Mai 2023. Der Kandidat der sozialdemokratischen CHP hatte vor drei Jahren überraschend die ökonomisch wichtigste Stadt des Landes der Regierungspartei AKP abgetrotzt. Doch ein Gerichtsurteil wegen Beamtenbeleidigung, das auf Druck der AKP-Regierung zustande kam, zwang ihn, in die zweite Reihe zurückzutreten und dem CHP-Vorsitzenden Kemal Kilicdaroglu im Wahlkampf den Vortritt zu lassen. Dieser führt nun ein Sechserbündnis der Opposition an. Die CHP-Vorsitzende von Istanbul Canan Kaftoncioglu kämpft auch für einen Regierungswechsel. Sie gilt als Mastermind hinter Bürgermeister Imamoglu. Die Ärztin ging in die Politik, um die politischen Verhältnisse in der Türkei zu verändern.

Pavlo, 11 Jahre, erlebte die russische Invasion in seiner Heimat, einer ländlichen Gegend in der Nähe von Tschernobyl. Anfang Juni kam er in einem Bus mit 46 anderen Kindern in Nordfrankreich an. Ein regionaler Verein organisierte ihre Vermittlung in Gastfamilien. Pavlo kam bei Véronique und Frührentner Hervé vorübergehend für drei Monate unter. In der Ukraine erwarten ihn seine Eltern zum Schulbeginn im September. Allerdings hat sich zwischen Pavlo und Hervé eine Beziehung wie zwischen Enkel und Großvater entwickelt. Luciana ist seit Kriegsbeginn mit ihren beiden Brüdern und ihrer kleinen Schwester in Frankreich. Alle vier kamen in verschiedenen Gastfamilien unter. Sie stammen aus der Region Saporischja, die besonders schwer vom Krieg betroffen ist. Ihr Vater kämpft an der Front.

Ein Sonntag im beschaulichen Commercy im Osten Frankreichs: Dr. Tri Tran Cong hat Notdienst und operiert einen schwer verletzten Hund, der mit einem Wildschwein zusammengestoßen ist. Nacht- und Wochenendschichten sowie Überstunden sind für den seit 30 Jahren praktizierenden Arzt keine Ausnahme. Seine Tierklinik ist eine der wenigen Anlaufstellen in der Region. Trotz der hohen Arbeitslast muss bei den Behandlungen jeder Handgriff sitzen. Dr. Trang Cong selbst stand schon kurz vor dem Burnout und ist seit drei Jahren in Therapie. Doch aus Liebe zu den Tieren kann er sich nicht vorstellen, seinen Beruf aufzugeben. Dr. Petra Kracher hat sich mit einer Tierarztpraxis in München selbstständig gemacht. Sie ist für drei Angestellte verantwortlich.

Egal wie klein und unscheinbar sie ist: Jede Art zählt – das weiß auch Elisabeth Kühn. Die Biologin vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle hat ein Herz für Schmetterlinge – genauer gesagt für Tagfalter. Viele Schmetterlingsarten kämpfen ums Überleben. Gemeinsam mit ehrenamtlichen Hobbyforschern untersucht Kühn, wie es um den Bestand der Schmetterlinge steht und warum manche Tagfalterarten aus einem Gebiet einfach verschwinden. An dem Projekt „Tagfalter-Monitoring-Deutschland“ kann sich jeder beteiligen. Ulrich Eichelmann ist Mitbegründer der Umweltorganisation RiverWatch, seine Mission einer der letzten großen Wildflüsse in Europa. Die Vjosa in Albanien ist für ihn ein Naturjuwel, das es unbedingt zu schützen gilt. Er kämpft vor allem gegen den Bau von Wasserkraftwerken. Sie bedrohen die noch intakten Ökosysteme in und am Fluss.

Der Trauerberater und Zeremonienmeister Guillaume Loiseau unterrichtet auch an der staatlichen französischen Berufsschule für Bestattungsberufe. Er stellt fest, dass die üblichen Zeremonien oft nicht den Vorstellungen der Hinterbliebenen entsprechen. Seiner Meinung nach muss individuell auf die Wünsche jeder Familie eingegangen werden, damit die Trauerfeier in guter Erinnerung bleibt. Er will seinen Schülern vermitteln, wie sie jede Feier fast wie eine Bühnenvorstellung gestalten können. Auf Fachmessen findet er dafür neue Anregungen und Ideen. Stéphanie ist Thanatopraktikerin. Sie sorgt für ein ästhetisches Erscheinungsbild der Verstorbenen bei der Aufbahrung – eine besonders tabubehaftete Tätigkeit. Stéphanie gibt in den sozialen Netzwerken Einblick in ihre Arbeit, und zu ihrer Überraschung stößt ihr Beruf auf starkes Interesse.

Auf Europas größtem Vogelmarkt in ’s-Hertogenbosch in den Niederlanden sucht Harald Garretsen schwarze Schafe. Der Handel mit Zucht-Vögeln ist zwar erlaubt, doch der Inspektor der niederländischen Behörde für Lebensmittel- und Konsumgütersicherheit hat es auf Händler abgesehen, die mit verbotenen Wildvögeln Geschäfte machen wollen. Immer wieder stoßen Garretsen und seine Kollegen vom Zoll auf illegal importierte Tiere aus Südamerika. Im südamerikanischen Suriname, einer ehemaligen niederländischen Kolonie, gehören Exoten im Vogelkäfig zum Straßenbild. Die Vögel werden im Amazonas-Regenwald gefangen. Dion Coutinho ist einer der erfahrensten Vogelfänger des Landes. Für Tierparks weltweit und große Exportfirmen jagt er gewöhnlich gleich mehrere Tiere und ist dafür oft wochenlang im Busch. Diesmal will er einen ganz bestimmten Singvogel aufspüren.

In Paris leben sechs Millionen Ratten, die Krankheiten übertragen. Die Stadtverwaltung zahlt jedes Jahr 1,5 Millionen Euro allein für die Rattenbekämpfung. Die städtischen Kanalarbeiterinnen und -arbeiter belegen die Gänge der Kanalisation mit kleinen grünen Würfeln mit gerinnungshemmendem Mittel, die drei bis vier Tage brauchen, um bei Ratten zu wirken. Das Ziel ist nicht, alle Ratten zu töten, sondern die Population zu regulieren. Aber das ist vielen Parisern wie Jacques und Sylvain nicht genug, sie handeln auf eigene Initiative: „Es ist alles eine Frage der Hygiene und der öffentlichen Gesundheit. Wir sind gezwungen, die Arbeit zu machen, die das Rathaus nicht tut. Die Bürgerinnen und Bürger haben es satt, in einer Stadt zu leben, die mit Müll übersät ist. Das führt zur Vermehrung der Ratten.

Vor den Toren von Spaniens Hauptstadt liegt der größte Slum Westeuropas. Said Baboua lebt seit mehr als 20 Jahren dort – in der Cañada real galiana. Es ist bereits der dritte Winter, in dem es in weiten Teilen des Viertels keinen Strom und keine Heizung gibt. Said muss Holzreste sammeln, um das Haus mit dem Ofen zu heizen. Dort lebt er mit seiner Frau Fatima und seinem kleinen Sohn Adil. Das Leben in der Cañada real hat sich vor allem in den letzten Jahren und Monaten dramatisch verändert. Denn Madrid ist gewachsen und in der Nähe sollen neue Stadtviertel entstehen. Der Slum muss weichen. Doch mit welchen Methoden? Die Bewohnerinnen und Bewohner sprechen von Schikanen der Regionalregierung. Neben dem abgestellten Strom schüttet die Baufirma nun Sand um einige Häuser der Nachbarn auf – so wie bei Said.

Naomi Linder Kahn ist eine von rund 700.000 jüdischen Siedlerinnen und Siedlern -Israelis, die entgegen internationalem Recht in den Gebieten wohnen, die der Staat im Sechstagekrieg 1967 erobert hat. Die gebürtige Amerikanerin lebt seit den 80er-Jahren in Givat Zeev, einer Siedlung im Westjordanland, die sie mit der biblischen Bezeichnung „Judäa und Samaria“ nennt. Die fünffache Großmutter arbeitet für „Regavim“. Eine NGO, gegründet vom Finanzminister und radikal rechten Siedler Bezalil Smotrich. Sie beobachtet Neubauten in der „Area C“, dem israelisch kontrollierten Teil des Westjordanlands. Sobald Palästinenser dort eine Garage, einen Friedhof oder eine Schule errichten, wird das von Regavim vor Gericht gebracht. Oft folgt die Zerstörung der Bauten. Jüngster Fall: Das Beduinendorf Khan al-Ahmar, das womöglich abgerissen werden soll.

Für den Fluggerätetechniker Patrick ist es ein großer Schritt: Mit Frau und vier Kindern, Hund und Hase zieht er 2022 von Laupheim in Baden-Württemberg nach Évreux. Nach 16 Jahren beim Hubschraubergeschwader und Einsätzen in Afghanistan muss er sich bei der Hercules-Staffel nicht nur an einem neuen Standort und einem anderen Flugzeugtyp zurechtfinden, sondern auch in einer neuen Sprache. Am Fliegerhorst in Évreux, eine Stunde westlich von Paris, entsteht seit 2020 die deutsch-französische Transportfliegerstaffel. 300 Soldatinnen und Soldaten sowie vier französische und sechs deutsche Flugzeuge vom Typ Super Hercules C-130 sollen ab 2024 dazu gehören. Der französische Pilot Benoît und der deutsche Hauptmann Jan sind von Anfang an dabei. Sprachliche Barrieren gibt es noch, man verständigt sich auf Englisch.

Leonora und Adrien mussten viel zu schnell erwachsen werden. Schon als Grundschulkinder sorgten sie für ein krankes Familienmitglied und haben dadurch bis heute wenig Zeit für Freunde, Freizeit und Schule. Dabei sind die beiden weitgehend auf sich allein gestellt und die mentale Belastung der zu frühen Verantwortung wiegt schwer auf ihnen. In Frankreich gibt es für Kinder und Jugendliche, die ihre Eltern oder Geschwister pflegen, wenig Hilfe vom Staat. Zufällig erfuhr Adrien von einem Verein, der für Jugendliche wie ihn, Auszeiten organisiert. Dort kann er endlich einmal richtig abschalten. (Text: arte)

Schaumwein ist in Großbritannien ein sehr beliebtes Getränk, vor allem dessen edelster Vertreter, der Champagner. Mittlerweile werden auch jenseits des Ärmelkanals exzellente Weine produziert. Vor weniger als einem halben Jahrhundert gab es im ganzen Land nur ein einziges kommerzielles Weinbaugebiet; heute gibt es 800. Diese Entwicklung ist das Ergebnis einer Klimaerwärmung, die alle betrifft: So sehr der Temperaturanstieg den Rebstöcken in der französischen Region Champagne-Ardenne zusetzt, so sehr erleichtert er den Weinanbau in England. Der 57-jährige Ian Kellett war früher als Banker tätig und hat 1999 das Gut Hambledon in Hampshire erworben. Der Geschäftsmann ist sich seiner Sache sicher: Aufgrund der Klimaerwärmung haben die englischen Weine eine verheißungsvolle Zukunft vor sich.

Seit Oktober 2022 leben drei russische Kriegsflüchtlinge im Kinderzimmer eines Münchner Filmemachers: sein Freund Dima, 41 Jahre alt und zwei seiner Freunde, Denis und Andrey, 36 und 34 Jahre alt, plus Hugo, der Hund. Monatelang hatten sie darüber nachgedacht, Russland den Rücken zu kehren. Als dann am 21. September die Mobilmachung verkündet wurde, verließen sie fluchtartig das Land. Alle drei lehnen Putin strikt ab, alle drei wollen auf keinen Fall an Kampfhandlungen gegen die Ukraine teilnehmen. Sie waren zuversichtlich, in Deutschland aufgenommen zu werden. Doch die Hoffnungen, die das deutsche Innenministerium russischen Kriegsverweigerern den ganzen Sommer 2022 gemachte hatte, erfüllten sich nicht. Fieberhaft suchen die Freunde nun nach einem Ausweg. Denis ist Koch, Andrey Graphikdesigner. Zwei Fachkräfte, die in Deutschland dringend gebraucht werden.

Schafhalter sind frustriert: Sie haben einen nachwachsenden, regionalen Rohstoff, der als Nebenprodukt bei der Landschaftspflege und Fleischerzeugung regelmäßig anfällt – doch kaum einer will ihn haben. Einst hat die Wolle ihrer Schafe ganze Regionen reich gemacht. Nun ist sie ein Draufzahlgeschäft und wird inzwischen oft einfach entsorgt. Auch, weil in der Modeindustrie die billigeren, erdölbasierten Synthetikfasern auf dem Vormarsch sind. Clare Campbell empört das. Sie hat vor sieben Jahren eine kleine Weberei in den schottischen Highlands aufgebaut und möchte für ihre modernen Karo-Stoffe mehr regionale Wolle verarbeiten. Der Rohstoff ist direkt vor ihrer Haustür im Überfluss vorhanden. Doch die Wolle der schottischen Schafe ist oft sehr grob und geht deshalb meist an die Teppichindustrie.

Die ukrainische Eisenbahn ist die Lebensader des Landes in Kriegszeiten. Die größte Flüchtlingskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg beginnt mit der Russischen Invasion am 24.02.2022. Über Tage hinweg, die zu Wochen wurden, arbeiteten die Eisenbahnladys der ukrainischen Ukrzaliznytsia ununterbrochen und ohne Pause, um die Menschen aus diesem Albtraum zu befreien. Die Züge und ihr Personal, mehr als 230.000 Mitarbeiter, sind für die Evakuierung und die Kriegsanstrengungen unverzichtbar. Die Eisenbahnladys fahren, betreuen und reparieren die Züge. Sie transportieren Menschen, Waffen, Gütern und Vorräten von entscheidender Bedeutung und sichern den diplomatischen Weg ins Land. Fast täglich treffen die Sonderzüge in Kiew ein. An Bord sind die Eisenbahnladys, die helfen, den Krieg zu gewinnen. Als Russland begann kritische Infrastrukturen ins Visier zu nehmen, wurde die Arbeit noch gefährlicher. Doch die Züge fahren weiter nach Plan und trotz des Krieges meist pünktlich. (Text: arte)

Kein Job treibt so viele in den Burnout wie die Krankenpflege. Die Reportage zeigt, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann, um eine Trendwende in der Pflege zu schaffen. Simone Dieter ist mit ihrer Arbeitsstelle zufrieden. Die 38-Jährige ist Pflegerin auf der Intensivstation am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart. Sie integriert dort neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis – das steigert sowohl die Zufriedenheit mit dem Job als auch die Pflegequalität für die Patientinnen und Patienten. Attraktivere Arbeitsbedingungen tragen längerfristig zur Trendwende bei, aber um etwas gegen die akute Überlastung zu tun, braucht es mehr Personal. Dafür bekommt Deutschland Unterstützung aus dem Ausland. Zum Beispiel von Lejla Taric.

Der griechische Feuerwehrmann Dimitris Roupas war unter den ersten Rettern bei dem verheerenden Beben in der Türkei. Die Bilder dieser Katastrophe kriegt er auch nach mehr als drei Monaten nicht mehr aus dem Kopf. Fatma, das erste Mädchen, das er und sein Team gerettet haben, liegt schwer verletzt in einem Krankenhaus in Ankara. Ihre seelischen Wunden werden sie wohl ihr Leben lang begleiten: Die 7-jährige Fatma ist durch das Beben Vollwaise geworden. Ihre Mutter hat in Aleppo den schrecklichen Bürgerkrieg erlebt, floh aus Syrien und starb in dem Beben in Hatay. Fatma hat noch ihren Großvater, der sich um sie kümmert, der nun das Sorgerecht erhalten möchte. (Text: arte)

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In Irland waren Verhütung und Abtreibung lange verboten, Sex vor der Ehe nicht erlaubt und Aufklärung praktisch nicht existent. Bei ungeplanten Schwangerschaften galt die Frau meist als die „Schuldige“, selbst wenn die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung war. Wer die Schwangerschaft nicht illegal im Ausland beenden wollte oder konnte, hatte im von Kirche und Tradition bestimmten Irland keine Wahl: Der Priester wurde informiert. Und er entschied, ob die Frau verstoßen oder in eines der 18 katholischen Mutter-und-Baby-Heime geschickt wurde. Paul Redmond wurde in einem solchen Heim geboren. Er bezeichnet sich und andere Betroffene als „Überlebende“ eines Skandals, der Irland bis heute erschüttert. Der 59-Jährige sucht immer wieder das heute leerstehende Gebäude auf, in dem er zur Welt gekommen ist.

Bis vor kurzem mussten die Orangenbauern auf dem Peloponnes einen großen Teil ihrer Ernte an Saftproduzenten verramschen – die Früchte waren zwar von guter Qualität, aber ihr Aussehen entsprach nicht der EU-Handelsnorm für Export-Speiseorangen. Adrian Wiedmer von der Schweizer Fair Trade Organisation Gebana hat gemeinsam mit seinen griechischen Partnern einen Trick gefunden, das zu umgehen: Sie vermarkten die Orangen direkt an Endverbraucher im deutschsprachigen Raum – und legen den Kisten einfach einen Zettel bei: „Nur zur Verarbeitung“. Die Bauernfamilien verdienen dadurch um die 30 Prozent mehr als vorher und können dieses Geld in nachhaltigere Anbaumethoden investieren. In Island ist Kabeljau-Filet eines der wichtigsten Exportprodukte – und zugleich ein Problem, denn das Filet macht nur etwa 44 Prozent des Fischs aus.

Der 27-jährige Kontrabass-Spieler mit dem Kampfnamen „Bass“ arbeitet in einem geheimen Trainingslager am Rande von Kiew mit besonderen Rekruten: er ist für die Ausbildung der neuen Sanitäter zuständig. Die Grundausbildung dauert hier eine Woche, Kost und Logis sind frei, Honorar gibt es keines. In der Ukraine sind die Hospitallers gefeiert. ARTE:re durfte sie als erstes ausländisches TV-Team eine Woche begleiten. 800 Kilometer weiter östlich in den umkämpften Gebieten leben die, die die Grundausbildung von Bass schon lange absolviert haben. Katja (27), Domino (21), und Max (33) haben sich mit ihrem Versorgungszentrum nur wenige Kilometer hinter der Front in einem verlassenen Bauernhaus eingerichtet. Nur noch etwa 50 Zivilisten leben in dem Dorf, ohne fließendes Wasser, dafür mit dem dumpfen Dröhnen des täglichen Artilleriefeuers.

Pam Pomerance hat vor acht Jahren das Unternehmen ihres Vaters übernommen und ist mit ihrem Pfandleihhaus spezialisiert auf KFZ-Beleihungen. Die Nachfrage nach kurzfristigen Krediten ist seit Monaten gestiegen. Sich die Sorgen ihrer Kunden anzuhören, gehört für die Pfandleiherin zum Job. „Sie sollen sich hier gut aufgehoben fühlen, genau wie die Gegenstände, die wir für sie verwahren“, sagt sie. In Mannheim befindet sich das letzte öffentlich-rechtliche Pfandleihhaus Deutschlands. Anders als privatwirtschaftliche Betriebe muss das städtische Leihamt keine Gewinne erwirtschaften und kann deshalb schon Pfandkredite ab 5 Euro anbieten. Jürgen Rackwitz leitet das Institut. „Bei uns spielt sich gerade die knallharte Wirklichkeit ab“, sagt er. Oftmals wird der Pfandleiher für seine Kunden zum Prellbock: „Der Dienst am Schalter ist kein leichter.

Ceuta ist wichtig – für Spanien, für die EU und die Nato. Die Ceutis aber sind es nicht. Die kleine spanische Exklave im Norden Afrikas ist wie ein Brennglas für zwei der drängendsten Probleme Europas: die unaufhaltsamen Flüchtlingsströme aus dem Süden und den erstarkenden Alltagsrassismus. Muslime machen fast die Hälfte der knapp 85.000 Einwohner aus, aber sie sind überproportional von prekären Lebenssituationen betroffen. Die Reportage trifft drei Frauen, die am Rande der EU ein Spielball der großen Politik sind und die sich nicht damit abfinden wollen, dass ihre Heimat zum Flüchtlingslager und Ghetto wird. Um die Not zu lindern, packen sie die Probleme selbst an.

Deutschlands Pflegemangel hat sich bis ins letzte albanische Dorf herumgesprochen. In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft verlassen viele studierte Pfleger und Pflegerinnen ihre Heimat. Auch die 22-jährige Alketa Kaja lernt in Tirana „Pflege auf Deutsch“ und bereitet sich auf ihr neues Leben vor. Nur 50% der ausgebildeten Pflegekräfte bleiben in Albanien. Einer von ihnen ist Kastriot Qehaja. Auch wenn seine Arbeit anstrengend und kaum rentabel ist, will er seine Heimat nicht verlassen. Wer würde sich sonst um die alten Menschen kümmern, deren Kinder in Westeuropa arbeiten? (Text: arte)

Marcella Severino, Bürgermeisterin von Stresa am Lago Maggiore, sorgt sich um die Wasserversorgung der vielen Hotels. Leere Netze und magere Fänge zwingen den Berufsfischer Giorgio Brovelli zum Umstieg auf Aqua-Farming. Und der Reisbauer Alfredo Saracco stellt in der Po-Ebene Flächen seines Hofes auf den Anbau von Gerste um. Auch für ihn ist ohne das Wasser des Lago Maggiore nichts mehr so wie es war. Seit beinahe zwei Jahren bleiben im großflächigen Wassereinzugsgebiet des Sees die Niederschläge aus und die Schmelzwasser aus den Bergen versiegen: Dem Lago Maggiore geht allmählich das Wasser aus. Nach der historischen Trockenheit des vergangenen Jahres droht für das Jahr 2023 ein neuer Dürre-Rekord.

Nicola und Graham Parker suchen ihr Glück in Südwest-Frankreich: Genervt von Wirtschaftskrise und Brexit-Chaos haben sie ihr Haus in England verkauft und ein altes Landgut in Montignac-de-Lauzun erworben. So wie sie sind mittlerweile rund 9000 Briten in die Dordogne gezogen. Doch der EU-Austritt Großbritanniens macht den Neustart kompliziert, denn nun gibt es viele bürokratische Hürden: Die Aufenthaltsgenehmigung beantragen, Sprachkenntnisse nachweisen, Einbürgerungstests bestehen. Manch ein Einheimischer rümpft die Nase angesichts der Briten, die mittlerweile ganze Ortschaften prägen. (Text: arte)

20 Meter Spannweite. 5 Tonnen schwer. Ende 2019 kündigte Frankreich an, seine Reaper-Drohnen für den Einsatz über der Sahelzone zu bewaffnen. Im April 2022 beschließt Deutschland nach einer hitzigen öffentlichen Debatte, bewaffnete Drohnen anzuschaffen. Auch Spanien und Italien haben den Schritt gewagt. Bewaffnete Drohnen verkörpern eine neue Art, in den Krieg zu ziehen, die sogenannte asymmetrische Kriegsführung ist modern und hocheffektiv, wie man es gerade im Krieg der Ukraine gegen den Angreifer Russland sehen kann. Und so entstand in den letzten Jahren ein neuer Beruf bei der Luftwaffe, den noch kaum einer kennt. In Frankreich herrscht ein akuter Mangel an Drohnenpiloten, deshalb bieten sie dort seit Neuestem eine Ausbildung gleich nach dem Abitur an: 3 Jahre lang lernen die jungen Rekrutinnen und Rekruten nach einem harten Auswahlverfahren, feindliche Kämpfer über den Bildschirm aus der Ferne anzuvisieren und auf Befehl zu töten. (Text: arte)

Er gilt als einer der schönsten Landstriche Moldaus und wäre der perfekte Ort für Touristen – wenn nicht die russischen Soldaten und die Separatisten da wären. Wenn Iurie Coţofan mit der Fähre den Dnjestr überquert, um sein moldauisches Dorf zu erreichen, sieht er bewaffnete Soldaten und Panzer. Das Dorf Cocieri befindet sich am linken Dnjestrufer, wo auch die „Republik Transnistrien“ liegt. 1992 hat sie sich in einem Krieg von Moldau für unabhängig erklärt. Seitdem ist Cocieri eine moldauische Exklave mit besonderem Sicherheitsstatus: eingekesselt von Moskau-treuen Separatisten, umgeben von Checkpoints russischer Soldaten, die den Waffenstillstand überwachen sollen. Für Iurie sind die russischen „Peace-Keeper“ eine Bedrohung und Transnistrien Feindesland, obwohl er dort aufgewachsen ist. 1992 hat er gegen die Separatisten gekämpft.

Im Berliner Stadtteil Britz wächst und gedeiht ein Pionierprojekt: ein essbarer Waldgarten auf 28.000 Quadratmetern. Herz der Anlage ist der Gemeinschaftsgarten. Hier und in den 60 darum gruppierten Kleingärten schrebern, lernen und ernten Laien, angeleitet von Profis. Eine davon ist Projektleiterin Jennifer Schulz: „Der Waldgarten hat verschiedene Vegetationsschichten mit essbaren Pflanzen: Obst- und Nussbäume, Beeren tragende Sträucher und Wurzelgemüse.“ Wichtig ist ihr auch das soziale Miteinander beim urbanen Gärtnern und der Klimaschutz: Der Waldgarten speichert CO2, sorgt für Kühlung und bietet Tieren und Insekten Lebensraum – mitten in der Stadt. Gemüse in seiner ganzen Vielfalt lässt sich auch auf engstem Raum anbauen – das stellt Melanie Öhlenbach seit 2012 auf ihrem sechs Quadratmeter großen Balkon unter Beweis.

Tausende Kilometer Bahngleise wurden in Deutschland und in Frankreich stillgelegt und liegen seit vielen Jahren im Dornröschenschlaf. In beiden Ländern nehmen Privatleute nun selbst die Sache beherzt in die Hand – sie kaufen stillgelegte Strecken und versuchen sie in Eigenregie wieder ans Netz zu bringen. Neues Leben auf rostigen Gleisen – kann das klappen? (Text: arte)

Die Narben von Mobbing tragen die Kinder oft ihr Leben lang, viele entwickeln psychische Krankheiten, einige haben sogar Suizidgedanken. In Spanien hat der Fall von Kira Lopez für Aufmerksamkeit gesorgt und Mobbing in die öffentliche Diskussion geholt. Mit 15 Jahren hat sich Kira Lopez das Leben genommen. Der Vorwurf der Eltern: Mobbing in der Schule habe ihre Tochter in den Tod getrieben, die Schule habe keine Maßnahmen ergriffen, um das Mobbing gegen Kira zu unterbinden. Sie haben gegen die Schule geklagt. Sie wollen die Schule zur Verantwortung ziehen und andere Kinder vor Mobbing schützen. Auch Brian Giner weiß, was es heißt, wenn der Schulalltag zum Albtraum wird: Zwölf Jahre lang wurde er aufgrund einer Fehlstellung seines Auges gemobbt.

Chryssoula Papageorgiou ist entschlossen: Zusammen mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern des alternativen Stadtteils Exarchia zieht die Grundschullehrerin gegen die Stadt Athen vor Gericht. Auf dem zentralen Platz von Exarchia soll eine U-Bahn-Haltestelle errichtet werden, Papageorgiou und ihre Mitstreiter konnten den Bau vorerst stoppen. Sie haben die Befürchtung, dass das ganze Viertel „aufgewertet“ werden soll und die U-Bahn erst der Anfang ist. Danach eröffnen neue Geschäfte, Hotels werden gebaut, Touristen kommen und die Mieten steigen. Für Vize-Bürgermeister Vasilis Axiotis ist dagegen klar, dass es eine U-Bahn-Haltestelle in einem so zentralen Viertel wie Exarchia geben muss. Die Stadt, sagt er, sei eine zeitgenössische Metropole, die aber noch gar nicht danach aussehe. Das soll sich nun ändern, nicht nur in Exarchia.

Mädchen, die Fußball spielen – in einigen Religionen und Kulturkreisen nahezu undenkbar. Eltern verbieten ihren Töchtern den Sport, aus Angst vor Entwurzelung oder dem Gerede anderer. Doch immer mehr Mädchen wollen genau das: Fußballspielen. In Deutschland erleben die Schwestern Maisa und Maisun aus dem Irak beim Fußball-Projekt „Scoring Girls“ Teamgeist, Lebensfreude und das lang vergessene Gefühl von Freiheit. Niemand fragt, woher sie kommen oder sagt ihnen, dass sie es durch ihre Zuwanderungsgeschichte schwer haben werden in der Gesellschaft. Projekt-Gründerin Tugba Tekkal ist sicher: Fußball kann ein Schlüssel sein zur Integration. Als Tochter kurdisch-jesidischer Einwanderer hat sie selbst allen Widerständen zum Trotz ihren Traum wahr gemacht und es nach jahrelangem heimlichen Training zum Profifußball und bis in die 1. Bundesliga geschafft.

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Die Tätergruppe ist vielschichtig: von Gelegenheitsdieben bis zu organisierten Banden, die die Räder über die Grenze nach Osteuropa bringen. Vor allem in größeren Städten ist der Fahrraddiebstahl mittlerweile ein Massendelikt mit tausenden Opfern. Dagegen geht in der Universitätsstadt Fürth eine eigens eingerichtete Fahrradstaffel der Polizei entschieden vor. Die Experten kennen die bei Dieben beliebtesten Tatorte, durchforsten Internetplattformen nach Auffälligkeiten, fahnden aber auch analog auf den Straßen: In allgemeinen Fahrradkontrollen stoßen sie immer wieder auf gestohlene Räder und können diese – wenn sie registriert waren – wieder den rechtmäßigen Besitzern zurückbringen. In Deutschland gibt es mittlerweile mehr als 9 Millionen Fahrräder – Tendenz steigend.

Jeder dritte Immobilienkäufer an der Adria stammt aus dem Ausland. Das Geschäft mit dem Tourismus brummt – so auch in Kroatien. Die Schattenseiten: Saisonkräfte in der Gastronomie und im Hotelgewerbe finden keinen Wohnraum und die Branche leidet unter Personalnot. Die Indizien, dass es so nicht mehr weitergehen kann, häufen sich: Letztes Jahr musste im Sommer der Wasserverbrauch eingeschränkt werden, die Strände drohen immer mehr zu vermüllen, die Parksituation ist chaotisch. Die Reporterinnen Steffi Illinger und Susanne Fiedler schauen sich in Istrien um. Bereits an Pfingsten beginnt der Touristenansturm. Sie begleiten den Immobilienmakler Patrick Kohl bei seinen Verkaufsgesprächen, wenn er Filetstücke an der Küste mit Pool und Sicht aufs Meer an den Mann bzw. die Frau bringen will.

Im Jahr 2011 hat die damalige italienische Regierung ein Gesetz erlassen, wonach Kinder bis zu einem Alter von sechs Jahren in der Obhut ihrer Eltern bleiben sollen, selbst dann, wenn diese strafffällig werden und eine Gefängnisstrafe antreten müssen. Für das Kindeswohl sei es so besser. In anderen europäischen Ländern liegt das Hafthöchstalter des Kindes bei drei Jahren, auch in Deutschland und Frankreich. Angelica Miri verbüßt eine vierzehneinhalbjährige Haftstrafe im Frauengefängnis Casa Circondariale di Lecce – und mit ihr lebt auch ihre zweijährige Tochter Emma hinter Gittern. Emma ist das einzige Kind in der Haftanstalt. Sie sind zwar in einem eigenen Trakt untergebracht und es gibt ein wenig Spielzeug, aber Emmas einzige Spielkameraden und Kontakte sind ihre Mutter und die Wärterinnen.

Das Start-up von Evoléna de Wilde hat ein Online-Tool entwickelt, das weltweit 55 Second-Hand-Plattformen miteinander vernetzt. Wer es herunterlädt, bekommt beim Online-Shoppen automatisch Second-Hand-Alternativen auf dem Bildschirm angezeigt. Das Tool greift so auf zehn Millionen gebrauchte Gegenstände zu. „Wir können damit 70 Prozent des Preises und 90 Prozent CO2 sparen“, sagt Gründerin Evoléna de Wilde. Aktuell möchte die 30-Jährige ihr Netzwerk um weitere Plattformen erweitern, zum Beispiel für Kinderprodukte zur Miete. In Schweden revolutioniert Ola Sjödin die Gebrauchtmöbelbranche. Im großen Stil kauft er hochwertige, gebrauchte Büromöbel ein, um diese dann zu reparieren und weiterzuverkaufen – oft auch nach Kundenwunsch individuell umgestaltet.

In direkter Nachbarschaft zum ersten Wildfluss-Nationalpark Europas in Albanien soll ein großer internationaler Flughafen gebaut werden. Er bringe Touristen ins Land, schaffe Arbeitsplätze, so die albanische Regierung. Der geplante Flughafen mitten in einem großen, unberührten Feuchtgebiet würde eines der letzten Naturparadiese im europäischen Raum zerstören, warnt Zydjon Vorpsi, der für eine albanische Umweltschutzorganisation arbeitet. Er sorgt sich vor allem um die vielen seltenen Vogelarten, die im Bereich der Narta-Lagune leben und brüten, und die er regelmäßig zählt und katalogisiert. Ob seltene Pelikane, Flamingos oder bedrohte Arten wie der Bruchwasserläufer oder der Triel – sie alle wären durch das Projekt gefährdet. Doch obwohl die Narta-Lagune nationalen und internationalen Schutzstatus genießt, wird bereits gebaut.

Das Haus von Marcos Familie in Faenza stand tagelang unter Wasser. Nun harrt er mit seinem Sohn Agostino aus und versucht zu retten was geht. Ob sein Haus noch standsicher ist, muss die Feuerwehr prüfen. Völlig unklar ist, ob die Versicherung den Schaden bezahlt. Das Haus haben er und seine Frau vor sieben Jahren gekauft. Doch die ganze Siedlung steht dicht am Fluss. Nun muss geklärt werden, ob die städtischen Behörden Fehler gemacht haben. Immerhin, Marco hat einen Job. Sein Restaurant ist von der Flut verschont geblieben. In Ravenna helfen Flavia und ihr Mann beim Katastrophenschutz. Im Akkord verteilen sie Spenden in der Region. Weil viele Straßen zerstört sind, können Supermärkte nicht beliefert werden, es fehlt an den nötigsten Lebensmitteln.

Die Augsburger Wissenschaftlerin Claudia Traidl-Hoffmann möchte dafür sorgen, dass Allergiker fast in Echtzeit erfahren, welche Orte sie meiden sollten. Dafür sammelt sie Daten und stellt neuartige Messgeräte auf. Die Versuche sind vielversprechend. Die Ergebnisse fließen in die Entwicklung einer App, die Gräserpollen-Allergiker mit auf sie persönlich zugeschnittenen Informationen über Pollenflug versorgen soll. Das Ziel: Allergikern mehr Sicherheit im Alltag geben, auch mit Hilfe von künstlicher Intelligenz. In Südtirol gehen Forschende noch einen Schritt weiter: Mit Hilfe von Äpfeln sollen Birkenpollenallergiker am besten ganz von ihren Leiden befreit werden. Thomas Letschka und Klaus Eisendle nutzen unterschiedliche Apfelsorten zur Immuntherapie – Äpfel statt Spritzen – eine einfache und kostengünstige Methode gegen Allergien.

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